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Geschäfte mit der Ewigkeit

Geschäfte mit der Ewigkeit

Titel: Geschäfte mit der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clifford D. Simak
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Geschichte erhalten. Wie war es nur gewesen? Eine alte Frau, eine Ururgroßmutter in einem vergessenen Nest in Mitteleuropa, war auf dem Weg zur Kirche gewesen, als ein plötzlicher Regen aufkam. Sie suchte Schutz in einer nahegelegenen Hütte, und dann warf sie in einer plötzlichen Eingebung den Rosenkranz vor die Tür und befahl dem Regen aufzuhören. Und es hörte tatsächlich zu regnen auf, und die Sonne kam zum Vorschein. Sie hatte für den Rest ihres Lebens geglaubt, daß der Rosenkranz den Regen vertrieben hatte. Und ihre Nachkommen, die den Rosenkranz weitervererbten, hatten auch fest daran geglaubt.
    Das waren natürlich nur die äußeren Zeichen des Glaubens, aber zumindest halfen sie, ihn zu stärken.
    Wenn er nur etwas von dem Glauben der alten Frau besessen hätte, hätte er dem Mann helfen können. Dem einen Mann von Tausenden, der den Glauben brauchte.
    Er erinnerte sich wieder an das Gesicht des Mannes – an die schreckgeweiteten Augen, an die widerspenstigen Haare und die hohen, scharfen Backenknochen.
    Es war ein bekanntes Gesicht. Vielleicht das Gesicht eines ausgehöhlten Menschen – das Gesicht der Menschheit überhaupt.
    Aber es war noch etwas anderes. Er wußte, daß er das Gesicht vor nicht allzu langer Zeit gesehen hatte.
    Und plötzlich kam die Erinnerung in aller Schärfe und Klarheit: Das gleiche Gesicht hatte ihn heute aus der Morgenzeitung angestarrt.
    Und diesen Mann hatte er im Stich gelassen, dachte er müde. Diesen Mann, dem nichts als der Glaube blieb, absolut nichts als die Hoffnung auf echten Glauben.
    Der Mann, der die Kirche betreten und mit leerem Herzen verlassen hatte, war Franklin Chapman gewesen.

 
12
     
    Frost riß die Tür mit einer heftigen Bewegung auf. Sein ganzer Körper hatte sich angespannt. Wer mochte draußen stehen?
    Es war eine Frau, kühl und gelassen. Das schwache Licht der Korridorlampe schimmerte in ihrem dunklen Haar.
    »Sind Sie Mister Frost?« fragte sie.
    Frost unterdrückte sein Erstaunen. Er war erleichtert.
    »Ja«, sagte er. »Möchten Sie hereinkommen?«
    Sie überquerte den Korridor.
    »Ich hoffe, daß ich Sie nicht störe. Mein Name ist Ann Harrison.«
    »Ann Harrison«, wiederholte er. »Freut mich, Sie kennenzulernen. Sind Sie ...«
    »Ja«, sagte sie. »Ich habe Franklin Chapman verteidigt.«
    »Ich sah die Bilder in der Zeitung. Ich hätte Sie gleich erkennen müssen.«
    »Mister Frost«, sagte sie, »ich will offen sein. Ich habe Ihnen nachspioniert. Ich hätte anrufen können, aber ich befürchtete, daß Sie mich abweisen würden, und so kam ich her. Nun hoffe ich, daß Sie mich nicht hinauswerfen.«
    »Aber nein«, erklärte Frost. »Weshalb denn? Möchten Sie nicht Platz nehmen?«
    Sie setzte sich in seinen Lehnstuhl. Sie ist hübsch, dachte er, aber hinter ihrer Schönheit steckt Härte.
    »Ich brauche Ihre Hilfe«, sagte sie.
    Er ging zu einem anderen Stuhl, setzte sich und zögerte ein wenig.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Man gab mir den Tip, daß Sie ein umgänglicher Mann seien, daß man mit Ihnen sprechen könnte.«
    »Mann?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das ist nicht so wichtig. Ich höre viel. Darf ich sprechen?«
    »Gern«, erklärte er. »Ob ich Ihnen helfen kann, ist eine andere Frage.«
    »Wir werden sehen. Es ist wegen Franklin Chapman ...«
    »Sie haben für ihn getan, was Sie konnten«, sagte Frost. »Er hatte keine Chance.«
    »Das ist es ja«, sagte sie. »Es war einfach nicht gerecht.«
    »Es war Gesetz«, meinte Frost.
    »Ja, das stimmt. Und ich lebe durch das Gesetz. Oder ich sollte es zumindest. Aber in meinem Beruf kann man recht gut zwischen Gesetz und Gerechtigkeit unterscheiden. Es ist einfach nicht gerecht, einem Menschen die Chance zu einem zweiten Leben zu nehmen. Gewiß, durch unvorhergesehene Umstände kam Chapman zu spät an, und eine Frau verlor ihr Recht auf ein zweites Leben. Aber daraus zu folgern, daß auch Chapman nicht weiterleben dürfte, ist falsch. Das wäre wieder das alte Prinzip ›Auge um Auge, Zahn um Zahn‹. Als intelligente Rasse sollten wir über diesen Dingen stehen. Gibt es nicht so etwas wie Gnade? Gibt es kein Mitleid? Müssen wir auf alte Stammesgesetze zurückgreifen?«
    »Wir leben zwischen zwei Kulturstufen«, sagte Frost. »Wir verändern unsere alte Lebensweise. Die alten Regeln gelten nicht mehr, aber es ist noch zu früh, neue anzuwenden. Wir mußten Festsetzungen treffen, die uns die Übergangsperiode erleichtern würden. Und diese Festsetzungen mußten vor allem eines

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