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Gesammelte Werke

Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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anzunehmen. Ich kann sie nur mit einem auf keiner Seite begrenzten Wasserfall vergleichen, der sich schweigend von irgendeiner riesenhaften und weltentfernten Zinne des Himmels in das Meer ergoss. Dieser gigantische Vorhang schien die ganze Weite des südlichen Horizontes einzunehmen. Kein Laut ging von ihm aus.
    21. März. Nun hing ein mürrisches Dunkel über uns; aber aus den milchigen Tiefen des Ozeans hob sich glimmender Schein und stieg leuchtend an den Flanken des Bootes herauf. Der weiße Aschenregen lagerte sich erdrückend auf uns und begann das Kanu zu füllen, aber im Wasser Zergingen seine Flocken. Der Gipfel des Kataraktes verschwand vollkommen im Dämmer der Höhe und Ferne. Doch näherten wir uns ihm offenbar mit grauenhafter Schnelligkeit. Zuweilen erblickte man in ihm weite, gähnende Risse, die sich jedoch augenblicklich wieder schlossen; und aus einer dieser Klüfte, in der sich ein Chaos flirrender und zerfließender Gestalten bewegte, strömte ein heftiger, aber geräuschloser Wind hervor, dessen mächtiger Atem den flammenden Ozean aufwühlte.
    22. März. Die Finsternis war immer dichter geworden, und nur der Widerschein des Wassers auf dem weißen Riesenvorhang belebte flirrend die Meeresnacht. Viele ungeheure und gespenstisch bleiche Vögel flogen jetzt unablässig aus jenem Schleier hervor, und während sie sich den Blicken entzogen, schrillte noch ihr ewiges Tekeli-li! in unseren Ohren. Da rührte sich Nunu noch einmal auf dem Boden des Kanus; aber als wir ihn anfassten, sahen wir, dass er den Geist aufgegeben hatte. Und jetzt rasten wir den Umarmungen des Wassersturzes entgegen, dorthin, wo sich eine Spalte auftat, uns zu empfangen. Aber in diesem Augenblick erhob sich mitten in unserem Weg eine verhüllte, menschliche Gestalt, doch weit gewaltiger in allen Maßen als die Kinder der Erde. Und ihre Haut war von weißer Farbe, von der Farbe des leuchtendsten, blendendsten ewigen Schnees – –
Nachwort
    Die Tagespresse hat unsere Leser von den näheren Umständen, die mit dem unerwarteten und betrübenden Tod des Herrn Pym in Zusammenhang stehen, genau unterrichtet. Es ist zu befürchten, dass die wenigen Kapitel, die seine Erzählung abschließen sollten und die er, während das Übrige bereits im Druck war, noch einmal durchzusehen beabsichtigte, durch den Unfall, der ihm das Leben kostete, vernichtet worden sind. Doch vielleicht ist diese Sorge unbegründet, und dann sollen die fehlenden Papiere noch nachträglich der Öffentlichkeit übergeben werden.
    Man hat auf jede Art danach getrachtet, die Lücke auszufüllen. Der Herr, dessen Name in der Vorrede erwähnt ist und der, nach den dortigen Ausführungen zu urteilen, einen Ersatz zu schaffen wohl imstande wäre, hat den Auftrag abgelehnt; er tat das aus zureichenden Gründen, die mit der allgemeinen Ungenauigkeit der ihm vorgelegten Einzelheiten und mit den Zweifeln im Zusammenhang stehen, die er in die Wahrhaftigkeit des letzten Teiles von Pyms Bericht zu setzen gezwungen ist. Peters, von dem einiges zu erfahren wäre, lebt noch und hält sich gegenwärtig in Illinois auf, seine nähere Adresse ist aber nicht zu ermitteln. Hoffentlich gelingt es, ihn später aufzufinden; er wird dann ohne Zweifel den Stoff, der für die Beendigung von Herrn Pyms Geschichte nötig ist, zu liefern imstande sein.
    Der Verlust von zwei oder drei abschließenden Kapiteln – mehr dürften es nicht sein – ist umso mehr zu beklagen, als sie gewiss Mitteilungen über den Pol selbst oder wenigstens über die ihm zunächst gelegenen Länder enthielten; auch wäre es interessant gewesen, die Meldungen des Verfassers an der Hand der Untersuchungen, die eine von unserer Regierung geplante Südpolexpedition anstellen wird, auf ihre Richtigkeit zu prüfen.
    Über einen Punkt des Berichtes wäre wohl einiges Bemerkenswerte zu sagen; und es würde dem Verfasser dieses Anhanges nicht wenig Freude bereiten, wenn seine Äußerungen an dieser Stelle geeignet sein sollten, der denkwürdigen Veröffentlichung Pyms eine höhere Glaubwürdigkeit zu verleihen. Wir denken dabei an die Klüfte der Insel Tsalal und die im dreiundzwanzigsten Kapitel des Buches enthaltene Darstellung ihrer ungewöhnlichen Gestalt.
    Herr Pym hat sich jeden Kommentars enthalten, was die Klüfte anbetrifft; und die Ähnlichkeit der am Ende der östlichsten Schlucht eingekratzten Zeichen mit Buchstaben des Alphabetes will ihm als ein Spiel der Einbildungskraft erscheinen. Das muss sein Ernst sein,

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