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Gesang des Drachen

Gesang des Drachen

Titel: Gesang des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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der Tür um. »Wollen wir nach dem Abendgebet eine Partie Schach spielen?«
    Rimmzahn neigte den Kopf, als wäre er ein Herrscher, der einen übereifrigen Lakaien bremsen wollte. »Ich werde es dich wissen lassen.«
    Maurice lächelte und schloss die Tür.
    »Was zur Hölle ist denn hier los?«, fragte Cedric lauter als nötig. Er wollte, dass die Wachen, die zweifellos die Hütte umstellten, hörten, welchen Tonfall er im Gespräch mit dem Propheten anschlug. Ich habe keine Angst vor ihm, wollte er damit signalisieren, doch in Wirklichkeit war er nervös.
    »Das ist eine Angelegenheit unter Gläubigen«, sagte Rimmzahn. Er zeigte auf den Tisch. »Setzt euch.«
    Bricius schüttelte den Kopf. »Ich ziehe es vor zu stehen.«
    »Ich auch.« Cedric nahm an, dass der Iolair ebenso wie er dem Schattenelfen nicht näher als nötig kommen wollte. Die diffuse Gestalt strahlte etwas so Verdorbenes und Schmutziges aus, dass allein der Gedanke, sie zu berühren, Cedric anwiderte.
    »Wie ihr wollt.« Rimmzahn lehnte sich an die Tischkante. Cedric konnte das Fenster hinter dem Schattenelfen sehen.
    War er immer schon so durchscheinend?, fragte er sich kurz. Dann sprach Rimmzahn auch schon weiter. »Wieso fordert ihr mich heraus?«
    »Wieso vergreift ihr euch an Kindern?«, entgegnete Bricius. Seine Stimme klang ruhig, aber Cedric hörte die Wut darin.
    »Wir ...« Rimmzahn zögerte. Erneut schien er auf etwas in seinem Kopf zu lauschen. »Die Kinder sind unser größter Schatz. Wir sorgen nur dafür, dass ihnen nichts geschieht.«
    »Du lässt sie entführen, damit ihre Familien es nicht wagen, sich gegen dich zu stellen.«
    Rimmzahn sah Bricius an und lachte. »Hast du wirklich den Eindruck, dass ich das nötig habe? Hörst du sie da draußen nicht beten? Der Schattenlord braucht keine Geiseln. Er hat mehr als genug Gläubige.«
    »Glaubst du?«, fragte Cedric.
    Einen Moment lang schwieg Rimmzahn, dann schüttelte er den Kopf. »Ich glaube nicht, ich weiß.«
    Er stieß sich von der Tischkante ab und ging langsam auf und ab. Cedric und Bricius wichen zurück, um dem Schattenelfen aus dem Weg zu gehen.
    »Aber ihr lenkt von der eigentlichen Frage ab«, fuhr Rimmzahn fort. »Was soll ich jetzt mit euch machen?«
    Es wurde still in der Hütte. Draußen fingen die Gläubigen an zu singen. Rimmzahn blieb stehen und seufzte theatralisch. »Sagt es mir.«
    Cedric räusperte sich. »Du lässt Bricius gehen und bestrafst mich.« Er hob die Hand, bevor der Iolair widersprechen konnte. »Lass mich ausreden.«
    Dann wandte er sich wieder an Rimmzahn. »Ich habe keinen großen Einfluss hier im Krater. Wenn du mich bestrafst, werden einige Leute verdammt sauer sein, aber wenn du Bricius auch nur ein Blatt ausreißt, werden die Iolair, die noch auf seiner Seite stehen, sich gegen dich erheben. Dann wirst du dich mit einem Bürgerkrieg herumschlagen müssen.«
    »Den ich gewinnen würde«, sagte Rimmzahn.
    »Vielleicht, aber mit großen Verlusten. Wenn du wegen einer solchen Kleinigkeit Hunderte in den Tod rennen lassen willst, bitte sehr. Mir ist das egal.«
    Rimmzahn wirkte nachdenklich, Bricius schüttelte den Kopf. »Ich werde nicht zulassen, dass du dich für mich opferst.«
    »Wer sagt etwas von Opfern?« Cedric versuchte, Arroganz und Selbstsicherheit in seine Worte zu legen, obwohl seine Hände schweißnass waren. Er spielte mit seinem Leben, das wusste er. »Rimmzahn wird mich nicht töten.«
    »Werde ich nicht? Du hast doch selbst gesagt, dass dein Einfluss hier gering ist. Niemand wird wegen deines Todes einen Krieg anzetteln.«
    Cedric sah Rimmzahn an. »Das ist richtig, aber du vergisst etwas. Es gibt nach wie vor einen Sucher unter uns, der sich nicht offenbart hat. Was, glaubst du, wird der tun, wenn ich vor seinen Augen hingerichtet werde? Wir Elfen sind ein nachtragendes Volk, Norbert. Deine ganze Kopfkrankenarmee da draußen könnte dich vor der Rache des letzten Suchers nicht bewahren. Das schwöre ich dir.«
    Es war ein gewagter Plan, der darauf basierte, dass Rimmzahn trotz seiner Verbindung zum Schattenlord stets als Erstes an sich selbst dachte. Seit dem Absturz hatte er wiederholt bewiesen, dass ihm kein Prinzip zu heilig und kein Mensch wichtig genug war, um sein Eigeninteresse zurückzustellen.
    Ich verwette mein Leben darauf, dass sich daran nichts geändert hat, dachte Cedric. Sein Mund wurde trocken, als Rimmzahn sich wortlos umdrehte, die Tür öffnete und die Hütte verließ. Draußen verstummte der Gesang.
    »Was

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