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Gesang der Daemmerung

Gesang der Daemmerung

Titel: Gesang der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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werden sehen, was die Wasserläufe dabei anstellen!«
    Er war heilfroh, dass sie die Angelegenheit damit auf sich beruhen ließ. Auch den Ehrgeiz, eine berühmte Primadonna zu werden, hatte sie ganz offensichtlich abgelegt. Sie sprach niemals über Professor Sereno und seine Schule des Belcanto, nur ihre Freundin Juliette, die dort geblieben war, schien sie zu vermissen. Stattdessen hatte sie das hübsche Landhaus schon in den ersten Tagen wieder in Besitz genommen, kümmerte sich gemeinsam mit den Crincles, die sie nun Gesira und Latar nannte, um Küche und Keller, schob die Möbel herum, zog Bücher aus den Regalen und wurde nicht müde, Darion an ihren glückseligen Erinnerungen teilhaben zu lassen.
    Dass der alternde Lord nicht ihr Vater, sondern ihr Ziehvater gewesen war, wusste sie nicht, und Darion zögerte damit, ihr die Wahrheit zu sagen, denn sie hegte große Zärtlichkeit für den alten Knaben. Nach allem, was sie berichtete, musste er tatsächlich ein sehr liebenswerter, wenn auch etwas skurriler Bursche gewesen sein. Über ihre Mutter sprachen sie wenig. Man hatte Marian damals nur gesagt, sie wäre während eines Gewitters vom Blitz erschlagen worden.
    »Wie lange willst du sie darüber noch im Ungewissen lassen?«, fragte Aladion hin und wieder, wenn Marian nicht in der Nähe weilte. »Sie hat ein Recht darauf zu erfahren, wer ihre Eltern waren. Und sie sollte auch wissen, über welche Macht ihre Vorfahrin einst verfügte.«
    »Wenn du ihr auch nur ein Sterbenswörtchen davon erzählst, ist es aus mit unserer Freundschaft!«
    »Du bist ein Narr!«, entgegnete Aladion ärgerlich. »Irgendwann wird sie es sowieso erfahren.«
    »Wieso hast du es so eilig damit? Warst du es nicht, der ihre Mutter getötet hat?«
    »Ich habe es tief bereut und gebüßt. Und ich habe Marians Leben gerettet. Aber wie auch immer sie es aufnehmen wird, ob sie mich hasst oder verachtet – sie sollte die Wahrheit erfahren, Darion!«
    »Richtig – und zwar von mir! Aber erst dann, wenn die Zeit dafür gekommen ist.«
    »Und wann wird das sein?«
    »Das ist meine Sache, Alter!«
    Die Gespräche waren kurz, und von Mal zu Mal wurde Aladion ungehaltener, doch er respektierte Darions Willen. Niemals versuchte er, Marian durch eine Frage oder Bemerkung neugierig zu machen, denn er wusste recht gut, dass die schöne Lichtelbin den Nachtschatten liebte. Aladion konnte seine Pläne nur mit Darions Einverständnis, nicht aber gegen ihn verwirklichen.
    Darion wusste nicht übermäßig viel von diesen Plänen, was nicht an Aladions mangelnder Mitteilungsbereitschaft, sondern an Darions Desinteresse lag. Er war ganz und gar mit seiner Liebe zu Marian beschäftigt – einer Liebe, für die es keinen Ort zu geben schien, da sie so verschieden wie Tag und Nacht waren. Sie hatte ihn ausgelacht, als er ihr diese Sorge anvertraute, und von diesem Augenblick an übertrafen sie sich gegenseitig in ihren Einfällen. Marian hatte gelernt, die Lampen mit zarten Seidentüchern zu bedecken, um Darions Augen zu schonen, und er gewöhnte sich an, ihr mit Worten auszumalen, was er in der Dunkelheit wahrnahm. Wenn der Himmel bedeckt war, unternahmen sie Spaziergänge durch die verschneiten Hügel, und eines Tages brachte sie ihm mit einem verschmitzten Lächeln die getönten Augengläser ihres Ziehvaters. Bald unternahmen sie Fahrten mit dem Pferdeschlitten oder Ausritte – gleich, ob die Sonne schien oder das Wetter trübe war. Die Abende und Nächte allerdings verbrachten sie im Landhaus, das von drei hohen Eichen beschirmt wurde, und Darion bestand energisch darauf, alle Fenster geschlossen zu halten.
    »Dir ist schon klar, dass ihr euch in Gefahr begebt, oder?«, murrte Aladion. »Jenseits der schützenden Eichen kann sich jeder Nachtschatten auf euch stürzen.«
    »Ich kann mit jedem Nachtschatten fertigwerden«, gab Darion großspurig zurück.
    Natürlich war ihm bewusst, dass er bei einem ganzen Geschwader von Gorians Kriegern verloren war, und Aladion zögerte keineswegs, ihm diese Tatsache unter die Nase zu reiben. Auch ließ er ihn wissen, dass er es ihm, Aladion, verdankte, dass er überhaupt an Marians Seite durch den Eichenwald reiten konnte, ohne von den schützenden Bäumen als Nachtschatten erkannt und angegriffen zu werden. Der Alte hatte sich schon in früheren Jahren häufig auf Maygarden aufgehalten, und wie es schien, war es ihm gelungen, das Vertrauen der magischen Eichen zu gewinnen.
    »Sie haben auch dich als Beschützer der Elbin

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