Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
führten aus der Stadt zum Tempel; auf ihnen mußte man vor dem Thore des Tempels
die Schuhe ausziehen ehe man weiter gehen durfte. In dem Sonnentempel sprudelten an verschiedenen Stellen fünf Quellen aus
goldenen Röhren in steinerne, goldene und silberne Becken, in welchen die Opfer je nach ihrer Wichtigkeit oder nach dem höhern
Grade der Feierlichkeit abgewaschen wurden. Die Röhren welche das Wasser herbeileiteten, lagen unter dem Boden und waren mit
Steinen übermauert. Mit dem Tempel war ein Garten verbunden, der ganz von Gold und Silber starrte und in dem sich eine Masse
von Thieren, Figuren, Schlangen u. s. w. alle aus reinem Gold und Silber befanden, ganz so wie in den Palästen und Gärten
der Incas. Bei allen Festen die man jährlich beging, opferte man dem Sonnengott eine ungeheure Masse Gold und Silber, eine
Menge Goldschmiede arbeiteten beständig, um stets neue Verschönerungen für den Tempel hervorzubringen; sie fertigten fortwährend
eine große Anzahl dem Tempeldienst geweihter Geschirre, als Töpfe, Vasen, Kohlenbecken, kurz alle Gerätschaften bis zur Gartenhacke
und zum Rechen, so daß man den Tempel mit seiner Umgebung in Wahrheit Coricancha (Goldviertel) nennen konnte. Alle übrigen
in den Provinzen befindlichen Tempel waren nach dem Muster des Hauptsonnentempels erbaut. Jeder Curaca beeiferte sich den
Tempel seiner Provinz so viel als möglich durch Gold und Silber zu verschönern; auch waren alle, wie der zu Cuzco, mit Gold
und Silberplatten bedeckt. Die nächsten Verwandten der Curacas waren Priester der Sonne; doch der Oberpriester in jeder Provinz
mußte ein Inca aus königlichem Stamme seyn, damit überall der Gottesdienst dem in der Hauptstadt üblichen gleich bleibe.
Unter den berühmtesten Tempeln die dem Sonnengott in Peru geweiht waren, zeichnete sich besonders noch der auf der Insel Fisticaca
aus. Von hier gingen die beiden Kinder der Sonne dem ihnen ertheilten Befehl gemäß aus, als die Sonne sie zur Erde sendete.
Die Insel liegt in einem tiefen See, welcher achtzig Stunden im Umfang hat und für heilig gehalten wurde. Man baute auf ihr
einen prachtvollen Tempel; dieBewohner aller Provinzen wallfahrteten dahin und legten reiche Opfer an Gold, Silber, Edelsteinen u. dgl. am Altar der Gottheit
nieder.
Die Masse des daselbst aufgehäuften Goldes und Silbers soll so bedeutend gewesen seyn, daß man daraus einen großen Tempel
von den Fundamenten bis zum Giebel hätte erbauen können. Bei Ankunft der Spanier warfen die Indianer alle diese Schätze in
den See. Unter andern versenkten sie eine große Goldkette, welche Huayna Cassac hatte fertigen lassen. Als sich das Gerücht
von dem Verlust dieses Schatzes unter den Spaniern verbreitete, verbanden sich zwölf spanische Kaufleute, um sie wo möglich
wieder aus dem See herauszuschaffen; sie wendeten das Senkblei an und fanden daß er 25 Klafter tief war und einen sehr schlammigen
Grund hatte. Sie ließen sich dadurch aber nicht abschrecken und beschlossen im Jahr 1557 den See abzuleiten. Nachdem sie einen
bereits mehr als 50 Schritte langen Abflußcanal hatten graben lassen, stießen sie auf einen Felsen der jeder Anstrengung spottete,
so daß man das Unternehmen mit großem Geldverlust aufzugeben gezwungen war.
Nicht allein den Tempel aber hatten die Indianer mit außerordentlicher Pracht geschmückt, sondern sie verschönerten die Insel
selbst auf alle nur mögliche Weise. Sie ebneten sie, reinigten sie von Felsen und Steinen, überschütteten sie mit fetter,
fruchtbarer Erde und pflanzten darauf die verschiedenartigsten Gewächse, besonders Mais, dessen Körner, wenn sie reif waren,
gesammelt und dem König als ein Heiligthum übersendet wurden. Der König trug einen Theil dieser Körner in den Tempel der Sonne
und schickte den Rest den auserwählten Jungfrauen mit dem Befehl, dieselben durch das ganze Reich in die Tempel und Jungfrauenhäuser
zu vertheilen; man säete sie in den Gärten derselben und vertheilte deren Ertrag unter alle Städte. Ueberall streute man sodann
diese Körner auf den Speichern der Sonne, des Königs und in den öffentlichen Magazinen aus, weil man glaubte sie besäßen die
Eigenschaft das Brod zu erhalten und den Kornvorrath vor Verderben zu bewahren. Wenn ein Indianer auch nur ein Körnchen erhielt,
so warf er es auf seinen Speicher, in der festen Ueberzeugung daß er niemals Mangel an Brod haben würde.Das religiöse Hauptfest hieß Yntip
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