Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesang der Daemmerung

Gesang der Daemmerung

Titel: Gesang der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
Vom Netzwerk:
niedergelassen, lehnte den Rücken gegen einen grauen Findling und starrte in dumpfer Verzweiflung vor sich hin. Als Aladion ihn entdeckte und sich zu ihm setzte, klangen seine Lobesworte wie Hohn in Darions Ohren.
    »Ich habe dich unterschätzt, Freund. Du kämpfst ja wie ein Berserker! Wenn all meine Krieger von deiner Sorte wären, dann gehörte Gorians Palast längst uns!«
    Darion sparte sich die Bemerkung, dass er weder Aladions Krieger war noch Gelüste nach Gorians Palast verspürte, sondern auf eigene Rechnung gekämpft hatte. Es war jetzt nicht der Augenblick, um wegen solcher Dinge zu streiten. Zumal es gleichgültig war, für wen oder was er gekämpft hatte, denn er hatte kläglich versagt. Vor seinen Augen hatte man Marian davongetragen, und er war nicht imstande gewesen, die Entführung zu verhindern. Er war in dieser Nacht so dicht an seinem Ziel gewesen und dann so jämmerlich gescheitert – das war fast mehr, als ein einzelner Nachtschatten ertragen konnte. Weshalb hatte er so lange herumgestanden und Serenos Gerede in der Kutsche angehört? Kostbare Minuten hatte er vergeudet, den entscheidenden Moment verpasst, um das Schicksal noch zu seinen Gunsten zu wenden. Später, als er wie ein Irrsinniger gegen die Übermacht gekämpft hatte, war längst alles zu spät gewesen. Marian war in Gorians Hand. Das war das Schlimmste, was hatte geschehen können.
    »Wir können von Glück sagen, dass wir beide gut davongekommen sind«, versicherte Aladion nun schon zum zweiten Mal. »Verflucht – fast hätte er uns im Sack gehabt!«
    Der Abtrünnige sprach nicht davon, dass Gorian ihn regelrecht ausgetrickst hatte, er überging diese Tatsache geschickt und redete von anderen Dingen, doch Darion wusste recht gut, wie sehr der Alte sich diese Schlappe zu Herzen nahm. Gorians Boten mussten die heranrückende Armee der Abtrünnigen schon vor einigen Tagen ausgespäht haben, und der Nachtschattenherrscher hatte daraufhin die Entführung klug geplant.
    »Wir haben ihnen schwere Verluste beigebracht«, redete Aladion sich die Niederlage schön. »Sie sind geschwächt, ich würde sogar sagen: sehr verletzlich. Diese jungen Burschen sind stumpfe Draufgänger, doch wenn es darum geht, Durchhaltevermögen zu zeigen, dann versagen sie kläglich. Sogar ihre Verwundeten haben sie liegen gelassen – so etwas gab es zu meinen Zeiten nicht. Noch ist nicht aller Tage Abend, Darion! Auch wenn unser stärkster Trumpf sich jetzt in Gorians Hand befindet.«
    Darion würdigte ihn keiner Antwort. Für Aladion bedeutete Marian einfach nur einen Trumpf, den er nun an den Gegner verloren hatte. Dem war nichts hinzuzufügen – es wäre schade um jedes Wort gewesen. Als nun einige Boten auftauchten, die Aladions Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen, blieb Darion ruhig bei seinem Findling sitzen. Er war weder Aladions Freund noch sein Kampfgenosse – sollte dieser seine Angelegenheiten ruhig ohne ihn regeln!
    Die Erd- und Wassergeister waren zu ihnen gestoßen und veranstalteten nicht wenig Geschrei um die missglückte Schlacht. Auch die Gnome mischten sich ein, hatten tausend Ratschläge, wie man es hätte klüger anfangen können, und jammerten über die entwurzelten Bäume. Nur die Lichtelben waren bisher nicht erschienen. Sie steckten noch irgendwo in einem Wäldchen nahe der schottischen Grenze und ließen ausrichten, dass man einen Tag pausieren müsste, da die Kinder zu müde wären und zwei der älteren Herren an einem Gichtanfall litten.
    Darion verfolgte mit einem bitteren Grinsen, wie Aladion sich mit den Anführern der Wasser- und der Erdgeister herumärgerte und schließlich die Gnome mit dem Versprechen beschwichtigte, in Zukunft ihren Rat vor einem Kampf einzuholen. Die Enttäuschung seiner Bundesgenossen wusste er durch allerlei Versprechen rasch wieder in frohe Zuversicht umzuwandeln, und Darion erfuhr zu seiner Verblüffung, dass Aladion nichts Geringeres plante als die Belagerung und Einnahme von Gorians Palast.
    »Wir werden es dieses Mal gründlich vorbereiten. All meine Nachtschattenkrieger kennen Gorians Palast, und ihr Erd- und Wassergeister werdet uns eine große Hilfe sein! Natürlich auch die Gnome …«
    »Und wo befindet sich dieser Palast?«
    »Es ist eine felsige Halbinsel weit im Norden …«
    Darion blinzelte in die ersten goldfarbenen Sonnenstrahlen, die den Nebel durchdrangen, seine Augen tränten dabei, aber er empfand nicht mehr den stechenden Schmerz, den er früher bei solchem Licht gespürt hatte.

Weitere Kostenlose Bücher