Gesammelte Werke 6
Fedotowitsch wollte jedoch nicht aussteigen. Er blickte Chlebowwodow wohlwollend an und teilte mit, dass im See Wasser sei, dass er die auswärtige Sitzung der Troika für eröffnet erkläre und dem Genossen Subo das Wort erteile.
Die Kommission ließ sich neben dem Wagen im Gras nie der, doch niemand war in Arbeitsstimmung. Farfurkis knöpfte sich den Kragen auf, und ich streifte mein Hemd ab, um mich ein bisschen zu sonnen. Der Kommandant leierte (und verstieß damit ständig gegen die Instruktion) die Personalien des Plesiosauriers namens Lisaweta herunter, aber niemand hörte ihm zu. Lawr Fedotowitsch betrachtete nachdenklich den vor ihm liegenden See, als überlegte er, ob das Volk diesen See brauche oder nicht, und Chlebowwodow erzählte Farfurkis halblaut, wie er seinerzeit als Vorsitzender im Kolchos »Theater der Musikalischen Komödie« je Muttersau fünfzehn Ferkel aufgezogen hatte. Keine zwanzig Schritt von uns entfernt raschelte der Hafer, und über die weiten Wiesen stapften Kühe, sodass ein Abstecher zum Thema Landwirtschaft durchaus nahelag.
So gab Chlebowwodow, nachdem der Kommandant die kurze Charakteristik des Plesiosauriers vorgelesen hatte, den wertvollen Hinweis, dass die Maul- und Klauenseuche eine gefährliche Erkrankung des Viehs sei und man sich nur wundern müsse, dass man es hier frei umherschwimmen lasse. Eine Zeit lang setzten Farfurkis und ich ihm träge auseinander, dass Schuppentiere von der Maul- und Klauenseuche gar nicht befallen werden. Chlebowwodow aber glaubte uns nicht und berief sich auf die Zeitschrift Ogonjok , in der wiederholt und ausführlich von einem ausgegrabenen Schuppentier berichtet worden sei. »Ich lasse mir doch von Ihnen nichts vormachen«, empörte er sich. »Ich bin ein belesener Mensch, auch wenn ich keine Hochschulbildung habe.« Farfurkis, der sich in der Sache nicht kompetent fühlte, trat den Rückzug an, ich aber diskutierte weiter, bis Chlebowwodow vorschlug, den Plesiosaurier zu rufen und ihn selbst zu fragen. »Er kann nicht sprechen«, teilte der Kommandant mit, der neben uns hockte. »Macht nichts, wir werden uns schon verständigen«, entgegnete Chlebowwodow. »Aufrufen müssen wir ihn sowieso, dann lohnt sich die Sache wenigstens.«
»Hrrrm«, brummte Lawr Fedotowitsch. »Gibt es Fragen an den Vortragenden? Keine Fragen? Rufen Sie den Vorgang auf, Genosse Subo.«
Der Kommandant sprang auf und hastete am Ufer hin und her. Zunächst rief er mit sich überschlagender Stimme: »Lisa! Lisa!« Aber da ihn der Plesiosaurier offensichtlich nicht hörte, riss er sich die Jacke vom Leib und schwenkte sie wie ein Schiffbrüchiger, der am Horizont ein Segel erblickt hat. Lisaweta aber gab kein Lebenszeichen von sich. »Sie schläft«, meinte der Kommandant verzweifelt. »Sie hat sich an Barschen satt gefressen, und jetzt schläft sie.« Eine Weile lief er noch winkend hin und her, dann bat er mich zu hupen. Ich drückte auf die Hupe. Lawr Fedotowitsch lehnte sich aus dem Wagen und betrachtete den Plesiosaurier durch sein Theaterglas. Ich hupte etwa zwei Minuten lang, dann erklärte ich, dass es nun reiche und ich die Batterie nicht restlos leer machen wolle – die Sache kam mir hoffnungslos vor.
»Genosse Subo«, sagte Lawr Fedotowitsch, ohne das Glas von den Augen zu nehmen. »Warum reagiert der Aufgerufene nicht?«
Der Kommandant wurde blass und wusste nicht, was er sagen sollte.
»Bei Ihnen hapert’s mit der Disziplin«, ließ Chlebowwodow verlauten. »Sie haben Ihre Untergebenen nicht fest genug im Griff.«
Der Kommandant riss sich das Hemd auf und japste.
»Eine Situation, die unsere Autorität zu untergraben droht«, stellte Farfurkis erschüttert fest. »Zum Schlafen ist die Nacht da, am Tag wird gearbeitet.«
Der Kommandant zog sich verzweifelt weiter aus; ihm blieb auch gar nichts anderes übrig. Ich fragte den Kommandanten, ob er schwimmen könne. Wie sich herausstellte, konnte er es nicht, aber das machte ihm nichts aus.
»Keine Sorge«, versetzte Chlebowwodow blutrünstig. »So eine Blase kann nicht untergehen.«
Ich äußerte vorsichtige Zweifel an der Zweckmäßigkeit des Vorhabens. Der Kommandant werde ertrinken, warnte ich. Die Troika habe es doch wohl nicht nötig, Funktionen zu übernehmen, die ihr gar nicht zukämen, und dem Wasserret tungsdienst ins Handwerk zu pfuschen. Außerdem erinnerte ich daran, dass die Aufgabe, falls der Kommandant ertrank, ohnehin ungelöst blieb und dann logischerweise entweder Farfurkis oder
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