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Gesang des Drachen

Gesang des Drachen

Titel: Gesang des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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musste es aber, wenn er das Beste aus der Situation machen wollte. Seine Krieger waren Rimmzahn bekannt, ihre Zauber konnte der Schattenlord durchschauen. Eroly dagegen besaß ihre eigenen Mittel, durch Verschlagenheit und Hinterlist an ihr Ziel zu kommen. Außerdem war sie eine Meisterin der Illusion.
    »Ich biete dir die Aussicht auf Freiheit. Oder willst du dem Schattenlord dienen?«, fragte er zurück.
    Die Versammelten hielten den Atem an. Einem Elfen fiel vor Schreck ein grünes Blatt aus dem reich bewachsenen Kopf.
    Eroly breitete die Arme aus. »Natürlich nicht. In diesem Fall werde ich keine Gegenleistung verlangen.« Sie blinzelte, als fiele ihr wieder ein, dass sie sich weit außerhalb ihrer sicheren Umgebung befand und sie mitten unter Kriegern stand.
    »Gut.« Deochar nickte in die Runde. »Und nun macht euch Gedanken. Ich möchte Vorschläge hören, wie wir den Vulkan zurückerobern und den Schattenlord in die Schranken weisen können. Wenn uns das gelingt, retten wir auch die Kinder.«

17.
    Hinter der Maske
     
    Simon ließ das Tuch durch die Finger gleiten. Es bestand aus dunkler Seide und roch nach Magie.
    Sehr starker Magie, dachte er.
    Ein Bote von Bricius hatte es ihm heimlich beim Frühstück zugesteckt, mit dem geflüsterten Hinweis, es über die Schultern zu legen, wenn er seinen Bewachern entkommen wolle, und sich am Mittag hinter Uryas geschlossener Garküche einzufinden.
    Simon sah sich um. Frans hatte ihn mit einigen anderen zum Feuerholzschlagen eingeteilt. Seit Frans die Leitung der Arbeitsgruppen übernommen hatte, wurden die Sucher voneinander getrennt, deshalb wusste Simon nicht, ob auch Cedric und Emma ein solches Tuch erhalten hatten. Er nahm es jedoch an. Bricius hatte schon länger darüber nachgedacht, die Treffen an einen sichereren Ort zu verlegen, vielleicht hatte er den nun gefunden. Das war überfällig. Simon hatte ihn vor Tagen gebeten, ein neues Treffen anzuberaumen, und seitdem hatte sich die Lage im Krater weiter verschärft, was vor allem Frans' schlechter Laune zu verdanken war.
    Maurices Aufstieg zur rechten Hand des Propheten passt ihm nicht, dachte Simon. Rimmzahn umgab sich mittlerweile ständig mit dem Franzosen, während Frans nur aus der Ferne zusehen konnte. Seine Unzufriedenheit über diese neue Lage entlud sich in willkürlichen Bestrafungen und Einschränkungen. Nur zwei Tage zuvor hatte er verkündet, die Ungläubigen dürften das Lager nach Anbruch der Dunkelheit bis zur Dämmerung nicht mehr verlassen. Angeblich waren Gemüse und Getreide von den Feldern gestohlen worden, eine Lüge, mit der er ihr Leben nur noch unangenehmer machen wollte.
    Die Einschränkungen zeigten bereits Wirkung. Die Gruppe der Ungläubigen wurde stetig kleiner. Sogar Anais war zu den Schattenlordanhängern übergelaufen, nur zum Schein, hatte sie gesagt, aber Simon wusste, dass das nicht so bleiben würde. Früher oder später verfiel jeder, der sich mit den Gläubigen einließ, ihrem Wahn.
    »Was stehst du hier herum?« Ein Stoß traf seine Schulter.
    Simon stolperte, fing sich jedoch, bevor er in die frisch geschlagenen Holzscheite fallen konnte. Hastig steckte er das Tuch in seine Hosentasche. Dann drehte er sich um und sah Frans an. »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich habe nachgedacht und darüber meine Arbeit vergessen.«
    Frans stemmte die Hände in die Hüften. Das Hemd spannte sich über seinem Bauch. Er gehörte zu den wenigen Menschen, die seit der Machtübernahme des Schattenlords zugenommen hatten.
    »Das ist das Problem mit euch Ungläubigen«, sagte er so laut, dass es auch die anderen aus Simons Gruppe hören konnten. »Ihr denkt, anstatt zu arbeiten und zu beten. Aber das werden wir euch schon noch austreiben.« Er sah sich mit provozierendem Blick um, doch niemand reagierte auf seine Worte.
    Simon zog die Axt aus dem Holzklotz, auf dem er die Scheite spaltete. »Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich jetzt gern weitermachen.«
    Frans zögerte, fragte sich wohl, wie er Simons Antwort gegen ihn verwenden konnte. Inmitten der Kopftuchträger, von denen die Gruppe bewacht wurde, fühlte er sich stark.
    Ihm schien nichts einzufallen, denn er wandte sich ab. »Beeile dich, sonst kürze ich deine Rationen weiter.«
    Simon nickte. Der Gedanke an das, was er herausgefunden hatte, gab ihm die Kraft, Frans' Provokationen zu ignorieren. Er warf einen Blick in den wolkenlosen Himmel. Es war fast Mittag. Er spaltete einige weitere Scheite, dann legte er die Axt wieder

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