Gesammelte Werke
gerichtete Strömung. Im Dezember, am siebenundsechzigsten Grad, wurde die Kälte entsetzlich; die Stürme waren heftig, schwere Nebel umgaben das Schiff. Auch hier wimmelte es von Vögeln: Albatrossen, Pinguinen, vor allem Sturmvögeln. Am siebzigsten Grad begegnete man großen Eisinseln, und die Wolken im Süden hatten die schneeige Weiße, die von der Nähe eines Eisfeldes spricht. Unter dem einundsiebzigsten Grad endlich gebot abermals die riesige Weite festen Eises, die den Südhorizont vollkommen ausfüllte, dem Seefahrer Halt. Der Nordrand der Eiswüste war zerrissen und rau, aber so dicht verkeilt, dass ein Überschreiten unmöglich schien. Dahinter erstreckte sich eine glatte Ebene, die in der Ferne durch ungeheure Eisbergketten, von denen sich eine immer über die andere türmte, abgeschlossen wurde. Cook war der Ansicht, dass dieses weitgedehnte Feld den Südpol erreichen oder ein Festland berühren müsse. Herr Reynolds spricht folgendermaßen von dem Versuch der »Resolution«: »Es ist kein Wunder, dass Cook nicht weiter nach Süden vorzudringen vermochte, aber merkwürdig genug, dass er diesen Punkt in 106° 54’ westlicher Länge erreichte. Palmersland liegt südlich von Shetland am vierundsechzigsten Grad und erstreckt sich weiter nach Süden und Westen, als irgendein Seefahrer jemals vorgedrungen ist. Hierher strebte Cook, als das Eis ihn aufhielt; das muss an jenem Punkt immer der Fall sein, besonders im Januar, zu so früher Zeit wie am Sechsten dieses Monats; es wäre durchaus nicht überraschend, wenn ein Teil der geschilderten Eisgipfel zu Palmersland gehörte oder zu anderen Gebieten südlich und westlich von ihm.«
Im Jahr 1803 sandte Alexander von Russland die Kapitäne Kreutzenstern und Lisiawsky auf eine Weltumsegelung aus. In ihrem Streben nach Süden kamen sie nicht weiter als 59° 58’ Breite und 70° 75’ Länge. Hier trafen sie auf eine starke, östlich gerichtete Strömung. Wale gab’s in Menge, aber kein Eis. Herr Reynolds meint dazu, dass Kreutzenstern Eis angetroffen haben müsste, wäre er früh im Jahr dahin gekommen; er erreichte den betreffenden Punkt erst im März. Die hauptsächlich von Süden und Westen wehenden Winde hatten mit Hilfe der Strömungen die Schollen in jene eisige Region getragen, die im Norden von Georgia, im Osten von Sandwichland und den Süd-Orkneys, im Westen von den Süd-Shetlandinseln begrenzt wird.
Im Jahr 1822 drang der Kapitän James Weddell, von der britischen Marine, mit zwei sehr kleinen Schiffen weiter als irgendein früherer Seefahrer, ohne dabei besonderen Schwierigkeiten zu begegnen. Er berichtet, dass er zwar vor Erreichung des zweiundsiebzigsten Grades häufig vom Eis gehemmt worden sei, nach seiner Überschreitung aber kein Stückchen mehr gesehen und am vierundsiebzigsten Grad keine Felder, nur drei Eisinseln erblickt habe. Obwohl Unmassen von Vögeln wahrgenommen wurden, nebst anderen Anzeichen von Land, und obgleich südlich von den Shetlands unbekannte Küsten, die sich nach Süden zogen, vom Mastkorb aus gesichtet wurden, will Weddell sonderbarerweise doch nicht recht an das Vorhandensein eines Festlandes in den Polgegenden glauben.
Am 11. Januar 1823 segelte Kapitän Benjamin Morrell, vom amerikanischen Schuner »Wespe«, von Kerguelenland ab in der Absicht, so weit wie möglich nach Süden vorzudringen. Am 1. Februar befand er sich in 64° 52’ südlicher Breite und 118° 27’ östlicher Länge. Er schrieb an diesem Tag in sein Logbuch: »Der Wind verstärkte sich bald zu einer Elfknotenbrise, und wir benutzten die Gelegenheit, um nach Westen zu segeln. Doch da es nach Süden zu immer weniger Eis zu geben schien, so überschritten wir den Südpolarkreis in 69° 15’ östlicher Breite. In dieser Breite sah man kein Eisfeld und sehr wenig Eisinseln.«
Ich finde folgende Eintragung vom 18. März: »Die See war jetzt ganz frei von Eisfeldern, und es waren nicht mehr als ein Dutzend Eisinseln zu sehen. Zugleich war die Temperatur von Luft und Wasser mindestens um dreizehn Grad höher und milder, als wir es je zwischen dem sechzigsten und zweiundsechzigsten Grad fanden … Ich habe den Südpolarkreis wiederholt in verschiedenen Längen passiert und stets gefunden, dass Luft und Wasser immer milder werden, je weiter man sich über den fünfundsechzigsten Grad hinauswagt. Nördlich von diesem Grad war es oft sehr schwer, einen Durchgang für unser Schiff zu finden, denn die Zahl großer Eisinseln war ungeheuer; einige von ihnen
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