Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
einem der Zimmetrinde ähnlichen Holze, Vyaca genannt, und rieb sie so lange aneinander, bis die dazwischen gelegte Baumwolle
Feuer fing. – Außer dem Fleische wurde Brod (Zanca) an alle die dem Feste beiwohnten vertheilt. Nach dem Essen wurden verschiedene
Getränke verabreicht. Der Inca, der bei dem Gastmahle auf seinem goldenen Stuhle saß, lud nun zuerst alle seine Verwandten,
dann die Anführer des Heeres und die Statthalter und zuletzt alle Anwesenden zum Trinken ein. Zuerst wurde die Gesundheit
der Sonne und des Königs getrunken, und dann tranken die Incas, die Feldherren und die Curacas dem Könige zu, wobeisie ihm stets ihren Becher darreichten und einen Kuß mit der Hand zuwarfen. Er nahm mit Milde und Herablassung den Becher
an, setzte ihn an den Mund und that jedem, wenn auch wenig, Bescheid. Nachdem man auf diese Weise einander zugetrunken hatte,
trat eine Truppe Possenreißer vor, die Tänze nach dem Tacte ihrer Gesänge aufführten; nach diesen erschienen andere in Masken,
welche nach der Sitte ihres Landes mehrere Wappen und Devisen trugen. Während dieser ganzen Zeit tranken der Inca, seine Verwandten,
die Feldherren und Statthalter wacker darauf los, bis es Nacht wurde. Das Fest Raymi dauerte neun Tage, während welcher jeder
auf alle Weise sich zu vergnügen suchte. Nach neun Tagen kehrten die Curacas mit der Erlaubniß des Königs heim, und das Fest
war hiermit beendet.
10. Andere Feste. Die Sonnenjungfrauen.
Das zweite Hauptfest war die Wehrhaftmachung der Jugend, wovon schon die Rede war; das dritte führte den Namen Cusquicrayoni;
es hatte nach der Aussaat statt, wenn der Mais zu sprossen anfing, und wurde ebenfalls mit Opfern, Gesängen, Tänzen und unmäßigem
Trinken gefeiert; dabei flehte man die Sonne an, sie möge die Frucht vor Kälte bewahren und eine reiche Ernte gewähren. Das
vierte und letzte Hauptfest, das der Inca mit seinem Hofe feierte, war das Fest Citna, eine Art Sühne, durch welche sie aus
der Stadt und Umgegend alle Krankheiten, Plagen und Schwächen, von welchen die Sterblichen heimgesucht werden, zu verscheuchen
suchten. Nach mehrtägigem Fasten vor dem Feste bereiteten sie in der Nacht das bereits genannte Brod Canca. – Von dem Teige,
der zu Kugeln oder Klösen geformt und in Kesseln halb gar gekocht wurde, nahmen sie einen gewissen Theil und mischten das
Blut junger Knaben darunter, das man diesen zwischen den Augenliedern und der Nase, dem gewöhnlichen Aderlaßplatze bei Krankheiten,
abzapfte. Jeder rieb sich hierauf mit einem Stückchen von diesem Teige den Kopf, das Gesicht, den Magen, die Schultern, die
Schenkel und Arme ein, um, wie sie sagten, sich zu reinigen, denn sie glaubten hierdurch von ihrem Leibe alle Krankheiten
und Schwächen fern zu halten. Hierauf nahm der Aelteste des Hauses ein anderes Stück, rieb damit die Thüre nach der Straße
ein und heftete es an dieselbe, zum Zeichen daß die Bewohner des Hauses gereinigt seyen. Dieselbe Ceremonie führte der Großpriester
im Palaste und im Sonnentempel undandere Priester in den übrigen Tempeln und in der Wohnung der heiligen Jungfrauen aus. Dieß alles geschah in der Nacht vor
dem Feste. Sobald am Morgen die Sonne aufging, flehten sie zu ihr, sie möge alle inneren und äußeren Uebel von ihnen entfernen;
das Fasten hatte ein Ende und man aß nun das Brod, in welchem sich kein Blut befand. Nach dem Gebete zur Sonne sah man als
Bote derselben aus der Festung einen Inca von königlichem Stamme Herabkommen; sein prächtiges Gewand war aufgeschürzt und
er trug eine Lanze, die bis an den Griff mit schönen Federn und goldenen Ringen verziert war; in Zeiten des Kriegs flatterte
eine Fahne an deren Spitze. Er schwenkte die Lanze, bis er auf dem Hauptplatze angelangt war. Hier traf er vier andere Incas
und that ihnen kund, die Sonne befehle ihnen als ihren Stellvertretern und Boten aus der Stadt und Umgegend alle Krankheiten
und alle Uebel die sie anträfen zu verjagen. Dann eilten sie nach den vier in die Stadt führenden Hauptstraßen. Wenn die Einwohner,
Männer, Weiber, Jung und Alt, diese Boten vorübereilen sahen, stellten sie sich an ihre Häuser und erhoben ein großes Freudengeschrei;
dabei schüttelten sie ihre Kleider, gleichsam als wollten sie den Staub herausschütteln, legten die Hand auf den Kopf, auf
das Gesicht, die Arme und Schenkel, rieben alle Glieder wie beim Waschen und glaubten dadurch alle Uebel aus ihren Häusern
zu
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