Gesandter des Teufels
den kalten Fußboden der Zelle zu Courtenay und schloss ihn fest in die Arme.
Schließlich löste er sich wieder von ihm, auch wenn er weiterhin Courtenays Schultern umklammert hielt. Er lächelte, obwohl sich seine Augen mit Tränen gefüllt hatten. »Mein Gott, Robert«, sagte er. »Ich dachte schon, ich würde weder dich noch das Gesicht eines anderen meiner geliebten Freunde jemals wiedersehen.«
Courtenay hatte ebenfalls Tränen in den Augen. In den vergangenen Monaten hatte er seinen einst so abweisenden Herrn sehr lieb gewonnen und war seit seiner Gefangennahme vor Sorge um ihn fast krank geworden.
»Was ist mit Margaret?«, fragte Neville und sein Lächeln schwand.
»Geht es ihr gut?«
Courtenay nickte. »Ja, mein Lord, obwohl sie sich Tag und Nacht um Euch grämt.« Er versuchte zu lächeln, doch es gelang ihm nicht.
»Und wie geht es Rosalind? Und dem ungeborenen Kind?«, fragte Neville.
»Ihnen geht es gut, mein Lord. Rosalind läuft ständig auf dem Hof und in den Ställen umher und sucht nach Euch ...«
»Bei allen Heiligen, Robert! Ihr lasst sie doch nicht etwa zwischen den Pferden umherlaufen?«
»Nein, nein, mein Lord. Agnes oder ich sind stets bei ihr. Aber sie vermisst Euch und sucht in allen Winkeln nach Euch.«
Neville ließ Courtenays Schultern los und wandte sich ab, um seine Tränen unauffällig fortzuwischen. »Und das Kind in Margarets Leib wächst gut heran?«, fragte er ruhig.
»Ja. Mylady sagt, dass sie kaum noch unter Übelkeit zu leiden hat. Aber in den Nächten liegt sie oft wach, weil das Kind sie tritt und sie so sehr um Euch bangt. Mein Lord, sie schickt Euch ihre zärtlichsten Grüße und wünschte, sie könnte bei Euch sein.«
Neville holte tief Luft, nachdem seine schlimmsten Sorgen nun besänftigt waren, und wandte sich wieder Courtenay zu. »Und wie kommt es, dass meine Kerkermeister dich zu mir vorgelassen haben?«
»Roger Salisbury und ich sind abwechselnd jeden Tag nach Blackfriars gekommen, mein Lord, und haben Euch zu sehen verlangt. Lord Bolingbroke und Lancaster haben ebenfalls unzählige Stunden damit verbracht, sich für Euch zu verwenden. Doch bis heute waren all unsere Mühen umsonst. Der Ordensgeneral«, Courtenays Stimme wurde grimmig, »hat Eure Ketten so fest geschmiedet, dass niemand zu Euch vordringen konnte.«
Thorseby und Richard, dachte Neville, doch ebenso wie Hai wusste er, dass er in Blackfriars sicherer war - jedenfalls im Augenblick - als an einem anderen Ort, wo er in Richards Gewalt wäre.
»Und heute ... ?«, fragte Neville.
»Heute hat mich vor dem Morgengrauen ein Mönch besucht, um mir mitzuteilen, dass ich Euch frische Kleider und ein Barbiermesser bringen soll.« Courtenay wies auf ein Bündel, das er neben der Tür abgelegt hatte.
Neville nickte, und in diesem Moment bemerkte er auch den Schatten, der im Gang vor der geöffneten Tür lauerte. Alles, was in diesem Verlies gesprochen wurde, wurde belauscht.
Er deutete mit dem Kinn auf den Schatten und blickte Courtenay in die Augen, und dieser nickte kurz. Ich werde vorsichtig sein.
»Nun, für die frischen Kleider und das Barbiermesser danke ich dir«, sagte Neville und rieb sich über den verwilderten Bart. »Die Mönche waren bislang nicht der Ansicht, dass ich mich waschen müsste.«
Wie auf ein Stichwort hin betrat in diesem Moment ein Laienbruder des Klosters mit einem Eimer voll dampfenden Wassers und einigen Tüchern die Zelle. Er stellte den Eimer am Fußende des Bettes ab, legte die Tücher daneben und ging wieder.
Neville und Courtenay würdigte er keines Blickes.
»Thorseby hat mir außerdem jede Menge Zeit gelassen, meinen Gedanken nachzuhängen«, sagte Neville und begann sich aus seinen schmutzigen Kleidern zu schälen.
»Sie haben Euch noch nicht verhört, mein Lord?« Courtenay nahm Neville die Kleider ab und faltete sie mit gerümpfter Nase zusammen.
»Nein. Dass ich mich jetzt waschen soll, bedeutet allerdings sicher, dass das Verhör kurz bevorsteht. Bislang hat es Thorseby gefallen, mich warten zu lassen.« Er beugte sich vor, tauchte eines der Tücher in das heiße Wasser und wusch sich das Gesicht. »Ach, Herr im Himmel, das tut gut!«
Courtenay ergriff ebenfalls ein Tuch, feuchtete es an, rieb es mit Seife ein und wusch Nevilles Rücken und Beine damit. »Zumindest habt Ihr Euch keine Läuse eingefangen, mein Lord.«
»Psst, Robert. Wenn Thorseby das hört, lässt er mir gleich einen Eimer voll bringen!«
Courtenay lachte, und dann schwiegen
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