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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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wie sie gekommen waren. Die Welle rollte voran, langsam zwar, aber unaufhaltsam. Es gab kaum Hoffnung, dass sie von den paar unförmigen Kolossen – aus Roberts Sicht sahen die »Charybden« freilich winzig aus – zum Stehen gebracht würde. Eine ungewohnte Stille und Schwüle lastete über der Ebene. Die Sonne brannte gleißend, wie kurz vor einem Gewitter auf der Erde. In dieser Lautlosigkeit lag etwas Unheilvolles, fast schon Übernatürliches, denn die Wellen, die den Planeten bisher heimgesucht hatten, waren stets von orkanartigen Stürmen und Donnergrollen begleitet gewesen.
    Deutlich vernahm Robert die hektischen Zurufe von unten, wo wahllos und in großer Hast die wertvollsten Apparaturen, Forschungsberichte und Elektrodiagramme in einen schweren Hubschrauber des Typs »Condor« verladen wurden. Pagawa fuhr einen seiner Mitarbeiter lautstark an, weil dieser die Analysatoren zu früh demontiert hatte, und Maljajew erörterte in all dem Durcheinander mit Patrick seelenruhig ein zutiefst theoretisches Problem: die Verteilung der elektrischen Ladung in der Energiebarriere oberhalb der Welle.
    Inzwischen hatten sich sämtliche Einwohner Greenfields im Kontrollturm und auf dem Platz davor eingefunden. Die rebellischen Biologen und zwei Touristengruppen, die am Abend zuvor in Greenfield Station gemacht hatten, waren nach Süden ausgeflogen worden – die Biologen, weil die Saatflächen vernichtet waren und sie nicht mehr benötigt wurden, die Touristen aus Sicherheitsgründen. Den Biologen und ihren Laboranten hatte Pagawa Anweisung gegeben, sofort nach ihrer Ankunft einen neuen Beobachtungsposten zu errichten; die Touristen hatte man mit einem speziellen Aerobus aus der Hauptstadt abgeholt. Biologen und Touristen hatten heftig gegen den Abtransport protestiert, und so gab es ein allgemeines Aufatmen, als sie endlich verschwunden waren.
    Robert arbeitete nahezu mechanisch, und wie immer, wenn er eine handwerkliche Tätigkeit ausübte, dachte er dabei an die unterschiedlichsten Dinge. Seine Schulter schmerzte. Seltsam, er hatte gar nicht bemerkt, dass er sie sich verletzt hatte. Dass der Bauch wehtat, war schon eher verständlich: der Hechtsprung mit dem Ulmotron hatte es in sich gehabt. Wie dieses Ulmotron jetzt wohl aussehen mochte? Und sein Aeromobil? Und hier, was würde sich in drei Stunden hier abspielen? Schade um die schönen Blumenrabatten … Die Kinder hatten im vorigen Sommer einen Wettbewerb »Schönstes Beet« veranstaltet. Dabei hatte er auch Tanja kennengelernt. »Tan-ja«, sagte er leise. Wie mochte es ihr wohl gehen?
    In Gedanken überschlug Robert die Entfernung von der Wellenfront bis zum Kinderdorf. Keine Gefahr, stellte er erleichtert fest. Dort ahnte man wahrscheinlich nicht einmal etwas von der Welle, wusste nicht, dass die Biologen aufbegehrt hatten, er selbst beinahe gestorben wäre und dass Kamillo …
    Robert richtete sich auf, wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht und sah nach Süden. Sein Blick glitt über die endlosen Getreidefelder. Er dachte an die riesigen Rinderherden, die gerade ins Landesinnere getrieben wurden, dachte auch daran, wie schwierig und mühevoll es sein würde, Greenfield wiederaufzubauen, wenn die Welle darüber hinweggerollt war. Scheußlich, nach zwei Jahren natürlicher Ernährung wieder zu synthetischen Speisen zurückkehren zu müssen: künstliche Beefsteaks, Birnen mit Zahnpasta-Geschmack, quasibiotische Hammelkoteletts und sonstige Wunder der Synthetik, die ihm samt und sonders gestohlen bleiben konnten … Alles Mögliche ging Robert durch den Sinn, während er arbeitete. Er versuchte, sich abzulenken, und doch gelang es ihm nicht, einen ganz bestimmten Gedanken von sich fernzuhalten, der ihn unablässig verfolgte.
    Er konnte nichts dagegen tun: Ständig fühlte er die erstaunten Augen Pagawas auf sich gerichtet, hörte die Stimme Maljajews, die noch eisiger geworden war als vorher, sah Patrick vor sich und dessen betont rücksichtsvolles Verhalten. Das Schlimmste war, dass er dem nichts entgegenzusetzen hatte. Er sah ein, dass der Vorfall mit Kamillo einem Außenstehenden, gelinde gesagt, eigenartig vorkommen musste. Ach was, eigenartig – die Sache schien ganz eindeutig: Ein Mann, Diensthabender der wissenschaftlichen Beobachtungsstation im Norden, kommt völlig aufgelöst mit einem fremden Flyer nach Greenfield und berichtet vom Tod des Kameraden. Der aber ist am Leben, wie sich gleich darauf herausstellt. Er stirbt erst später –

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