Gesandter des Teufels
Marschland zu ihm geeilt kam und ihn rettete.
Etwas glitt durch das Wasser und packte de Veres Knöchel.
Mit letzter Kraft warf er sich nach vorn und befreite seinen Knöchel aus dem Griff der Kreatur - Gütiger Himmel! Er konnte ihren fauligen Atem riechen! Ohne auf den Schmerz in seiner Schulter zu achten, kämpfte er sich weiter durch den Sumpf, während das grauenhafte Geschöpf hinter ihm erneut zum Sprung ansetzte und mit einem Brüllen und Gurgeln im Schlamm aufkam.
Etwas - irgendetwas, das nicht von dieser Welt war - fuhr mit seinen Klauen über seinen Rücken, und er spürte, wie die Krallen den Stoff seiner Tunika und seines Hemdes durchdrangen und sich in seine Haut bohrten.
Sein Atem ging jetzt nur noch stoßweise, und japsend kämpfte sich de Vere weiter voran. Er konnte an nichts anderes mehr denken als an das Geschöpf hinter ihm. Er spürte, wie sich auf seinem Rücken das Blut mit dem Wasser und dem Schlamm des Sumpfes vermischte, doch das kümmerte ihn nicht weiter. Seine Wunden konnten warten, solange er nur am Leben blieb ...
Plötzlich lichtete sich wundersamerweise das Schilfrohr und verschwand schließlich ganz. De Vere blinzelte und atmete erleichtert auf.
Nur wenige Schritte vor ihm befand sich der erhöhte Knüppeldamm.
Schluchzend vor Freude befreite er sich aus dem Morast und kroch mühsam auf Händen und Füßen auf den Damm hinauf.
Ihm fiel nicht auf, dass der Damm merkwürdig verlassen war.
Der Sumpf lag still hinter ihm. Was immer es für ein Geschöpf gewesen war, das ihn verfolgt hatte, es war offenbar wieder in das Schilf zurückgekrochen, nachdem es gemerkt hatte, dass seine Beute ihm entkommen war.
De Vere brach schwer atmend auf dem Boden des Damms zusammen, rollte sich dann auf den Rücken und sah zum Himmel hinauf.
Gott sei Dank, Gott sei Dank, Gott sei Dank ...
»Dein Gott wird dich nicht retten. Nicht hier, nicht jetzt. Nicht in meiner Zeit.«
Die kalte, boshafte Stimme ließ de Vere so heftig zusammenschrecken, dass es ihm für einen Augenblick den Atem verschlug.
Als er schließlich wieder Luft holen konnte und sich nach der Stimme umdrehte, wollte er zuerst nicht glauben, was er sah.
Es war Bolingbroke ... und doch auch wieder nicht.
Der Mann stand in etwa drei oder vier Schritt Entfernung zwischen de Vere und der Burg, die etwa eine halbe Meile weit weg war.
Er war vollkommen nackt, seine Haut schimmerte in dem schwachen Licht genauso silbrig wie sein Haar.
Und obwohl er wie ein Mensch aussah, wusste de Vere in seinem tiefsten Inneren, dass er genauso unirdisch war wie das Geschöpf, das ihn durch das Marschland gejagt hatte ...
... direkt in Bolingbrokes Arme ...
Keuchend vor Schmerz rollte sich de Vere herum und kam auf die Knie.
Bolingbroke stieß ein Knurren aus und entblößte kleine, nadelspitze Zähne.
De Vere richtete sich mühsam auf und wich ein paar Schritte zurück.
Bolingbroke kam mit solch vollkommener Anmut auf ihn zugeschritten, dass sich de Vere nicht sicher war, ob seine Füße überhaupt den Boden berührten.
»Erinnerst du dich daran«, sagte das schöne, silbrige Geschöpf namens Bolingbroke, »wie Margaret geschrien hat, als du sie missbraucht hast?«
De Vere trat einen weiteren Schritt zurück.
»Kannst du dir vorstellen, welche Schmerzen sie erlitten hat, als du sie gewaltsam genommen hast?«
De Vere blickte über die Schulter des Geschöpfs zur Burg hinüber. Er hob seinen unverletzten Arm und schrie und winkte.
Das Geschöpf lachte. »Dort ist niemand, der dich sehen oder hören könnte.«
Dann wurde es wieder ernst. »Hast du denn keinerlei Mitleid für sie empfunden, als du sie geschändet hast?«
»Bitte«, sagte de Vere, »bitte, ich tue alles, was du willst... Aber lass mich gehen ... bitte ...«
»Erst wenn ich mich mit dir vergnügt habe«, sagte das Geschöpf, »wie du dich einst mit Margaret vergnügt hast.«
In diesem Moment beugte sich das Geschöpf vor, und seine Gestalt veränderte sich. Als seine Hände den Boden berührten, besaß es nicht mehr länger den Leib eines Menschen, sondern hatte sich in einen der rot und golden schimmernden Löwen der Plantagenets verwandelt.
Allerdings glich er mehr einem Wappentier als den Löwen, die de Vere in den Käfigen des Towers gesehen hatte. Sein kantiger Kopf war riesengroß und sein Maul ein breiter, dunkler Schlitz. Verglichen mit der Größe seines Kopfes wirkte der schmale, lohfarbene Körper viel zu klein, und seine Beine waren zu kurz und
Weitere Kostenlose Bücher