Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
so gierig, daß sie nicht warten konnten bis das Opfer,
welches sie schlachteten, völlig todt war, sondern das Blut aus der ihm beigebrachten Wunde tranken; eben so saugten sie,
wenn es in Stücke zerschnitten war, aus diesen das Blut aus und wuschen sich darin die Hände, damit nur kein Tropfen verloren
ging. Man fand bei ihnen öffentliche Menschenfleisch-Schlächtereien und aus den Eingeweiden machten sie Würste, damit nur
kein Stückchen Fleisch unbenutzt blieb. Diese Leidenschaft ging so weit, daß sie nicht einmal ihre eigenen Kinder, die sie
mit fremden im Kriege erbeuteten Frauen erzeugt hatten, verschonten. Sie machten aus diesen Frauen ihre Beischläferinnen und
mästeten die Kinder welche sie ihnen gebaren, bis zu ihrem zwölften oder dreizehnten Jahre, um sie alsdann zu speisen. Dasselbe
Loos traf die Mütter sobald sie nicht mehr zum Kinderzeugen tauglich waren. Auf dieselbe Weise verfuhren sie mit den im Kriege
gefangenen Männern. Sie schenkten ihnen das Leben, gaben ihnen Weiber aus dem Stamme der Sieger, mästeten die in diesen Ehen
erzeugten Kinder wie ihre eigenen und verzehrten sie, wenn sie das erwähnte Alter erreicht hatten. Auch die Väter wurden wenn
sie nicht mehr zeugungsfähig waren, geschlachtet. Gegen dieses Loos schützte weder Verwandtschaft, noch Zusammenleben und
Umgang, was doch bei den wildesten Thieren verschiedener Gattung der Fall ist. Und was noch größeren Abscheu erregt, diese
Wilden gingen sogar so weit, daß sie ihre Todten verzehrten und in ihren Magen begruben. Hatte jemand kaum die Seele ausgehaucht,
so versammelte sich sogleich die ganze Verwandtschaft und aß den Verstorbenen gesotten oder gebraten, gesotten wenn er mager,
gebraten wenn er dick war. Darauf setzten sie das ganze Geripp wieder zusammen und begruben es mit großem Wehklagen in eine
Felsenspalte oder in einen hohlen Baum. Die Sitte Menschenfleisch zu essen war übrigens bei den Indianern der heißen Länder
mehr gewöhnlich als bei denen, welche die kalten Gegenden bewohnten. In diesenkalten und unfruchtbaren Gegenden, wo der Boden nicht von selbst Früchte, Wurzeln und Kräuter hervorbrachte, pflanzten sie
durch die Noth gezwungen auch Mais und andere Feldfrüchte, beobachteten aber dabei keine bestimmte Zeit. Mit der Jagd und
dem Fischfang beschäftigten sie sich ebenfalls, waren aber darin gerade so roh und unwissend wie in den übrigen Dingen.
Von dem Anzuge der Indianer der alten Zeit ist wenig oder nichts zu sagen, denn sie hatten wie die Thiere kein anderes Kleid
als die Haut womit die Natur sie beschenkt hatte. Manche umgürteten aus Stolz oder Eitelkeit den Leib mit einem Streife groben
Zeugs und glaubten sich so hinlänglich bekleidet. Als ich im Jahre 1560 nach Spanien kam, begegneten mir in einer Straße Cartagena's
fünf Indianer, welche, obschon sie doch bereits viele Jahre mit den Spaniern in Verbindung standen, völlig nackt waren und
nicht neben einander gingen, sondern einer hinter dem andern wie Kraniche. – Die Frauen gingen ebenfalls fast völlig nackt;
die verheuratheten umgürteten jedoch den Leib mit einem schmalen Zeugstreifen, an welchem vorn ein ellenbreiter und eben so
langer wollener Lappen herabhing; in den Ländern wo sie weder zu spinnen noch zu weben verstanden, verfertigten sie diese
Schambedeckung aus Rinden oder Blättern von Bäumen. Die Mädchen trugen ebenfalls solche Lappen, aber mit einem besonderen
Abzeichen, welches andeutete daß sie noch Jungfrauen seyen. Obschon ich noch manches über diesen Gegenstand mittheilen könnte,
so will ich doch schweigen um nicht die Ohren ehrbarer Leute zu beleidigen. – In den kälteren Gegenden kleideten sie sich
etwas anständiger, keineswegs aber der Schicklichkeit wegen, sondern um sich gegen die Kälte zu schützen. Sie hüllten sich
in Thierhäute und in eine Art Mantel, welche sie aus wildem Hanfe und aus einer zarten, breiten und wohlriechenden Binse,
die auf dem Felde wild wuchs, verfertigten. Andere Stämme waren noch etwas gesitteter und trugen schlecht gearbeitete Mäntel
aus schlecht gesponnener und noch schlechter gewobener Wolle oder aus wildem Hanf, welchen sie Chahuar nannten. Sie waren
am Halse befestigt und über den Hüften gegürtet. – So war der Anzug der Indianer vor der Herrschaft der Incas und in den Ländern,
welche diese nicht erobert hatten, beschaffen. Noch jetzt sieht man in vielen von den Spaniern eroberten Gegenden, daß die
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