Gesandter des Teufels
Hochzeit mit einer Frau bereits die nächste begehrt. Er hat schon vier Gemahlinnen ermordet, um eine andere Frau zu heiraten, die sein Interesse geweckt hatte.«
Sie verstummte und blickte zu der Burg hinüber, während Katherine sie anschaute.
»Aber«, sagte Mary schließlich leise und sah Katherine an, »Ihr könnt sicher nicht nach vollziehen, welche Ängste seine Gemahlinnen ausgestanden haben müssen, denn Ihr kennt nur den Blick der Außenstehenden. Wie könnt Ihr nachempfinden, was es heißt, wenn der eigene Gemahl eine andere Frau begehrt und nicht zu wissen, wann sein Begehren so stark wird, dass er sogar einen Mord in Erwägung zieht?«
Wieder hielt sie inne und blickte Katherine mit ausdruckslosen Augen an. »Er hat meine Ländereien«, sagte sie, »und jetzt braucht er mich nicht mehr. Wie werdet Ihr Euch fühlen, Katherine von Frankreich, wenn er erst Eure Ländereien hat und auch Euch nicht mehr länger braucht?
Werdet Ihr Euch dann meiner erinnern?«
»Mary ist in einer höchst misslichen Lage«, sagte Philipp. »Wie allen anderen ist auch ihr aufgefallen, wie du Katherine heute Nachmittag angesehen hast. Dein Geheimnis ist gelüftet, und sie weiß jetzt, dass du sie nicht liebst.«
»Mary ist meine Gemahlin, und ich werde sie mit der Achtung und Liebe behandeln, die sie ...«
Philipp hieb mit der Faust auf den Tisch. »Erspar mir deine armseligen Lügen, Bolingbroke! Mary ist entbehrlich ... warum hast du sie sonst geheiratet?«
»Ich werde mich nicht meiner Gemahlin entledigen!«
»Du wirst sie vielleicht nicht erstechen oder vergiften, das nicht, aber deine Gleichgültigkeit wird sie zugrunde richten. Sie ist eine Frau, die die Liebe zum Leben braucht. Wenn du ihr diese Liebe verweigerst...«
»Du bist sicher nicht hierhergekommen, um mir Lektionen über meine Pflichten als Ehemann zu erteilen, Philipp. Was ist dein wahres Begehr?
Hast du nicht mir und meinem Onkel, dem schwarzen Prinzen, gesagt, dass du dich mit Karl und dieser heiligen Jungfrau Jeanne verbünden willst?«
Philipp zuckte theatralisch mit den Achseln. »Das war nur eine vorübergehende Notwendigkeit - das wirst du sicher verstehen. Aber der Grund für meinen Besuch? Nun, ich bin tatsächlich gekommen, um mit dir über Karl und die heilige Jungfrau zu sprechen.«
Bolingbroke sagte nichts, sondern musterte Philipp nur wachsam.
»Tatsache ist, Bolingbroke, dass wir uns beide ihren Tod wünschen.«
Bolingbroke hob die Augenbrauen.
»Ich für meinen Teil, weil ich gern auf den französischen Thron gelangen möchte. Und das wird mir nicht gelingen, solange Karl und die heilige Jungfrau Gott auf ihrer Seite haben. Und du aus zwei Gründen. Zum einen, weil auch du den französischen Thron erobern willst und ...«
»Und was ist der zweite Grund?«
»Selbst wenn du nicht den Thron willst, Bolingbroke, musst du dich Jeannes entledigen, weil sie eine tiefe Abneigung gegen dich hegt. Jeden Abend betet sie zu Gott darum, den englischen Thron und das Böse in Gestalt des englischen Königs zu vernichten.«
Philipp lachte. »Natürlich bete auch ich inbrünstig darum, dass das geschieht, doch ich bezweifle ernsthaft, dass du damit einverstanden wärst. Weißt du, mein Freund, ich habe das seltsame Gefühl, dass Jeanne nicht Richard meint, wenn sie davon spricht, den englischen König auf den Scheiterhaufen zu bringen und das Feuer von Gottes Zorn unter ihm zu entfachen. Ich glaube, dass sie in Wahrheit dich damit meint.«
»Ich bin nicht der König von England«, sagte Bolingbroke. »Ich bin verbannt worden und ...«
Philipp machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach, eine Verbannung kann von solch kurzer Dauer sein, nicht wahr? Ehrlich gesagt, zweifle ich daran, Bolingbroke, dass du auf ewig ein Flüchtling bleiben willst. Oder jedenfalls wirst du es wohl nicht mehr allzu lange sein.«
»Du glaubst doch nicht etwa, dass ich versuchen werde ...«
»Nicht so schüchtern, Bolingbroke, das passt nicht zu dir. Du hast es ebenso sehr auf den englischen Thron abgesehen wie ich auf den französischen. Ich bin nur ein wenig ehrlicher als du, was meine Ziele anbelangt.«
Bolingbroke lächelte, sagte jedoch nichts dazu, sondern sah Philipp nur an.
»Ich glaube, dass du in ... sagen wir mal, einem Monat nach England zurückkehren wirst. Du wirst den Winter in der Heimat verbringen wollen, damit Richard nicht in der Zwischenzeit seine Position festigen kann, und wenn du noch vor dem Winter etwas gegen ihn unternehmen willst, musst
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