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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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keinen schwarzen, sondern einen weißen Kittel, und es roch nach gebackenen Kartoffeln. Quatsch ist das alles, Betrug an den Werktätigen. Wenn ihr meine Meinung wissen wollt«, schloss Shora Naumow, auch Hirsch Naumowitsch genannt, »so erklärt sich das alles sehr einfach: Irgendein Jude aus der Akademie der Wissenschaften hat unseren Fjodor Michejitsch reingelegt und bastelt aus unserer Arbeit flugs seine Dissertation.«
    Als Reaktion auf diesen antisemitischen Ausfall wandte Walja Demtschenko ein, das sei ja noch halb so schlimm – das wirkliche Unglück bestünde darin (er setzte eine geheimnisvolle Miene auf), dass sie schon seit Jahren an der Entwicklung eines kybernetischen Redakteurs arbeiteten, die Wissenschaftler sozusagen für die Schriftsteller. Als Hilfe. »Im Grunde«, erklärte er weiter, »ist dieser Redakteurroboter schon fertig. Jetzt wird er nur noch mit unseren Manuskripten dressiert. Wird dieses Ding aber erst in Betrieb genommen, dann ist es mit uns allen aus, weil die Roboter nicht nur Grammatikfehler berichtigen und den Stil verbessern – nein, meine Lieben, der Computer wird auf zwei Meter Tiefe noch herausfinden, was zwischen den Zeilen steht. Auf Anhieb wird er wissen, wer wer ist und warum!«
    Ich blickte Walja bewundernd an. In dem hinreißenden Blödsinn, den er faselte, spürte ich das Flair eines edlen, mir vertrauten Wahnsinns. Garik kicherte, während Shora, der mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Tatsachen stand, ärgerlich fragte, woher er, Walentin, das denn wisse.
    »Die Augen!«, rief Walja eindringlich. »Auf die Augen der Menschen muss man achten, mein Guter! Nicht darauf, ob ihr Kittel weiß oder schwarz ist, sondern auf die Augen! Als ich seine Augen gesehen habe, wusste ich alles.«
    Garik goss ihm Bier ein, und Walja fuhr fort.
    »Der Redakteurroboter ist, wie sich herausgestellt hat, nur das Wetterleuchten einer neuen Ära. Eine sperrige, fest stationierte, teure Maschine. Aber im Anmarsch sind – falls euch das interessiert, meine Lieben – bereits besondere Schreib rechner, vorerst nur für uns Prosaautoren. In diese Rechner wurden elektronische Zensoren eingebaut. Stellt euch das mal vor! Man tippt mit zwei Fingern ›Arsch‹, und auf dem Papier erscheint: ›das Hinterteil‹, ›das Gesäß‹, ›die vier Buchstaben‹ oder, im äußersten Fall, ein ›A‹ mit drei Pünktchen.«
    Und hier stieß Petenka Skorobogatow zu uns, genannt »Allunionsdrops«. Einen Augenblick später saß er schon zwi schen Garik und Walja und schenkte sich Wodka aus meiner Karaffe ein. Wie gewöhnlich waren seine Augen entzündet, die Blicke unstet, und er hatte rote Flecken und Schuppen im Gesicht.
    Und wie immer platzte er fast vor Neuigkeiten und Gerüchten, die zunächst wahr und wichtig zu sein schienen, aber nach kurzer Zeit schnell verdarben und sich in Lügen und Aufschneiderei verwandelten. Unterhalten konnten wir uns nun nicht mehr; also hörten wir, traurig zwar, seinen Geschichten zu.
    Fürs Erste verkündete Petenka, bezüglich der Bannaja die zuverlässigsten Informationen zu haben, die es gab – direkt von dort (sein dicker Zeigefinger deutete zur Decke). »Walja«, sagte er, »spricht die Wahrheit: Sämtliche Angelegenheiten werden jetzt den Computern übertragen, weil die Menschen korrupt sind und man keinem mehr trauen kann. Ein Kadercomputer ist bereits in Betrieb, und er hat den Befehl gegeben, alle Verlagsleiter und Chefredakteure Moskaus zu entlassen.« Er, Petenka Skorobogatow, warte deshalb mit der Unterschrift unter zwei Verträge, die ihm schon vor Längerem zugeschickt worden waren. Warum? Weil es sinnlos wäre. Sowieso würden neue Direktoren und Chefredakteure eingesetzt und alle Verträge annulliert.
    »Unterbrecht mich nicht, ich reise morgen nach Sambia, muss mich noch impfen lassen, und ihr unterbrecht mich immer. Ich will euch das mit der Bannaja erklären. Die Maschine dort ist etwas ganz Besonderes. Sie bewertet das Talent in absoluten Größen. Wisst ihr, was Saschka Tolokonnikow gemacht hat? Er hat ihnen anstelle des Schwachsinns, den er sonst so schreibt,fünf Seiten aus dem ›Stillen Don‹ untergeschoben! Der Rechner ging natürlich in die Knie, mit solchem Niveau hatte keiner gerechnet. Jetzt heben sie Saschka in den Himmel – und das für eine Handlungsweise, die eines sowjetischen Schriftstellers unwürdig ist. Aber was rede ich von Saschka! Iraida hat sich gar von ihrem Krankenlager erhoben und Manuskripte hingetragen. Sie

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