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Gesammelte Werke

Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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sogleich daran. Ich schrieb eine Kritik seines Gedichtes über das »Bobsche Öl«, die sechsunddreißig Seiten des »Honigsüßen« füllte. Dabei kam es mir zum Bewusstsein, dass das Thomas-Hawk-Spielen eine weit weniger beschwerliche Aufgabe sei als das Verfertigen von Gedichten. Ich verfiel auf ein famoses System, und so war es nicht schwer, die Sache gründlich und vortrefflich abzumachen. Ich griff die Sache nämlich folgendermaßen an. Ich kaufte in Auktionen (und zwar billigst) Exemplare von »Lord Broughams Reden«, »Cobbetts vollständige Werke«, ein »Lexikon der Gaunersprache«, die »Gesamtkunst des Anschnauzens«, »Lehrlings Schimpfredensammlung« (Folio-Ausgabe) und Lewis G. Clarkes »Sprache der Gosse«. Diese Werke zerschnitt ich gründlich mit einem Gerbermesser, dann warf ich die Schnitzel in einen Korb, sortierte dann sorgsam alles heraus, was einigermaßen anständig erschien (es war wenig genug), und hielt nur die pöbelhaften Sätze zurück, die ich in einen großen zinnernen Pfefferstreuer, der in der Längsrichtung Löcher besaß, warf, so dass ein ganzer Satz herausgleiten konnte, ohne irgendwie Schaden zu leiden. Nun war die Mischung gebrauchsfertig. Forderte man mich nun auf, Thomas Hawk zu spielen, so bestrich ich einen Foliobogen mit Klebstoff, zerschnitt das Schriftstück, das ich rezensieren sollte, in derselben Weise, wie ich vorher die Bücher zerschnitten hatte, nur ein wenig sorgfältiger, so dass jedes Wort einzeln zu stehen kam. Nun warf ich die zuletzt gemachten Schnitzel zu denen, die schon im Pfefferstreuer lagen, schraubte den Deckel sorgfältig auf, schüttelte das Ganze gründlich durch und stäubte die Mischung auf das mit Klebstoff versehene Papier, wo sie haften blieb. Das Resultat übertraf alle Erwartungen, es war fesselnd. Niemals hat irgendjemand die Kritiken auch nur von ferne erreicht, die ich auf diese Weise zustande brachte. Sie waren »das Weltwunder«. Im Anfang war ich, aus Mangel an Erfahrung, etwas schüchtern und ließ mich durch eine gewisse Zusammenhangslosigkeit, ein bizarres Aussehen (wie man in Frankreich sagt), die das Werk im Ganzen zeigte, verwirren. Nicht alle Sätze saßen (wie man im Angelsächsischen sagt). Manche waren ganz krumm und schief; mehr noch, manche standen direkt auf dem Kopf. Es waren sogar einige vorhanden, die bis zu einem gewissen Grad durch dieses Ausrenken Schaden nahmen. Nur die des Mr. Lewis G. Clarke waren so derb und kräftig gebaut, dass sie durch keine noch so verrückte Art der Stellung aus dem Konzept zu bringen waren; sie sahen immer gleich befriedigend und frohgemut aus, ob sie auf den Füßen standen oder auf dem Kopf.
    Was aus dem Verfasser der »Bremse« wurde, nachdem meine Kritik über sein »Bobsches Öl« veröffentlicht war, ist schwer festzustellen. Die Vermutung, die die größte Wahrscheinlichkeit für sich hat, ist, dass er sich zu Tode weinte. Wie dem auch sei, er verschwand augenblicklich vom Angesicht der Erde, und niemand hat auch nur mehr seinen Geist erblickt.
    Nachdem nun dieses Geschäft in gehöriger Weise erledigt war und die Furien sich besänftigt hatten, stieg ich mächtig in der Gunst des Herrn Sauertopf. Er zog mich ins Vertrauen, gab mir eine Daueranstellung als Thomas Hawk beim »Honigsüßen«, und da er mir für den Augenblick kein Honorar bezahlen konnte, so erlaubte er mir, in jeder Beziehung von seinen Ratschlägen zu profitieren.
    »Mein lieber Thingum«, sagte er eines schönen Tages nach dem Essen, »ich habe Achtung vor Ihrem Können und liebe Sie wie einen Sohn. Sie sollen mein Erbe sein. Wenn ich sterbe, will ich Ihnen den ›Honigsüßen‹ hinterlassen. Inzwischen will ich Ihnen aber helfen, dass Sie ein gemachter Mann werden. Ich werde das tun – vorausgesetzt natürlich, dass Sie meinem Rat Folge leisten. Das Erste, was Sie zu tun haben, ist, dass Sie sich den alten Stocherer abhalftern.«
    »Stocherer?«, sagte ich, »Hauerträger, nicht? – aper? (wie der Lateiner sagt) – Wer? – Wo?«
    »Ihren Vater!«, sagte er.
    »Gewiss, gewiss«, sagte ich. »Schwein!«
    »Sie können Ihr Glück machen, Thingum«, fuhr Herr Sauertopf fort; »dieser. Ihr Leiter und Führer, ist ein Mühlstein an Ihrem Hals. Wir müssen ihn schleunigst absäbeln.« (Hier zog er sein Messer heraus.) »Wir müssen ihn absäbeln«, fuhr Herr Sauertopf fort, »und zwar ein für alle Mal. Wir können ihn nicht brauchen – es geht wahrhaftig nicht. Wenn ich mir die Sache wirklich recht überlege, so

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