Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman
Schälchen mit Katzenfutter vor die Nase stellte, drehte er sich weg und verschmähte die milde Gabe demonstrativ.
Karlo zuckte mit den Schultern. Er steckte sein Kopfkissen, den Schlafsack und die dicke dunkelbraune Wolldecke in einen blauen Müllsack, den er mit Paketklebeband verschloss und neben dem Feldbett deponierte. Seine neue Bleibe war schließlich vollständig ausgestattet, so dass er nur wenige seiner Habseligkeiten in den Seitenwagen der betagten MZ packen musste. Der ältliche Zweitakter aus der sozialistischen Produktion der ehemaligen DDR gehörte eigentlich seinem Freund Wolfhard Kuhl. Er war eine Dauerleihgabe, damit Karlo einigermaßen mobil sein konnte, sei es, um zur Arbeit zu kommen oder vielleicht auch nur einmal eine Ausfahrt des Motorradclubs mitmachen zu können.
Nun stand das Motorradgespann vor dem Haus in der Baumertstraße, Karlos weißer Halbschalenhelm hing lässig über dem Lenker. Er blickte kurz auf seine Armbanduhr. Schon fast neunzehn Uhr.
Karlo hob den Kasten Köstritzer Schwarzbier mit der rechten Hand aus dem Beiwagen und ächzte leise dabei. Mit der Linken angelte er sich seinen Helm. Vor der Haustür angekommen, stellte er den Kasten ab. Er schloss auf, griff sich den Kasten wieder, betrat das Treppenhaus und steuerte auf die Holztreppe zu.
Die Kiste Bier war das größte Gepäckstück, das er eingeladen hatte. Sein Durst veranlasste ihn, die Kiste nicht erst in den Keller zu schleppen. Er beabsichtigte, sie im zweiten Stock in die Küche zu stellen und einige Flaschen daraus im Kühlschrank zu lagern. Die meisten anderen Sachen hatte er in den Keller geschafft.
In der Wohnung selbst hatte er keine persönlichen Gegenstände aus dem Besitz von Walter Habicht mehr gefunden. Lediglich im Bad war noch ein Becher mit Zahnputzzeug, auf der Ablage unter dem Spiegel lag eine Haarbürste. Eine angebrochene Flasche Shampoo befand sich in der Dusche, ein Kulturbeutel stand auf dem Boden davor herum und auf dem Waschbecken klebte der Rest eines Stückes Seife. Karlo raffte die Sachen eilig zusammen und stopfte sie in den kleinen Abfalleimer, der unter dem Waschbecken stand.
Als er die Wendeltreppe vom ersten Stock zu den Gemeinschaftsräumen emporstieg, hörte er schwülstige Filmmusik und einige Stimmen. Der Fernseher lief. Karlo stellte den Kasten neben die oberste Stufe und schaute sich um. Ein dunkelhaariger Mann belegte einen Teil der Wohnlandschaft. Er hatte sich ein Kissen unter den Kopf geschoben, seine Füße waren hochgelegt und steckten in weißen Tennissocken. Seine Beine wurden von einer Jogginghose aus hellblauer Ballonseide verhüllt, über deren Bund schlaff und traurig ein kleines Bäuchlein hing. Vor der Couch stand ein Paar dunkelblauer Badelatschen aus Plastik.
„Auf den Schirm!“, schallte Karlo ein schneidiger Befehl entgegen. Er zuckte zusammen, dann bemerkte er Captain Jean-Luc Picard auf dem Bildschirm. Das Raumschiff Enterprise war noch immer unterwegs. Zumindest für manche Privatsender und ihr kritikloses Publikum, das sich ständig mit den alten, ewig gleichen Massenproduktionen berieseln ließ. Einzig die zahllosen Werbepausen waren noch nerviger als das eigentliche Programm. Wesentlich präsenter hingegen als die in die Jahre gekommene Science-Fiction-Serie war das Schnarchen, das aus dem weit geöffneten Rachen des Mannes mit der Jogginghose drang. Im Raum roch es säuerlich, irgendwie ungewaschen, nach abgestandenem Schweiß. Karlo wurde den Verdacht nicht los, die Quelle dieser Luftverschmutzung liege hier vor ihm auf der Couch.
Er rümpfte die Nase, schnappte den Bierkasten und trug ihn in die Küche. Viel war es nicht, was sich im Kühlschrank befand. Karlo ging in die Hocke und stellte sechs Flaschen in das untere Regal der Kühlschranktür. Ein schlurfendes Geräusch hinter seinem Rücken ließ ihn herumfahren.
„He, wer bist’n du? Was hast du hier zu suchen?“, klang es Karlo misstrauisch entgegen.
Karlos Blick streifte zuerst über die blauen Badelatschen, bahnte sich dann seinen Weg über die Jogginghose, die um ein paar dürre Beine schlotterte, blieb kurz an dem im Stehen noch trauriger wirkenden Bäuchlein hängen, über das notdürftig ein ehemals weißes Feinripp-Unterhemd gezogen war, und verharrte dann auf dem mürrischen, unrasierten Gesicht, das von fettigen, fast schwarzen Haaren umrahmt wurde.
„Ich wohne hier“, gab Karlo lapidar zurück, hielt dem Blick des Mannes stand und wartete auf eine Reaktion.
„Ach, der
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