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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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zermahlten ganze Tuffbrocken zu Staub. Lautlos lösten sich leuchtende Rauchschwaden von der Hügelkuppe und stiegen zum Sternenhimmel auf. Ein unwirklicher, tanzender Widerschein erhellte für Sekunden die seltsamen, sich schwerfällig bewegenden Formen, dann fiel alles wieder ins Dunkel.
    »Gehen wir näher ran?«, fragte Sorotschinski.
    Sidorow gab keine Antwort. Er dachte unvermittelt an die Zeit, als der erste Kyberembryo, ein Modell dieses Eis, erprobt worden war. Das lag bereits einige Jahre zurück. Er war damals noch neu auf dem Gebiet der Embryomechanik gewesen. Der Embryo war in einem geräumigen Pavillon in der Nähe des Instituts untergebracht und bestand aus achtzehn Kästen, die an Stahlschränke erinnerten und entlang der Wände aufgestellt waren, sowie aus einem gewaltigen Haufen Zement in der Mitte des Raums. In dem Zementhaufen befand sich das Effektoren- und Digestalsystem. Fisher hatte ein Zeichen gegeben, und dann wurde der Schalthebel betätigt. Bis zum späten Abend hatten sie in dem Pavillon gesessen und alles um sich herum vergessen. Der Zementhaufen war langsam geschwunden, und gegen Abend waren aus Dampf und Rauch die Umrisse eines Standardhäuschens aus Lithoplast aufgetaucht – drei Zimmer mit Zentralheizung und eigener Elektroversorgung. Das Häuschen unterschied sich in nichts von einem fabrikgefertigten, lediglich im Bad war ein Keramikwürfel zurückgeblieben – der »Magen« – sowie die komplizierten Glieder der Effektoren. Fisher begutachtete das Häuschen, stieß mit dem Fuß gegen die Effektoren und sagte: »Nun, das reicht fürs Erste mit der Heimindustrie. Jetzt müssen wir mit dem ›Ei‹ in die Produktion.«
    An diesem Tag fiel das Wort zum ersten Mal. Danach gab es viel Arbeit, Erfolge und noch mehr Misserfolge. Der Embryo lernte, das Programm zu befolgen, sich extremen Umweltveränderungen anzupassen und sich selbst zu reproduzieren. Er eignete sich die Fähigkeit an, Haus zu werden, Bagger, Rakete, nicht zu zerschellen, wenn er in Abgründe fiel, blieb auch dann noch funktionstüchtig, wenn ihn glühende Wellen schmelzenden Metalls umgaben, verlor die Furcht vor dem absoluten Nichts … Es hat doch sein Gutes, dachte Sidorow, dass ich auf der Erde geblieben bin.
    Über der Hügelkuppe stiegen in immer kürzeren Abständen helle Dampfschwaden auf; das Knistern, Schaben und Brummen verschmolz zu einem ununterbrochenen vibrierenden Getöse. Die tanzenden roten Lichtpunkte bildeten nun Ketten und diese wiederum bizarre, bewegliche Linien. Rosafarben brach der Morgen an, und schon konnte man ein großes gekrümmtes Gebilde erkennen, das wie ein Boot auf Wellen schaukelte.
    Sidorow sah erneut auf die Uhr – es war fünf vor vier. Lava und Tuffgestein schienen ein günstiges Material zu sein: Die Kuppel wuchs hier bedeutend schneller als auf Zement. Sidorow war gespannt, wie es jetzt weiterging. Der Kyberembryo baute die Kuppel von der Spitze zu den Rändern hin aus, während sich die Effektoren immer tiefer ins Hügelinnere fraßen. Um die Kuppel aber am Ende nicht ins Erdinnere zu versenken, musste er sie entweder seitlich neben die Grube verlagern oder Stützpfeiler errichten. Sidorow sah deutlich die glutheißen Ränder des Bauwerks und stellte sich vor, wie die Schaufeln der Effektoren immer neue und neue Stückchen heißen, zähflüssigen Lithoplasts hinzufügten.
    Für etwa eine Minute tauchte die Hügelkuppe ins Dunkel, das Getöse verstummte, und nur noch ein undeutliches Brummen war zu vernehmen. Der Embryo war dabei, das Energiesystem umzustellen.
    »Sorotschinski!«, rief Sidorow.
    »Ja?«
    »Laufen Sie zur Thermokamera und stellen Sie sie ein Stück zur Seite. Aber nicht den Hügel betreten!«
    »Jawohl, Michail Albertowitsch.«
    Sidorow hörte, wie Sorotschinski von Galzew flüsternd eine Taschenlampe erbat; gleich darauf hüpfte der kleine gelbe Lichtkegel über den Schotter und entfernte sich.
    Wieder setzte das Getöse ein und flammte über der Kuppe des Hügels die rosafarbene Dämmerung auf. Sidorow schien, als habe sich die schwarze Kuppel ein wenig zur Seite verlagert, aber er war sich nicht sicher. Ärgerlich dachte er, dass er Sorotschinski sofort hätte zur Thermokamera schicken sollen, gleich nachdem der Embryo aus dem Ei geschlüpft war …
    Plötzlich ertönte ein ohrenbetäubendes Krachen, und über dem Hügel züngelte eine rote Stichflamme auf. Im Zickzack kroch eine purpurfarbene Schlange den schwarzen Abhang hinab und verlosch. Die zartrosa

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