Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
die Mutter ihr Kind säugen, so legte sie sich über dasselbe,
jedoch gab sie ihm nur dreimal des Tags, am Morgen, Mittag und Abend, die Brust; sie ließ es lieber schreien, als daß sie
es daran gewöhnte den ganzen Tag über an der Brust zu hängen. Alle Weiber beobachteten dieß strenge und führten als Grund
dafür an, daß dieKinder sonst schmutzig, zum Brechen geneigt und wenn sie groß wären zu Vielfraßen würden; auch zeige das Beispiel der Thiere
das nämliche, indem sie ihre Jungen nur zu gewissen Zeiten des Tags säugten. – So vornehm eine Frau auch war, so stillte sie
ihr Kind doch selbst; sie gab es niemals einer Amme, wenn sie nicht durch körperliche Umstände dazu gezwungen wurde; so lange
sie das Kind säugte, wich sie ihrem Manne aus, weil wie sie sagten dessen Gesellschaft die Muttermilch verderbe und das Kind
auszehren mache. – Hatte eine Mutter zur Ernährung des Kindes Milch genug, so gab sie ihm niemals vor der Entwöhnung zu essen,
weil sie behauptete, jede andere Speise verderbe die Milch und schade der Gesundheit des Kindes. Wenn das Kind fortzurutschen
anfing, so mußte es so gut es konnte die Brust kniend nehmen, ohne daß die Mutter es jemals auf ihrem Schooße litt; wollte
es die andere Brust haben, so hielt sie ihm die Mutter hin, ohne es in ihre Arme zu nehmen. Wenn eine Frau niederkam, machte
sie keine weiteren Umstände, als daß sie selbst das Kind mit kaltem Wasser wusch; dann ging sie wieder ihren Geschäften nach
als wenn nichts vorgefallen wäre. Dabei leistete der Mutter bei der Niederkunft Niemand Hülfe, weß Standes sie auch war; ja
wenn ihr irgend eine Frau beistehen wollte, so betrachtete man sie als eine Zauberin.
12. Staatshaushaltung. Abgabenwesen. Sorge für die Armen und Reisenden. Behandlung eroberter Länder.
Die Staatshaushaltung der Peruaner war fast ebenso einfach als die Haushaltung des Privatmannes. Von Steuern im jetzigen Sinne
des Wortes wußten sie nichts; der Haupttribut den sie zu entrichten hatten, bestand darin, daß sie die Ländereien der Sonne
und des Inca bearbeiteten, die Ernte auf ihnen besorgten und in die königlichen Speicher oder Magazine brachten. Außerdem
waren sie verpflichtet die Kleider, Waffen und Schuhe für das Heer und die Armen zu fertigen, welche Alter oder Krankheit
zur Arbeit untauglich machte. Diese verschiedenen Tribute waren nach Provinzen vertheilt, so daß jede Provinz lieferte was
sie besonders hervorbrachte; dabei bestand das Gesetz, daß kein Indianer aus seiner Provinz gehen durfte, um das anderswo
zu kaufen was er zu liefern hatte. Die Incas hatten dieß Gesetz gegeben, um das Vagabundenleben zu verhindern. Die Armen und
Schwachen hatten, damit ja Niemand als dem Inca nichttributpflichtig erscheinen möchte, einen höchst sonderbaren, die Reichthümer
des Inca keineswegs vermehrenden Tribut zu entrichten, sie mußten nämlich zugewissen Zeiten Hörner mit Läusen gefüllt liefern. Außer dem angeführten Grunde geschah dieß besonders deßhalb, damit die
Armen sich von diesem Ungeziefer reinigten. Die Zehnmänner mußten besonders auf die richtige Zahlung dieses Tributes achten.
Die Beamten dagegen sowie die Personen aus königlichem Stamme, die Priester, Minister und die Curacas, Feldherren waren ganz
und gar tributfrei, solange sie ihre Stellen bekleideten. Auch alle im Felde stehenden Soldaten hatten nichts zu zahlen, ebensowenig
alle jungen Leute, die noch nicht 25 Jahre alt waren, weil sie ihrem Vater bis zu diesem Alter dienten und nicht eher heurathen
durften; selbst während des ersten Jahres nach ihrer Verheurathung genossen sie diese Vergünstigung. – Die alten Leute vom
fünfzigsten Jahr an waren ebenfalls abgabenfrei, ebenso die Mädchen, verheuratheten Frauen und Wittwen; auch den Blinden,
Krüppeln, Verwundeten und Kranken wurden keine Abgaben aufgelegt, die Stummen und Tauben jedoch waren nicht befreit, weil
sie arbeiten konnten. Gold, Silber und Edelsteine, wovon die Incas eine ungeheure Masse besaßen, waren keine Gegenstände die
man als Tribut entrichtete. Die Indianer waren nicht verpflichtet solche Geschenke zu machen, und die Incas hatten nicht die
Gewohnheit sie von ihnen zu verlangen. Gold und Silber konnten sie weder im Kriege noch im Frieden gebrauchen, denn nichts
wurde mit diesen Metallen gekauft, ebensowenig wurden die Soldaten damit bezahlt. Sie betrachteten diese Schätze als überflüssig,
weil sie weder zum Essen
Weitere Kostenlose Bücher