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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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in der Ecke, ein Abfallprodukt des Kiteshgrader Werkes für Magietechnik. Und neben dem Labortisch glänzte im Licht dreier Scheinwerfer der geflickte Lederbezug meines wohlbekannten, alten Kanapees. Darauf stand eine Kinderbadewanne mit Wasser, in dem ein toter Barsch auf dem Rücken schwamm. Im Labor standen außerdem noch ein paar mit Geräten vollgestopfte Stellagen, und direkt neben der Tür eine große verstaubte Fünfundzwanzigliterflasche aus grünem Glas. Darin steckte ein versiegelter Dschinn, und man konnte sehen, wie er sich darin bewegte und mit den Augen rollte.
    Vitkas Double riss sich vom Homöostaten los, setzte sich neben der Wanne aufs Kanapee, blickte starr auf den krepierten Fisch und sang ein Couplet:
    »Wir möchten gerne die Natur bezwingen
    und was dahintersteckt vor allen Dingen verstehn;
    so schaun wir in das Weltgebäude – klar! –
    und gucken dumm – was gibt es da zu sehn?«
    Der Barsch rührte sich nicht. Da steckte das Double seinen Arm ins Kanapee und stocherte angestrengt schnaufend darin herum.
    Das Kanapee war ein Translator. Es umgab sich mit einem M-Feld, das, simpel ausgedrückt, die reale Wirklichkeit in eine märchenhafte verwandelte. In jener denkwürdigen Nacht in Naina Kiewnas Hütte hatte ich das am eigenen Leib erfahren, und gerettet hatte mich damals nur die Tatsache, dass das Kanapee bloß auf einem Viertel seiner Kraft lief, sonst wäre ich am nächsten Morgen vielleicht als Däumling aufgewacht. Für Magnus Redkin steckte in dem Kanapee möglicherweise die gesuchte Weiße These. Für Modest Matwejewitsch war es ein Museumsstück mit der Inventarnummer elf dreiundzwanzig, über das er seine Hand hielt. Für Vitka Kornejew war es das Arbeitswerkzeug Nummer eins. Darum stahl er das Kanapee jede Nacht, was Magnus Redkin – eifersüchtig – stets dem Kaderleiter, dem Genossen Djomin, meldete, während Modest Matwejewitschs ganzes Tun darauf abzielte, dies alles zu unterbinden. Vitka stahl das Kanapee, bis sich schließlich Janus Poluektowitsch einschaltete: Ihm war es gelungen, Redkin zu neutralisieren und Modest Matwejewitsch ein wenig in den Hintergrund zu drängen (und zwar in enger Zusammenarbeit mit Fjodor Simeonowitsch, unter aktiver Mitwirkung Gian Giacomos und gestützt auf ein offizielles Schreiben des Präsidiums der Akademie der Wissenschaften, das von vier Akademiemitgliedern persönlich unterschrieben worden war). Modest Matwejewitsch erklärte seinerseits, er, als der materiell Verantwortliche, wolle davon nichts hören, sondern bestehe darauf, dass das Kanapee mit der Inventarnummer elf dreiundzwanzig in dem speziell dafür vorgesehenen Raum verbleibe. Andernfalls, so drohte er, könnten alle etwas erleben, auch die Akademiemitglieder. Janus Poluektowitsch hatte seinerseits nichts dagegen, etwas zu erleben, Fjodor Simeonowitsch genauso, und Vitka, nicht faul, schleppte das Kanapee auf der Stelle in sein Labor.
    Im Gegensatz zu den Faulpelzen der Abteilung für Abso lutes Wissen war Vitka von seiner Arbeit besessen. Er hätte am liebsten das Wasser sämtlicher Meere und Ozeane des Planeten in lebendes Wasser verwandelt. Allerdings war er über das Stadium des Experiments noch nicht hinausgekommen.
    Der Barsch in der Wanne kam jetzt zu sich und drehte sich auf den Bauch. Das Double zog den Arm aus dem Kana pee. Der Barsch bewegte apathisch die Flossen, gähnte, kippte auf die Seite und drehte sich wieder auf den Rücken.
    »Mistvieh«, zischte das Double erbost.
    Das machte mich stutzig, denn der Ausruf war emotional ge färbt. Kein Labordouble hätte sich je so ausgedrückt. Das Double steckte die Hände in die Taschen, stand langsam auf und erblickte mich. Wir starrten uns ein paar Sekunden lang an.
    Dann fragte ich hämisch: »Na, immer noch fleißig?«
    Das Double blickte mich ausdruckslos an.
    »Lass das Theater«, sagte ich. »Ich weiß, was los ist.«
    Das Double stand wie versteinert da und zuckte mit keiner Wimper.
    »Hör zu«, sagte ich. »Es ist jetzt halb elf. Ich geb dir noch zehn Minuten. Räum hier auf, schmeiß den toten Fisch weg, und geh tanzen. Den Strom schalte ich nachher selbst ab.«
    Das Double stülpte die Lippen vor und machte langsam einen Schritt zurück. Es bewegte sich sehr vorsichtig nach hinten, machte einen Bogen um das Kanapee und sah zu, dass der Labortisch zwischen uns stand. Ich blickte demonstrativ auf die Uhr. Das Double murmelte eine Beschwörungsformel, und auf dem Tisch erschienen eine Mercedes-Rechenmaschine,

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