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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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sondern gegen die stammesverwandten Basken ins Feld ziehen wollte, wurde er fuchsteufelswild und desertierte. Im Verlauf der jahrhundertelangen Geschichte der Kriege empfahlen Magier den Einsatz von Vampiren (gewalt same nächtliche Aufklärung), von Basilisken (Erschrecken des Gegners bis zur Versteinerung), von fliegenden Teppichen (Streuen von Unrat auf feindliche Städte), von magischen Schwertern unterschiedlicher Beschaffenheit (Wettmachen von zahlenmäßiger Unterlegenheit) und viele andere Dinge. Aber nach dem Ersten Weltkrieg, nach der Dicken Berta, den Panzern, dem Senfgas und dem Chlor, begann der schleichende Niedergang des Abwehrzaubers. In der Abteilung kam es zu einer Massenflucht von Mitarbeitern. Am längsten hielt ein gewisser Pitirim Schwarz durch, ein ehemaliger Mönch und Erfinder eines Musketenstutzens, der hingebungsvoll an einem Projekt von Dschinnbombardements arbeitete: Über gegnerischen Städten sollten Flaschen mit Dschinns abgeworfen werden, die zuvor mindestens dreitausend Jahre lang eingesperrt gewesen waren. Jeder weiß, dass Dschinns in freiem Zustand nichts anderes tun, als Städte zu zerstören oder aber Paläste zu bauen. Und ein gut abgelagerter Dschinn (so glaubte Pitirim Schwarz) würde, kaum der Flasche entwichen, keine Paläste bauen, sondern sich am Gegner schadlos halten. Es gab allerdings einen Haken bei der Sache: Es waren nicht genügend Flaschen mit Dschinns vorhanden; so gedachte Schwarz, seine Vorräte mithilfe der pelagischen Schleppnetzfischerei im Roten Meer und Mit telmeer zu ergänzen. Als er jedoch von der Wasserstoffbombe und der bakteriologischen Kriegsführung erfuhr, geriet er, so wurde es zumindest erzählt, aus dem seelischen Gleichgewicht und begann, alle Dschinns, die er besaß, auf die anderen Abteilungen zu verteilen. Dann ging er zu Cristóbal Junta, um den Sinn des Lebens zu erforschen, und ward seitdem nicht mehr gesehen.
    Als ich vor der Tür stehen blieb, sah mich der Soldat mit dem einen Auge an und krächzte heiser: »Zutritt verboten, weitergehen …«, und schlief wieder ein. Ich warf nur kurz einen Blick in den leeren, schmuddeligen Raum, in dem Bruchstücke bizarrer Modelle und Fetzen mit primitiven Zeichnungen verstreut umherlagen; stieß mit der Fußspitze eine am Eingang liegende Mappe beiseite, auf der sich ein verblichener Aufdruck befand: »Streng geheim. Vor dem Lesen zu verbrennen«, und sah dann zu, dass ich weiterkam. Hier gab es nichts auszuschalten, und was die Selbstentzündung anging, so war hier alles, was sich hätte entzünden können, schon vor vielen Jahren abgebrannt.
    Auch das Archiv befand sich auf dieser Etage. Es war ein düsterer, staubiger Raum und ähnelte dem Vestibül, nur war das Archiv bedeutend größer. Über seine enormen Ausmaße erzählte man sich, dass etwa einen halben Kilometer von der Eingangstür entfernt, mitten im Archiv, eine schnurgerade, mit Werstpfählen versehene Chaussee an den Regalen entlangführe. Roman war bis Werst neunzehn gekommen, wohingegen sich der hartnäckige Vitka Kornejew Siebenmeilenstiefel besorgt hatte und auf der Suche nach der technischen Dokumentation für das Translations-Kanapee bis Werst einhundertvierundzwanzig vorgedrungen war. Er wäre auch noch weiter gelaufen, hätte ihm dort nicht eine Danaidenbrigade mit Wattejacken und Abbauhämmern den Weg versperrt. Unter Aufsicht des pausbäckigen Kain rissen die Danaiden den Asphalt auf und verlegten neue Rohre. Der Wissenschaftliche Rat hatte wiederholt erörtert, ob man parallel zur Chaussee eine Hochspannungsleitung bauen sollte, um leitungsgebundene Kontakte zu den Archivbenutzern herzustellen, aber alle Vorschläge waren am Fehlen der dafür notwendigen Mittel gescheitert.
    Das Archiv beherbergte hochinteressante Bücher in allen, auch ausgestorbenen, Sprachen der Welt: von der Sprache der Atlanter bis hin zum Pidgin-Englisch. Mich aber interessierte dort vor allem die mehrbändige Ausgabe des »Buches der Schicksale«. Es war auf feinstem Reispapier in Petit gedruckt und enthielt in chronologischer Reihenfolge die nahezu vollständigen Daten von 73619024 m Pithecanthropus Ayuych (»Geb. 2. 8. 965543 v. u. Z., gest. 13. 1. 965522 v. u. Z. Eltern: Ramapithen. Frau: Ramapithecus. Kinder: Ad-Amm, männlich, E-Ua, weiblich. Nomadisierte mit einer Sippe Ramapithen im Tal des Ararat. Aß, trank und schlief, wie es ihm behagte. Bohrte das erste Loch in einen Stein. Bei der Jagd von einem Höhlenbären gefressen«). Der

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