Gesammelte Werke 6
Wagen plötzlich laut. Farfurkis und Chlebowwodow waren aneinandergeraten. Chlebowwodow, dem der Benzingeruch auf den Magen schlug, bestand darauf, sofort loszufahren. Er rief, das Volk liebe eine rasche Fahrt. Farfurkis dagegen, der sich als der einzige Handlungsfähige im Wagen für alles verantwortlich fühlte, behauptete, die Anwesenheit eines fremden, nicht überprüften Chauffeurs verwandle die geschlossene Sitzung in eine offene. Zudem dürften laut Instruktion in Abwesenheit des wissenschaftlichen Beraters überhaupt keine Sitzungen stattfinden und wenn doch, würden diese später für ungültig erklärt.
»Ein Hindernis?«, erkundigte sich Lawr Fedotowitsch mit etwas gefestigter Stimme. »Genosse Farfurkis, räumen Sie es aus dem Weg.«
Farfurkis kam dem Wunsch mit Feuereifer nach, und ehe ich’s mich versah, hatten sie mich zum kommissarischen wissenschaftlichen Berater gewählt, den Fahrer entlassen und mich auf seinen Platz gesetzt. »Sträub dich nicht«, flüsterte mir der unsichtbare Edik ins Ohr. »Vielleicht brauche ich dich noch.« Gehetzt sah ich mich nach allen Seiten um; mit diesen Typen in einem geschlossenen Raum zu sitzen, ging ja noch an, aber hier draußen fühlte ich mich wie auf dem Präsentierteller.
»So fahren Sie doch«, flehte Chlebowwodow. »Damit endlich Luft hereinkommt.«
»Hrrm«, seufzte Lawr Fedotowitsch. »Es gibt den Vorschlag loszufahren. Gibt es andere Vorschläge? … Chauffeur, fahren Sie.«
Anfangs fiel mir Farfurkis mit seinen Ratschlägen auf die Nerven; bald riet er mir, im Halteverbot zu halten; bald, nicht so zu rasen und an Lawr Fedotowitschs kostbares Leben zu denken; bald wollte er, dass ich schneller fuhr, weil der Fahrtwind Lawr Fedotowitschs Stirn nicht heftig genug umwedelte; bald, dass ich mich nicht um die Ampeln scherte, weil das seiner Meinung nach die Autorität der Troika untergrub. Kaum dass wir die Neubauviertel von Tmuskorpion hinter uns gebracht und die Stadt verlassen hatten, sich grüne Wiesen vor uns ausbreiteten, in der Ferne ein blauer See glitzerte und der Wagen über ausgefahrene Schotterwege rumpelte, setzte wohltuende Stille ein.
Alle hielten ihr Gesicht in den Fahrtwind, blinzelten in die Sonne und fühlten sich wohl. Lawr Fedotowitsch rauchte die erste Herzegowina an diesem Tag, Chlebowwodow stimmte ein Kutscherlied an, und der Kommandant döste, die Akten an die Brust gepresst, selig vor sich hin. Nur Farfurkis fand nach kurzem Kampf in sich die Kraft, die wohlige Mattigkeit abzuschütteln.
Er faltete eine Karte von Tmuskorpion und Umgebung auseinander und malte beflissen die Fahrstrecke hinein, mit der allerdings nicht viel anzufangen war, weil er vergessen hatte, dass wir nicht mit dem Hubschrauber unterwegs waren, sondern mit dem Auto. Ich schlug ihm meine Variante vor: See – Sumpf – Hügel. Am See stand der Vorgang eines Plesiosauriers zur Debatte; im Sumpf galt es, das dort erschallende Ächzen zu rationalisieren und zu utilisieren, und auf dem Hügel wollten wir einen sogenannten »Verwunschenen Ort« in Augenschein nehmen.
Erstaunlicherweise hatte Farfurkis nichts einzuwenden. Wie sich herausstellte, vertraute er meiner Intuition als Fahrer völlig, mehr noch, er hatte schon immer viel von mir gehalten. Es gefalle ihm, sagte er, in der Unterkommission zur Wanzenfrage mit mir zusammenzuarbeiten, und er halte schon lange große Stücke auf mich, wie überhaupt auf unsere wunderbare, begabte Jugend. Mit dem Herzen sei er immer bei der Jugend, verschließe jedoch auch vor ihren Mängeln nicht die Augen: Die heutige Jugend kämpfe zu wenig und widme dem Kampf nicht die gebotene Aufmerksamkeit; sie strebe nicht danach, energisch dafür zu kämpfen, dass der Kampf zu einer wahrhaft wichtigen, vordringlichen Aufgabe unseres gesamten Kampfes werde, und wenn sie, unsere wunderbare, begabte Jugend, auch weiterhin so wenig kämpfe, so habe sie kaum eine Chance, in diesem Kampf zu einer wahrhaft kämpferischen Jugend zu werden, die unbeirrt dafür kämpfte, zu wahren Kämpfern zu werden, die dafür kämpften, dass der Kampf …
Den Plesiosaurier sichteten wir schon von Weitem: Etwa zwei Kilometer vom Ufer entfernt ragte etwas aus dem Was ser, das aussah wie der Griff eines Regenschirms; ich steuerte den Strand an und bremste. Während Farfurkis noch immer mit der Grammatik kämpfte – im Namen des Kampfes um die kämpfende Jugend –, sprang Chlebowwodow aus dem Wagen und riss die Tür an Lawr Fedotowitschs Seite auf. Lawr
Weitere Kostenlose Bücher