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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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offenbar nachdem besagter Mann auf dessen Flyer das Weite gesucht hat … Kamillo war doch aber tot, als ich floh!, sagte sich Robert ein ums andere Mal. Oder bildete er sich das nur ein? Hatte sich sein Entsetzen vielleicht bis zur Halluzination, bis zum Wahnsinn gesteigert? Noch nie hatte er etwas Derartiges gehört. Vorausgesetzt, der Tod Kamillos stimmt, dachte er, und gleich darauf: Ach, sollen sie doch von der Angelegenheit halten, was sie wollen. Dann glauben sie mir eben nicht. Hauptsache, Tanja glaubt mir. Wenn nur sie nicht an mir zweifelt. Den anderen ist es sowieso einerlei, ob Kamillo lebt oder nicht. Sie hatten ihn ja sofort vergessen und sich gestritten, als wäre nichts vorgefallen. Sie werden sich seiner nur erinnern, wenn sie mich sehen. Mit ihren Theorieaugen werden sie mich anstarren, werden mich analysieren, rekonstruieren, meine Gründe abwägen. Sie werden Hypothesen aufstellen, die von Mal zu Mal mehr Widersprüche enthalten. Nur die Wahrheit werden sie nicht erfahren … Ich übrigens auch nicht.
    Gerade hatte Robert die letzte Antenne demontiert, ins Etui gepackt und dann alle Futterale in einer flachen Kiste verstaut, als er plötzlich von Norden her einen dumpfen Knall hörte. Es klang, als wäre in einem großen, leeren Saal ein Luftballon geplatzt. Robert drehte sich um und sah, wie sich vor dem tiefschwarzen Hintergrund der Welle eine lange weiße Fackel erhob. Eine »Charybde« brannte. Augenblicklich war unten alles Geschrei verstummt; der im Leerlauf surrende Motor des Hubschraubers erstarb; alle lauschten und starrten nach Norden. Robert hatte noch nicht begriffen, was da vor sich ging, als unter ihm plötzlich die Erde bebte, zitterte und sich eine Reserve-»Charybde«, die jungen Palmen unter sich zerstampfend, mit weit aufgerissenem Energieschlucker in Bewegung setzte. Auf dem freien Platz gab sie ein solch donnerndes Getöse von sich, dass einem die Ohren schmerzten. Die »Charybde« rollte nach Norden, um die Einbruchsteile zu stopfen, und zog hinter sich eine rote Staubwolke her.
    Eine der »Charybden« hat anscheinend versäumt, die aufgenommene Energie in den Basaltgrund abzuleiten, dachte Robert, nichts Besonderes also. Aber als er sich wieder nach der Kiste mit den Antennen bücken wollte, flammte am Fuß der schwarzen Wand erneut ein heller Blitz auf. Ein bunter Feuerregen schoss in die Höhe, und gleich darauf stieg eine weiße Rauchfahne, die sich zusehends verdichtete, zum Himmel auf. Wieder hörte man den Knall einer Detonation. Unten wurde panisches Geschrei laut, die Leute zeigten nach Osten. Robert sah in die Richtung und erblickte auch hier einige lichterloh brennende Fackeln. Die »Charybden« explodierten eine nach der anderen. Sekunden später geriet die Wellenwand, die sich Tausende von Kilometern hinzog und jetzt an eine mit Kreide bekritzelte Schiefertafel erinnerte, ins Schwanken. Sie kroch vorwärts, wobei sie schwarze, flimmernde Kleckse vor sich her in die Steppe spie. Robert schluckte schwer – seine Kehle war plötzlich wie ausgedörrt –, hob den Kasten auf und rannte die Treppe hinunter.
    Auf den Korridoren hasteten Leute umher. Eine verstörte Sekretärin lief vorbei, einen Stapel mit Schachteln an sich gepresst. Der hakennasige Hassan Ali-Sade und Karl Hoffmann beförderten in Windeseile einen gewaltigen Behälter mit Chemikalien zum Ausgang. Jemand rief: »Kommt doch mal her! Ich schaffe das nicht allein! Hassan!« Im Vestibül klirrte zersplittertes Glas. Auf dem Platz vor dem Turm heulten Motoren auf. Im Dispatcherraum sprang Pagawa vor dem Bildschirm hin und her, trampelte auf verstreut liegenden Skizzen herum und brüllte ungeduldig: »Warum hörst du mich denn nicht? Die ›Charybden‹ brennen! Die ›Charybden‹ brennen, sage ich! Die Welle kommt! Jetzt kann ich dich wieder nicht hören … Etienne! Wenn du mich verstanden hast, nicke mit dem Kopf!«
    Mit schmerzverzerrtem Gesicht wälzte sich Robert den Antennenkasten auf die Schulter und machte sich auf den Weg ins Vestibül. Hinter ihm rannte jemand schwer atmend die Treppe nach unten. Der Fußboden des Vestibüls war mit Packpapier und den Scherben eines Apparats übersät. Die Tür aus bruchfestem Glas war mittendurch gespalten. Robert zwängte sich seitlich hindurch und blieb auf der Vortreppe stehen. Er sah die zum Bersten vollen Aeromobile eins nach dem anderen in die Luft steigen und beobachtete, wie Maljajew, schweigend und mit steinerner Miene, mehrere junge Laborantinnen in

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