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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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im Schlüsselloch abgesehen – immer noch nichts rührte, drehte er sich um und trat von hinten hart mit dem Absatz gegen die Tür.
    »Wer ist da?«, fragte endlich eine Stimme hinter der Tür.
    »Ihr Nachbar«, antwortete Viktor. »Machen Sie doch mal kurz auf.«
    »Was wollen Sie?«
    »Ich muss Ihnen ein paar Worte sagen.«
    »Kommen Sie morgen früh wieder«, bat die Stimme hinter der Tür. »Wir schlafen schon.«
    »Der Teufel soll Sie holen«, brüllte Viktor. »Wollen Sie, dass man mich hier sieht? Machen Sie auf, wovor haben Sie denn Angst?«
    Der Schlüssel wurde umgedreht, und die Tür ging einen Spaltbreit auf. In dem Spalt erschien das trübe Auge des hoch gewachsenen Begleiters. Viktor wies ihm die leeren Hände vor. »Auf ein paar Worte.«
    »Kommen Sie herein«, sagte der Hochgewachsene. »Aber keine Dummheiten.«
    Viktor betrat den Vorraum, der Hochgewachsene schloss hinter ihm die Tür und machte Licht. Der Vorraum war so klein, dass sie zu zweit kaum darin Platz fanden.
    »Sprechen Sie«, forderte der Mann ihn auf. Sein Pyjama hatte vorne Flecken, Viktor schnupperte erstaunt – der Hoch gewachsene roch nach Schnaps. Die rechte Hand verbarg er, wie es sich gehörte, in der Tasche.
    »Hier wollen Sie sich mit mir unterhalten?«, erkundigte sich Viktor.
    »Ja.«
    »Nein. Hier werde ich mich nicht unterhalten.«
    »Wie Sie wollen.«
    »Wie Sie wollen«, sagte Viktor. »Ich wasche meine Hände in Unschuld.«
    Sie schwiegen. Der Hochgewachsene musterte Viktor ungeniert.
    »Sie heißen Banew, wie’s scheint?«, fragte er.
    »Ja, scheint so.«
    »Aha«, sagte der Hochgewachsene mit finsterer Miene. »Wieso sind Sie dann unser Nachbar? Sie wohnen doch im ersten Stock.«
    »Ich meinte, wir wohnen im selben Hotel«, erklärte Viktor.
    »Aha. Aber ich weiß noch immer nicht, was Sie wollen.«
    »Ich habe Ihnen etwas mitzuteilen. Mir liegen da gewisse Informationen vor. Aber allmählich frage ich mich, ob es die Sache wert ist.«
    »Na schön. Gehen wir ins Bad.«
    »Wissen Sie, ich gehe lieber wieder.«
    »Warum wollen Sie nicht mit ins Bad? Was sind das für Kapricen?«
    »Wissen Sie«, sagte Viktor, »ich habe es mir anders überlegt. Ich gehe lieber. Was geht es mich überhaupt an?« Er griff nach der Klinke.
    Der Hochgewachsene ächzte, von widersprüchlichen Gefühlen hin- und hergerissen.
    »Soviel ich weiß, sind Sie Schriftsteller«, sagte er. »Oder verwechsle ich Sie mit jemandem?«
    »Ja, ich bin Schriftsteller«, bestätigte Viktor. »Auf Wiedersehen.«
    »So warten Sie doch. Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Kommen Sie. Hier geht’s rein.«
    Sie betraten ein Wohnzimmer mit vielen Vorhängen – Vor hänge rechts, Vorhänge links und Vorhänge geradeaus, vor dem riesigen Fenster. Der wuchtige Fernseher in der Ecke flimmerte farbig, der Ton war ausgeschaltet. In der anderen Ecke saß in einem Polstersessel unter der Stehlampe der junge Mann mit der Brille; er trug ebenfalls Pyjama und Hausschuhe und lugte hinter seiner aufgeschlagenen Zeitung hervor. Auf dem Zeitungstischchen neben ihm standen eine viereckige Flasche und ein Siphon. Die Aktentasche war nirgendwo zu sehen.
    »Guten Abend«, grüßte Viktor.
    Der junge Mann senkte schweigend den Kopf.
    »Ist für mich«, sagte der Hochgewachsene. »Lass dich nicht stören.«
    Der junge Mann nickte noch einmal und verschwand wieder hinter seiner Zeitung.
    »Hier entlang bitte«, wies der Hochgewachsene den Weg. Sie gingen nach rechts ins Schlafzimmer, und der Hochgewachsene setzte sich aufs Bett. »Da ist ein Sessel«, sagte er. »Setzen Sie sich, und erzählen Sie.«
    Viktor setzte sich. Im Schlafzimmer roch es stark nach abgestandenem Tabakrauch und Eau de Cologne, wie es gewöhnlich Offiziere benutzen. Der Hochgewachsene saß auf dem Bett und starrte Viktor an, ohne die Hand aus der Tasche zu nehmen. Im Wohnzimmer raschelte die Zeitung.
    »Also gut.« Viktor hatte seinen Widerwillen zwar noch nicht ganz überwunden, aber da er die Sache nun mal in Angriff genommen hatte, musste er sie auch beenden. »Ich kann mir ungefähr vorstellen, wer Sie sind. Vielleicht irre ich mich – dann wäre alles in Ordnung. Irre ich nicht, sollten Sie wissen, dass man Sie beobachtet und Ihnen ins Handwerk pfuscht.«
    »Nehmen wir an, das stimmt«, sagte der Hochgewachsene. »Wer beobachtet uns dann?«
    »Ein Mann namens Pavor Summan interessiert sich auffällig für Sie.«
    »Was?«, wunderte sich der Hochgewachsene. »Der Hygiene inspektor?«
    »Er ist kein

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