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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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Wänden, niedriger Decke, ohne die übliche Klimaanlage. Hier konnte im Notfall ein Labor eingerichtet werden. Normalerweise fasste die »Tariel II« bis zu zehn Personen einschließlich Besatzung.
    Die Kinder wurden durch beide Luken an Bord genommen: die kleinen durch die Passagier-, die großen durch die Gepäckluke. Davor drängte sich eine Menschenmenge – bedeutend mehr Leute, als Gorbowski erwartet hatte. Schon auf den ersten Blick erkannte er, dass es sich nicht nur um Erzieher und Eltern handelte. In einiger Entfernung türmten sich Kisten mit Ulmotronen und der Ausrüstung für die Lalande-Expedition. Die Erwachsenen schwiegen, trotzdem herrschte vor der Landefähre ein ungewohnter Lärm: Kreischen, Lachen, dünnstimmiger Gesang – eine Geräuschkulisse, wie sie für Internate, Kinderspielplätze und Ambulatorien von jeher charakteristisch ist. Gorbowski sah kein bekanntes Gesicht. Nur schräg links entdeckte er Alja Postyschewa.
    Auch sie war wie verwandelt – niedergeschlagen und traurig, im Gegensatz zu sonst aber sorgfältig gekleidet. Sie saß auf einer leeren Kiste, die Hände auf den Knien, und sah zur »Tariel« hinüber. Sie wartete.
    Gorbowski kletterte aus dem Flugwagen und ging auf die Landefähre zu. Als er an Alja vorbeikam, lächelte sie bekümmert und sagte: »Ich warte auf Mark.«
    »Schon gut, er wird bald kommen«, antwortete Gorbowski und ging weiter. Als man ihn jedoch gleich darauf wieder anhielt, wurde ihm klar, dass es nicht einfach sein würde, sich bis zur Luke durchzuarbeiten.
    Ein großer, bärtiger Mann mit einem Panamahut verstellte ihm den Weg. »Genosse Gorbowski«, sagte er, »bitte nehmen Sie das hier.« Er reichte ihm ein langes, schweres Paket.
    »Was ist das?«, fragte Gorbowski.
    »Mein letztes Bild. Ich bin Johann Surd.«
    »Johann Surd …«, wiederholte Gorbowski. »Ich wusste nicht, dass Sie hier sind.«
    »Nehmen Sie es bitte. Es wiegt nicht viel. Das Beste, was ich in meinem Leben gemalt habe. Es handelt sich um den ›Wind‹ …«
    In Gorbowskis Innern krampfte sich alles zusammen. »Geben Sie her«, sagte er und nahm das Paket behutsam an sich.
    Surd verbeugte sich. »Danke, Gorbowski«, sagte er und verschwand in der Menge.
    Jemand krallte die Finger kräftig und schmerzhaft in Gorbowskis Arm. Er drehte sich um und erblickte eine junge Frau. Ihre Lippen zitterten, ihr Gesicht war tränenüberströmt. »Sind Sie der Kapitän?«, fragte sie mit bebender Stimme.
    »Ja, der bin ich.«
    Sie presste seinen Arm noch fester. »Mein Junge ist dort – auf dem Schiff …« Ihre Lippen verzerrten sich. »Ich habe Angst …«
    Gorbowski machte ein erstauntes Gesicht. »Aber warum denn? Er befindet sich dort ganz und gar in Sicherheit.«
    »Sind Sie sicher? Versprechen Sie mir das?«
    »Er befindet sich ganz und gar in Sicherheit«, wiederholte Gorbowski entschieden. »Die ›Tariel‹ ist sehr zuverlässig!«
    »Die vielen Kinder«, sagte sie schluchzend. »Die vielen Kinder!«
    Sie ließ seinen Arm los und wandte sich ab. Unschlüssig sah Gorbowski ihr nach und ging dann weiter, wobei er Surds Lebenswerk mit Armen und Hüften abschirmte. Im selben Augenblick wurde er von zwei Männern links und rechts an den Ellbogen gepackt.
    »Das Ganze wiegt nur drei Kilo«, sagte der eine, ein blasser Mann mit eckigen Bewegungen. »Ich habe noch nie jemanden um etwas gebeten …«
    »Das sieht man«, bestätigte Gorbowski spöttisch.
    »Es sind Aufzeichnungen über die Welle über einen Zeitraum von zehn Jahren. Sechs Millionen Fotokopien.«
    »Die sind sehr wichtig!«, bekräftigte der andere Mann, der Gorbowski am linken Ellbogen festhielt. Er hatte dicke, gutmütige Lippen, unrasierte Wangen und kleine, flehende Augen. »Verstehen Sie, das ist Maljajew«, und er zeigte dabei auf den Ersten. »Sie müssen den Ordner unbedingt mitnehmen.«
    »Schweigen Sie, Patrick«, sagte Maljajew. »Begreifen Sie doch, Leonid Andrejewitsch. So etwas darf sich nicht wiederholen … damit niemals mehr …«, er stöhnte auf, »damit wir niemals mehr vor eine so schlimme Entscheidung gestellt werden …«
    »Bringen Sie es mir nach«, bat Gorbowski. »Ich habe keine Hand frei.«
    Sie ließen ihn los, und er machte einen Schritt nach vorn, stieß jedoch mit dem Knie gegen einen großen, in eine Plane eingepackten Gegenstand, den zwei Burschen in blauen Baskenmützen mit Mühe zwischen sich hielten.
    »Ob Sie das mitnehmen könnten?«, schnaufte der eine.
    »Wenn es möglich wäre, dass …«,

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