Gesandter des Teufels
stämmig.
Auf seinem Rücken lag zusammengerollt ein Schwanz, der doppelt so lang war wie sein Leib und an dessen Spitze sich ein Fellbüschel befand.
De Vere wollte davonlaufen, doch in diesem Moment sprang ihn der Löwe an und warf ihn zu Boden.
Die Krallen des Untiers bohrten sich in de Veres Brust, und sein Atem hauchte ihm ins Gesicht. De Vere konnte nur noch schreien.
KAPITEL 5
Am Tag vor der Vigil am Fest des heiligen Ägidius und des heiligen Priskus Im zweiten Jahr der Regentschaft Richard IL
(Donnerstag, 30. August 1380) Bolingbroke ließ die Hand sinken, und die Zeit nahm wieder ihren gewohnten Lauf. Niemand hatte den Zauber bemerkt, in dem alle gefangen gewesen waren. Er hatte nur einen Augenblick lang angedauert, von dem Moment an, als Bolingbroke die Hand gehoben hatte, bis er sie wieder hatte sinken lassen.
Und dann sahen die Umstehenden, dass unter den Hufen von Richards Pferd plötzlich de Veres nackte, verstümmelte Leiche aufgetaucht war.
Neville, der einen halben Schritt hinter Bolingbroke auf seinem Pferd saß, keuchte entsetzt auf.
Richards Pferd bäumte sich verängstigt auf, und der junge König wäre um ein Haar abgeworfen worden. Als das Tier wieder mit den Vorderhufen aufkam, sah er zu Boden und stieß einen Schrei aus.
»Robert!«
Bolingbroke drehte leicht den Kopf und blickte Neville an, der ebenso erschüttert wie alle anderen den zerfleischten Leichnam unter Richards Pferd betrachtete. Neville zwang sich, den Blick von de Veres Überresten abzuwenden, und holte überrascht Luft, als er die Zeichen der Erschöpfung in Bolingbrokes Gesicht und die Mattigkeit in seinen Augen bemerkte.
Hatte ihn der kurze Kampf so sehr angestrengt, dass er nun vollkommen erschöpft war?
»Das Böse mag sich noch so sehr drehen und wenden«, flüsterte Bolingbroke Neville mit rauer Stimme zu, »der Gerechtigkeit kann es doch nicht entkommen.«
Dann wandte er sich wieder Richard zu.
»Richard«, sagte er laut, »bekennt Ihr Euch vor den Männern Englands, die hier versammelt sind, zu Eurer bösartigen Tyrannei und der Untergrabung von Recht und Gesetz zum Schaden von Adligen und Volk?«
»Was?«, rief Richard mit versagender Stimme. Sein Pferd tänzelte immer noch nervös hin und her, und Richard zog an den Zügeln, um es zum Stehen zu bringen.
»Was ?«, sagte er noch einmal. »Wenn hier einer ein Tyrann ist, dann seid Ihr es!«
Er drehte sich um und wandte sich an die Männer hinter ihm.
»Packt den Verräter!«, schrie er. »Ergreift ihn!«
Doch bevor sich irgendjemand rühren konnte, ritt Bolingbroke an Richard vorbei tief in die Menge der Reiter hinein, die sich vor ihm teilte.
Niemand streckte die Hand nach ihm aus oder wagte es, ihn anzutasten.
Er ritt zum Ende des Damms, wo dieser in die Straße überging, die durch die Felder führte, und wo die Mehrzahl der fünfundzwanzigtausend Soldaten von Richards Heer lagerte.
»Männer Englands!«, rief Bolingbroke mit seiner klaren Stimme, die ein Geschenk des Himmels selbst war, und richtete sich in den Steigbügeln auf, damit alle ihn sehen konnten.
»Ich spreche zu euch im Namen des Königreichs. Wenn ich zornig mein Schwert erhebe, dann nur dem Königreich zuliebe. Meine Landsleute, werdet ihr mich töten, der ich euch liebe und nur das Beste für euch will?
Werdet ihr mich ergreifen, wenn er es war« - Bolingbroke hob das Schwert und deutete damit auf Richard -, »der euch zu diesem nutzlosen Feldzug nach Irland geführt hat? Der euch so hohe Steuern auferlegt hat, dass ihr eure Frauen und Kinder nicht mehr ernähren könnt? Und der East Smithfield mit dem Blut eurer Brüder getränkt hat? Männer Englands! Wenn ich mein Schwert gegen den Thron erhebe, dann nur, weil sich der Mann, der auf ihm sitzt, gegen euch gewendet hat. Werdet ihr nun eure Schwerter gegen mich richten?«
Bolingbroke zog seinen Hengst herum und reckte sein Schwert so hoch in die Luft, dass sich die letzten Sonnenstrahlen darauf widerspiegelten.
»Werdet ihr der Freiheit den Rücken zukehren?«
Dann stieß er das Schwert plötzlich in den Boden vor sich, wo es mit zitterndem Griff stecken blieb.
»Männer Englands«, schrie Bolingbroke, »die Entscheidung liegt bei euch!«
Er ließ sich wieder in den Sattel zurückfallen, und sein Blick glitt über die Männer, während sich sein Hengst langsam weiter um die eigene Achse drehte.
Lange herrschte Schweigen, und schließlich war ein lautes Seufzen zu hören, als hätten alle fünfundzwanzigtausend
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