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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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Letztgenannte im jüngsten Band der regulären Ausgabe vom vergangenen Jahr war Francisco Caetano Augustin Lucia Manuel Josefa Miguel Luca Carlos Pedro Trinidad (»Geb. 16. 7. 1491, gest. 17. 7. 1491. Eltern: Pedro Carlos Luca Miguel Josefa Manuel Lucia Augustin Caetano Francisco Trinidad und Maria Trinidad (s. o.). Portugiese. Anencephalus. Ritter des Heiligen-Geist-Ordens, Gardeoberst«).
    Aus dem Impressum ging hervor, dass das Buch der Schicksale in einer Auflage von 1 (einem) Exemplar erschien und der letzte Band noch zu Lebzeiten der Brüder Montgolfier für den Druck freigegeben worden war. Um den Bedürfnissen der zeitgenössischen Leserschaft gerecht zu werden, brachte der Verlag zwischen den regulären Bänden sporadische Eilausgaben heraus, in denen nur die Geburts- und Todesjahre vermerkt waren. In einer dieser Ausgaben entdeckte ich auch meinen Namen. Allerdings hatten sich in der Eile zahlreiche Druckfehler eingeschlichen, und ich erfuhr zu meinem Erstaunen, dass ich im Jahre 1611 sterben würde. Die achtbändige Ausgabe mit den Berichtigungen aber war noch nicht bis zu meinem Namen vorgedrungen.
    Bei der Herausgabe des Schicksalsbuches hatte stets eine Gruppe der Abteilung für Prophezeiungen und Prognosen eine beratende Funktion ausgeübt. Doch war die Abteilung nach der kurzen Regentschaft von Sir Merlin ziemlich heruntergekommen. Das Institut hatte wiederholt die Stelle des Abteilungsleiters ausgeschrieben; doch jedes Mal hatte sich nur ein einziger Bewerber gemeldet – Merlin selbst.
    Der Wissenschaftliche Rat hatte seine Bewerbung gewissenhaft geprüft und rundweg abgelehnt – mit dreiundvierzig Nein- und einer Ja-Stimme (Merlin gehörte dem Wissenschaftlichen Rat aus Tradition ebenfalls an).
    Die Abteilung für Prophezeiungen und Prognosen nahm den gesamten zweiten Stock ein. Die Türen trugen hier Aufschriften wie: »Kaffeesatzgruppe«, »Augurengruppe«, »Pythiagruppe«, »Synoptikgruppe«, »Patiencengruppe« oder »Orakel von Solowetz«. Hier brauchte ich keinen Strom abzuschalten, weil die ganze Abteilung bei Kerzenlicht arbeitete. Auf der Tür der »Synoptikgruppe« stand frisch mit Kreide geschrieben:»Dunkel ist der Wolken Wasser«. Morgens wischte Merlin, die Intrigen seiner Neider verfluchend, den Spruch mit einem nassen Lappen ab, und über Nacht erneuerte er sich wieder. Worauf sich das Ansehen dieser Abteilung gründete, war mir unbegreiflich. Von Zeit zu Zeit hielten ihre Mitarbeiter merkwürdige Vorträge zu Themen wie »Der Augenausdruck des Auguren« oder »Die prädiktablen Eigenschaften des Mokka-Kaffeesatzes, Jahrgang 1926«. Mitunter gelang der »Pythiagruppe« eine zutreffende Vorhersage, worüber die Pythien jedes Mal so erschraken, dass die Wirkung verpuffte.Selbst W-Janus, ein außerordentlich taktvoller Mensch, konnte sich, wie wiederholt zu beobachten war, ein Lächeln nicht verkneifen, wenn er an einem Seminar der Pythien oder der Auguren teilnahm.
    Im dritten Stock gab es nun endlich wieder etwas zu tun: Ich löschte das Licht in allen Räumen der Abteilung für Ewige Jugend. Junge Menschen gab es hier nicht, und die alten Leute, die an tausendjähriger Sklerose litten, vergaßen immer, das Licht auszuschalten. Allerdings hatte ich den Verdacht, dass daran nicht nur die Sklerose schuld war: Viele Alte fürchteten sich vor einem elektrischen Schlag, und für sie war ein Elektrozug noch immer eine »Eisenbahn«.
    Im Sublimationslabor spazierte ein Modell des ewigen Jünglings gähnend zwischen den Tischreihen auf und ab. Es schien niedergedrückt, hatte die Hände in den Hosentaschen und schleifte seinen zwei Meter langen, grauen Bart über den Fußboden, sodass sich dieser immer wieder um die Stuhlbeine wickelte. Die bauchige Flasche mit Königssäure, die auf dem Hocker stand, räumte ich zur Sicherheit in den Schrank und begab mich dann in den Elektroniksaal.
    Hier stand mein »Aldan«. Eine Zeit lang erfreute ich mich an seinem Anblick – er war schön, kompakt und glänzte geheimnisvoll. Die Mitarbeiter des Instituts verhielten sich meinem Projekt gegenüber sehr unterschiedlich: In der Buch haltung wurde ich stets mit offenen Armen empfangen, und der Hauptbuchhalter, sparsam lächelnd, überhäufte mich mit langwierigen Lohn- und Rentabilitätsberechnungen. Gian Giacomo, Leiter der Abteilung für Universelle Transformation, war anfangs ebenfalls sehr angetan, verlor jedoch jedes Interesse an der Elektronik, als ihm klarwurde, dass der Aldan nicht einmal

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