Gesang des Meeres - Feehan, C: Gesang des Meeres - Turbulent Sea (6 - Joley u. Ilya Prakenskii)
ein Kodex, mit dem er in einer Welt voller Gewalttätigkeit leben konnte. Es gab ein oder zwei Dinge, die ihn rotsehen ließen, und das wussten seine Bosse. Die Misshandlung von Frauen und Kindern. Davon hatte er als Kind zu viel gesehen und selbst erlebt, und genau das duldete er nicht. Daher bekam er oft die Aufträge, die eher eine Säuberungsaktion als Verhaftungen erforderten – wie sein jetziger Auftrag.
Die Zweige eines Strauchs neigten sich dem Wind entgegen. Das konnte nicht sein. Wieder zerbrach ein Zweig. Laut. Zu laut. Er drehte sich schleunigst um und fühlte, wie das Messer über seine Rippen ratschte, während er draufschlug und es gleichzeitig von sich stieß. Ein zweiter Angreifer hatte sich von hinten an ihn herangeschlichen. Das Messer steckte nur deshalb nicht in seinem Herzen, weil Ilja sein Bild ein wenig verschwimmen ließ und sein Angreifer ihn erst gesehen hatte, als er beinah über ihn gefallen wäre. Er hatte mit dem Messer zugestochen, statt seine Waffe abzufeuern.
Ilja trat gegen den Arm des Mannes, durchschlug Knochen, riss seinen Angreifer schleunigst herum und brachte ihn zwischen seinen eigenen Körper und den schwankenden Busch. Schüsse wurden abgegeben, und Kugeln versanken in seinem
menschlichen Schild. Ilja schleifte den schweren Toten mit sich, bis er halbwegs in Deckung war. Dann ließ er die Leiche fallen, warf sich auf den Boden und kroch rasch in dichteres Gestrüpp. Sowie er sich für den Moment sicher fühlte, riss er mit den Zähnen einen weiteren Streifen aus seinem Hemd und verband seine Wunde.
Wieder wartete er lautlos. Minuten vergingen. Die Schüsse mussten zwangsläufig die Aufmerksamkeit Außenstehender auf sich gelenkt haben. Geduld war ein Luxus, den er sich nicht leisten konnte. Also setzte er sich in Bewegung und kroch auf den letzten Mann zu, der noch übrig war. Er konnte den schweren Atem des Mannes hören, mittlerweile ein Krächzen, da die Luft aus einer vor Angst überwältigten Lunge drang.
Der letzte seiner Angreifer beschloss, sich in Sicherheit zu bringen. Er zog sich langsam durch das Unterholz zurück, wobei kleine Zweige zerbrachen und trockenes Laub raschelte. Ilja bestimmte seinen genauen Standort und rollte sich ihm schnell entgegen, sprang auf und feuerte rasch hintereinander mehrere Schüsse ab. Der Angreifer krümmte sich auf dem Boden. Ilja hielt die Waffe weiterhin auf ihn gerichtet, während er zu ihm kroch. Er legte ihm einen Finger auf den Hals und fand keinen Puls. Anschließend verbrachte Ilja etliche Minuten damit, das Messer zu suchen, das seine Rippen gestreift hatte, und es an sich zu bringen, um den Tatort relativ sauber zurückzulassen.
Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr und fluchte. Joleys Auftritt würde demnächst enden. Die Vorahnung eines drohenden Ungücks hatte sich nicht gelegt. Die Gefahr, die er nahen gefühlt hatte, war also nicht nur dieses Killerteam gewesen. Er musste schleunigst zu Joley zurückkehren.
Ilja ist nicht im Stadion. Joley konnte sich vor Sorge kaum konzentrieren. Sie war so besorgt, dass sie versucht hatte, telepathisch
Kontakt aufzunehmen und sich mit ihm in Verbindung zu setzen. Er hatte ihr nicht geantwortet. Voller Unbehagen sah sie die Mitglieder ihrer Band an. Normalerweise gehörte das Staples Center in Los Angeles zu ihren bevorzugten Auftrittsorten, aber diesmal verlieh ihr der Gedanke, heute Abend hier aufzutreten, nicht etwa zusätzliche Energien, sondern erschreckte sie sogar.
Sie hatte ein ungutes Gefühl. Ein entsetzliches Grauen, das sie nicht abschütteln konnte, versetzte ihren Magen in Aufruhr.
»Mach schon, Joley, zieh dich um. Wir haben nur noch ein paar Minuten bis zu unserem Auftritt«, sagte Logan und sah Trish hilfesuchend an.
Trish brachte Logan mit einem schnellen Blick zum Schweigen und lächelte Joley strahlend an. »Logan kann nach dem Baby sehen, während ich dir helfe.«
»Zehn Minuten, Trish«, rief ihr Jerry ins Gedächtnis.
Joley merkte, dass alle sie mit größter Vorsicht behandelten. Sie wusste, dass sie glaubten, um ihren Arm, der geschwollen war und blaue Flecken hatte, aber schnell heilte, stünde es viel schlimmer, als es in Wirklichkeit der Fall war. Nur Trish und Brian kannten die Wahrheit. Sie sehnte sich nach dem falschen Mann. Nachts, wenn sie nicht schlafen konnte, sprach er mit ihr. Sie hätte gern gebettelt und ihn angefleht, zu ihr zu kommen, doch sie war stumm geblieben. Wenn sie von Brian erwartete, dass er sich von Nikitin
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