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Gesammelte Werke

Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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in der Absicht des Allmächtigen nur einen Grad niedriger denken – irgendwie in Harmonie oder in Übereinstimmung gebracht mit dem Wesen der menschlichen Kunst –, um ein Zwischenglied zwischen beiden zu bilden: Stellen wir uns beispielsweise eine Landschaft vor, die durch Ausgedehntheit und Bestimmtheit, durch Schönheit, Pracht und Absonderlichkeit den Gedanken an Sorgfalt, Kultur und Pflege durch höhere und doch der Menschheit verwandte Wesen wachruft – dann ist der Begriff des Einflusses gewahrt, während die eingeflochtene Kunst zur Annahme einer vermittelnden oder zweiten Natur führt – einer Natur, die weder Gott noch eine Emanation Gottes, die aber dennoch Natur ist, als Kunstwerk der Engel, die zwischen den Menschen und Gott schweben.«
    Ellison gedachte seinen ungeheuren Reichtum in der Verwirklichung einer derartigen Vision anzulegen – in der durch persönliche Überwachung seiner Anordnungen gebotenen Bewegung im Freien – in dem unbeschränkten Ziel, das diese Absichten boten, in dem vergeistigten Wesen dieses Ziels, in der Verachtung ehrgeizigen Strebens, die ihm dadurch ermöglicht wurde, in dem ewigen Lenz, mit dem dieses Ziel, ohne je zu übersättigen, seine Hauptleidenschaft, den Durst nach Schönheit, befriedigte; vor allem aber in der Sympathie eines nicht unweiblichen Weibes, dessen Lieblichkeit und Liebe sein Dasein mit der purpurnen Atmosphäre des Paradieses umgeben sollten; und er hoffte, Befreiung von den Alltagszielen der Menschheit zu finden, und er
fand
sie und eine weit größere Fülle positiven Glücks, als je in den überschwänglichen Wachträumen einer Staël glühte.
    Ich bezweifle, dass ich in dem Leser eine irgendwie klare Vorstellung der Wunder vermitteln kann, die mein Freund tatsächlich schuf. Ich möchte beschreiben, fühle mich aber von der Schwierigkeit der Beschreibung entmutigt und zögere zwischen Detaillierung und Verallgemeinerung. Der beste Weg ist vielleicht der, die beiden Extreme zu vereinigen.
    Mr. Ellisons erster Schritt galt natürlich der Wahl einer Örtlichkeit, und kaum hatte er über diesen Punkt nachgedacht, als die üppige Naturpracht der Südsee-Inseln seine Aufmerksamkeit fesselte. Ja, er hatte schon beschlossen, eine Reise in die Südsee anzutreten, als die Überlegung einer Nacht ihn veranlasste, die Idee aufzugeben. »Wäre ich ein Menschenfeind«, sagte er, »so würde mir solch ein Ort gefallen. Die völlige Abgeschlossenheit und die Schwierigkeit des Hin- und Zurückgelangens wäre in solchem Fall der Reiz aller Reize; noch aber bin ich nicht Timon. Ich wünsche die Erholung, aber nicht das Bedrückende der Einsamkeit. Ich muss in gewissem Sinne den Grad und die Dauer meiner Zurückgezogenheit bestimmen können. Es mögen Stunden kommen, in denen ich das, was ich geleistet habe, der Sympathie poetischer Geister vorführen will. Ich werde daher einen Ort wählen, der nicht weit von einer volkreichen Stadt liegt, deren Nähe mir auch die Durchführung meiner Pläne am besten ermöglicht.«
    Auf der Suche nach einem solchen Ort reiste Ellison mehrere Jahre umher, und mir war es erlaubt, ihn zu begleiten. Wohl tausend Plätze, von denen ich entzückt war, verwarf er aus Gründen, deren Richtigkeit ich jedes Mal anerkennen musste. Wir kamen schließlich zu einem erhöhten Tafelland von wundervoller Fruchtbarkeit und Schönheit, das einen Rundblick bot, der dem des Ätna an Ausdehnung sehr wenig nachstand und nach Ellisons wie meiner Ansicht die weitberühmte Aussicht jenes Berges in allen wesentlichen Elementen des Malerischen überragte.
    »Ich bin mir bewusst«, sagte der Reisende mit einem Seufzer tiefen Entzückens, nachdem er die Szene wohl eine Stunde lang bezaubert betrachtet hatte, »ich weiß, dass neun Zehntel der wählerischsten Männer an meiner Stelle hier befriedigt sein würden. Dieses Panorama ist in der Tat herrlich, und ich würde davon hingerissen sein, wenn es nicht übertrieben herrlich wäre. Der Geschmack aller mir bekannten Baumeister veranlasst sie, der ›Aussicht‹ wegen, ihre Häuser auf eine Höhe zu stellen. Der Irrtum ist klar. Größe in jeder Form, besonders aber als Ausdehnung, bringt Überraschung, Erregung – und ermüdet dann, drückt nieder. Als gelegentliche Szene kann es nichts Besseres geben – zum dauernden Anblick nichts Schlimmeres. Und zum dauernden Anblick ist die unzulässigste Art der Größe die der Ausdehnung, des weiten Raumes. Sie steht mit dem Gefühl, dem Sinn für Zurückgezogenheit

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