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Gesang der Daemmerung

Gesang der Daemmerung

Titel: Gesang der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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dass er in arge Bedrängnis geriet. Wo war die strenge Erziehung geblieben, die sie im Pensionat erfahren hatte? Ach, er hatte ja gewusst, dass sie den Zauber ihrer Sippe in sich trug, die seit Beginn der Welt ihre magischen Netze über die Sinne von Menschen und Geistern warf! Aufstöhnend gab er sich in ihre Hände, genoss lustvoll die Unbefangenheit ihrer Erkundungen und hatte alle Mühe, seine Leidenschaft nicht außer Kontrolle geraten zu lassen.
    Er musste ihr nicht zeigen, was er sich wünschte, sie hatte es längst begriffen. Unter halb geschlossenen Lidern sah er sie an, während sie ihn ritt, sah ihre weißen Brüste tanzen, ihr gleißendes Haar um ihre Schultern fliegen, und in ihren Augen wogten türkisfarben die schaumgekrönten Meereswellen. In nie erlebtem Lustrausch versinkend gab er seinen Rhythmus mit hinein, und als er sich wild aufbäumend in ihr verströmte, hielten sie einander umfangen.
    »Maygarden«, flüsterte sie an seiner Schulter. »Ich wollte immer hierher zurückkehren, Darion. Wir werden unendlich glücklich sein!«

Kapitel 23
    Schneegeister tobten über das Anwesen hinweg, rüttelten an den Fensterläden und heulten schaurig-schöne Weisen im Kamin. Es handelte sich um gutartige Naturwesen, die einen Sinn für derbe Scherze hatten. In den Nächten bliesen sie Schneemassen vor das Landhaus und freuten sich diebisch, wenn man am Morgen Mühe hatte, die Haustür zu öffnen. Manchmal trieben sie sich tagelang in den Hügeln herum, schüttelten die kahlen Eichen, ließen die Fichten unter ihrer Last knacken und stöhnen und scheuchten das Wild tief in die Wälder hinein. Doch unter der weißen Schicht, die sie über Äcker und Wiesen legten, waren Tiere und Pflanzen vor dem tödlichen Frost geborgen.
    »Wir werden unendlich glücklich sein!«, hatte Marian vorausgesagt, und Darion war nahe daran, es zu glauben. Nie zuvor in seiner Existenz hatte er so intensiv empfunden, niemals waren Schmerz und Lust, Sehnsucht und Erfüllung so dicht beieinander gewesen. Wie jämmerlich arm war sein Leben doch gewesen, als er noch Gorians Krieger war und glaubte, in Kampf und Tod für seinen Herrn höchste Erfüllung zu finden! Jetzt, da er die Tage und Nächte in Marians Nähe verbrachte, war es, als öffnete ein Zauber sein Herz, und er fand dort eine Fülle bisher unbekannter Gefühle, die ebenso verwirrend wie beglückend anmuteten. Liebe zeigte sich nicht allein in Form der süßen Anziehung ihrer Körper und der Lust, die sie empfanden, wenn sie beieinanderlagen. Liebe war ebenso die beständige Sorge um das geliebte Wesen, die Beseeltheit, es glücklich zu sehen, die Hoffnung, sich niemals von der Geliebten trennen zu müssen. Vorerst schien ihr Glück tatsächlich vollkommen.
    Marian stellte nur wenige Fragen und gab sich mit Darions Erklärungen bereitwillig zufrieden. Sie war eine Lichtelbin und er ein Nachtschatten, doch er gehorchte nicht mehr seinem Herrn, sondern dem eigenen Herzen, war ein Abtrünniger aus Liebe zu ihr. Sie hatte auch nach dem Amulett gefragt, das er während seines Kampfes mit Gorians Boten ausgerechnet vor ihrer Tür verloren hatte. Ja, es wäre Eigentum der Elbenkönigin gewesen, gab er zu, und bei ihrer Gefangennahme vor vielen Jahren fiel es in die Hände der Nachtschatten. In der Phiole wären einige Tropfen Wasser eingeschlossen, die glühten und schäumten, wenn eine Nachkommin der Königin sang.
    »Es ist eine seltene Gabe, das Wasser bewegen zu können«, meinte er vorsichtig.
    »War das der Grund, weshalb du mich beobachten solltest? Hat sich dein Herr Gorian für mein Talent interessiert?«
    Darion schluckte, weil er jetzt doch dicht an der Lüge war, zumindest machte er sich des Verschweigens schuldig, denn er würde die Quelle des ewigen Lebens unerwähnt lassen.
    »Oh ja! Er glaubte wohl, es sich nutzbar machen zu können. Aber du hast ihn eines Besseren belehrt.«
    »Ich?«
    Er hätte sich ohrfeigen können, denn jetzt musste er ihr verraten, dass sie es gewesen war, die die Fluten der Themse aufgewühlt hatte. Marian, in ihrer Ahnungslosigkeit, hatte diese Tatsache gar nicht bemerkt, und noch viel weniger war ihr bewusst, dass sie eine bestimmte Melodie gesungen hatte. Ihrer Erinnerung nach hatte sie gar nicht gesungen, sie war einfach nur zornig und verzweifelt gewesen.
    »Im Frühling, wenn die Bäche wieder eisfrei sind, reiten wir hinaus in Wiesen und Wälder, mein Schatz«, sagte sie heiter zu ihm. »Dann werde ich ein paar Lieder singen, und wir

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