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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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einen Ruck, die Maschine grunzte und begann zu vibrieren.
    »Die Achse ist verbogen«, flüsterte Sedlovoi ärgerlich. »Na, macht nichts, macht nichts … Legen Sie den Gang ein. Ja, gut. Und jetzt los!«
    Ich gab Gas und trat zugleich behutsam auf die Kupplung. Die Welt um mich herum verblasste. Das Letzte, was ich aus dem Saal hörte, war die sorglose Frage des Akademiemitglieds: »Und wie werden wir ihn beobachten?« Dann verschwand der Saal.

2
    Es gibt keinen Unterschied zwischen der Zeit und einer der drei Dimensionen des Raumes, außer dass sich unser Bewusstsein auf ihrer Linie bewegt.
    H. G. Wells
    Anfangs bewegte sich die Maschine ruckartig, und ich hatte Mühe, mich im Sattel zu halten. Ich schlang die Beine ums Gehäuse und klammerte mich krampfhaft ans Lenkrad. Aus den Augenwinkeln heraus nahm ich verschwommen pompöse, gespenstische Bauten wahr, blassgrüne Ebenen und eine kalte, keine Wärme spendende Sonne, die in der Nähe des Zenits im grauen Nebel hing. Dann merkte ich, dass das Rütteln daher kam, dass ich den Fuß vom Gaspedal genommen hatte, die Motorleistung (wie beim Auto) nicht mehr ausreichte und die Zeitmaschine bei jedem Ruck gegen Ruinen antiker und mittelalterlicher Utopien stieß. Ich gab Gas, und sofort verlief die Reise ruhiger, sodass ich mich endlich bequem zurücklehnen und umsehen konnte.
    Mich umgab eine Geisterwelt. Inmitten kleiner Bauernhäuschen ragten riesige, mit Säulengängen verzierte Bau werke aus verschiedenfarbigem Marmor auf. Ringsum wogte trotz völliger Windstille das Korn, auf Wiesen grasten wohlgenährte durchsichtige Viehherden, und auf den Anhöhen saßen ehrwürdige alte Hirten. Darunter war keiner, der nicht in einem Buch oder einer altertümlichen Handschrift gelesen hätte. Dann tauchten neben mir zwei durchsichtige Männer auf, die sich in Positur stellten und zu reden begannen. Beide waren barfuß, mit Kränzen geschmückt und in faltenreiche Chitone gekleidet. Der eine hielt in der Rechten einen Spaten und in der Linken eine Pergamentrolle. Der andere stützte sich auf eine Kreuzhacke und spielte zerstreut mit dem kupfernen Tintenfass, das an seinem Gürtel hing. Sie sprachen streng der Reihe nach, aber nicht miteinander, wie ich anfangs glaubte. Mir wurde bald klar, dass sie mit mir redeten, obwohl keiner von ihnen auch nur einen Blick in meine Richtung warf. Ich lauschte also ihren Reden. Der Mann mit dem Spaten legte langatmig und monoton die Grundlagen der politischen Ordnung jenes wunderbaren Landes dar, zu dessen Bürgern er sich zählte. Diese Ordnung war ungewöhnlich demokratisch: Es wurde keinerlei Zwang gegenüber den Bürgern angewandt (was er mehrmals ausdrücklich betonte), alle Bürger waren reich und frei von Sorgen, und selbst der letzte Ackersmann besaß mindestens drei Sklaven. Als er innehielt, um Luft zu schnappen und sich die Lippen zu belecken, legte der Mann mit dem Tintenfass los.Er rühmte sich, soeben seine drei Stunden als Fährmann auf dem Fluss abgeleistet und von niemandem auch nur eine Kopeke dafür verlangt zu haben, weil er gar nicht wisse, was Geld sei, und nun wolle er sich an den kühlen Brunnen legen, um Verse zu schreiben.
    Sie sprachen sehr lange – dem Tachometer nach jahrelang –, doch plötzlich verschwanden sie, und weit und breit war kein Mensch mehr zu sehen. Durch die gespenstischen Bauwerke fielen Strahlen der reglos am Himmel stehenden Sonne. Unwahrscheinlich dicht über dem Boden zogen langsam ein paar schwere Flugapparate vorüber, mit Flughäuten wie ein Pterodaktylus. Im ersten Moment kam es mir so vor, als ob sie brannten, dann aber sah ich, dass der Rauch aus großen konischen Röhren abgegeben wurde. Schwerfällig mit den Flügeln schlagend, schwebten sie über mir dahin und streuten Asche aus, ja, einer ließ sogar ein knorriges Holzscheit auf mich fallen.
    Die pompösen Bauten um mich herum veränderten sich nach und nach. Die Zahl ihrer Säulen nahm nicht ab, und die Architektur blieb so hässlich und pompös wie zuvor, dafür aber wurden neue Farbtöne sichtbar, und den Marmor lösten modernere Baustoffe ab. Statt der blinden Statuen und Büsten tauchten nun auf den Dächern glänzende Gebilde auf, die an die Antennen von Radioteleskopen erinnerten. Die Straßen belebten sich, und die Zahl der Fahrzeuge nahm zu. Die lesenden Hirten mitsamt ihren Herden verschwanden, das Korn aber wogte weiter, obwohl sich nach wie vor kein Windhauch regte. Ich trat auf die Bremse und hielt an.
    Bei einem

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