Gesang des Drachen
kannst, ja. Wie trennen wir Rimmzahn von dem Schattenelfen?«
Sie legt den Finger mitten in die Wunde, dachte er. Cedric und Bricius sahen ihn erwartungsvoll an. Simon drehte den Bierkrug zwischen seinen Händen. »Das ist leider ein Prob...«
Die Tür wurde aufgestoßen. »Eine wirklich exzellente Frage«, sagte eine Stimme.
Cedric und Emma sprangen auf. Simon, der mit dem Rücken zum Eingang saß, drehte den Kopf.
Im Türrahmen stand eine Frau, deren Schönheit ihm beinahe den Atem raubte. Und daneben ... Maurice.
Bricius griff nach dem Messer, das neben seinem Teller lag. »Ich habe geahnt, dass du uns verraten würdest, Eroly.«
»Bitte keine Anschuldigungen.« Maurice hob beruhigend die Hände. »Eroly hat niemanden verraten. Wir haben uns nur zufällig – nun nicht ganz zufällig, schließlich habe ich ja nach euch gesucht – draußen getroffen, und sie war so freundlich, mich zu euch zu bringen.«
»Was man als Verrat bezeichnen könnte«, sagte Cedric trocken. Er täuschte Ruhe vor, lauschte jedoch angespannt auf Geräusche. Maurice war sicherlich nicht allein aufgetaucht. Wahrscheinlich befand sich schon eine ganze Armee von Kopftuchträgern in dem Gewölbe. Doch er hörte nichts.
»Nein, das würde ich so nicht sagen.« Maurice lächelte und schob die Hand unter die Haare an seiner Schläfe. Cedric blinzelte, als er sah, was sich darunter befand.
Wieso hat er Elfenohren?
Simon und Emma warfen sich einen kurzen Blick zu. Bricius ließ das Messer langsam sinken.
Cedric erholte sich als Erster von seiner Überraschung. »Du ...« Er konnte die Worte kaum aussprechen, so irreal erschienen sie ihm. »Du bist einer von uns?«
Maurice deutete eine Verbeugung an. »Wenn ich mich vorstellen darf: Sucher Nummer zwei. Ich habe den Schattenlord entdeckt und uns damit den ganzen Schlamassel leider eingebrockt.« Er ging zum Buffet, nahm den Deckel von einem Topf und sah hinein. »Sind das etwa Muscheln? Die habe ich schon lange nicht mehr gegessen.«
Während er sich einen Teller nahm, beobachtete Cedric ihn. Der Zweite Sucher sah zwar aus wie der Maurice, den er kannte, doch er strahlte auf einmal Selbstsicherheit und Kraft aus. Seine Körpersprache hatte sich völlig verändert; auch seine Stimme klang anders, dunkler und ironischer.
»Du hast dir Zeit gelassen«, sagte Emma. »Wir befürchteten schon, du wärst längst tot.«
Maurice zog sich einen Stuhl heran und nahm am Tisch Platz. Eroly schloss die Tür, blieb aber im Raum stehen.
»Er hat sich mir draußen offenbart«, sagte sie. Ihr Blick richtete sich auf Bricius. »Dein Misstrauen war wieder einmal unbegründet.«
»Ich habe dich falsch eingeschätzt«, sagte der Elf steif. Cedric erwartete, dass er eine Entschuldigung anhängen würde, doch die blieb aus.
Maurice lachte. »Man schätzt mich auch gern falsch ein, Eroly, mach dir nichts draus.« Sein Blick glitt über die anderen am Tisch. »Ich hätte mich beinahe bei dem ersten Kampf gegen den Schattenlord offenbart, nachdem ich Rimmzahn ja schon verraten hatte, aber zum Glück habe ich zu lange gezögert. Wir können uns ja alle vorstellen, wie das ausgegangen wäre.«
Cedric nickte. Maurice hatte die richtige Entscheidung getroffen.
»Danach habe ich mich möglichst reumütig und verschüchtert gegeben, bis ich herausfand, dass ihr diese vier Elfenjungs als Boten einsetzt.«
»Du hast Marcas entführt, um Rimmzahn zu täuschen?«
»Ja.« Maurice wischte sich die Finger an einer Stoffserviette ab. »Ich muss mich bei dem kleinen Tintenfisch noch entschuldigen und bei den anderen wohl ebenso. Das war wirklich nicht nett, aber ich hatte keine andere Möglichkeit. Ich musste Rimmzahn irgendetwas geben.« Er schüttelte den Kopf. »Ihr würdet nicht glauben, wie einfach das war. Ein paar Tränen, ein paar Namen, die er sich ohnehin denken konnte, und eine rührende Geschichte über meine Wiederentdeckung des wahren Glaubens, und schon war Rimmzahn überzeugt. Seit er den Propheten spielt, hat er intellektuell stark abgebaut. Sein Schachspiel hat auch gelitten.«
Cedric öffnete den Mund, um etwas zu fragen, aber Maurice ließ ihn nicht zu Wort kommen. Mit einem fettglänzenden Finger zeigte er auf die anderen am Tisch. »Euch am Leben zu erhalten war da schon wesentlich schwieriger. Ihr habt wirklich euer Bestes gegeben, um euch umbringen zu lassen, vor allem Bricius und Cedric, obwohl deine Geistreise auch keine Sternstunde war, Simon.«
Er machte eine kurze Pause. Cedric hatte
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