Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
Zustande entsprach auch ihre Religion. Als Götter gelten ihnen die gemeinsten und erbärmlichsten
Dinge und die Zahl derselben war unermeßlich, da nicht nur jedes Volk, jede Provinz, jeder Ort, sondern sogar jedes Viertel,
jede Straße, jedes Haus seine eigene Gottheit hatte. Nur diese Gottheit, glaubten sie, welche man ausschließend verehre, würde
auch dem Verehrer allein in der Noth helfen, während die andern Gottheiten, die von andern verehrt würden, sich auch nur um
diese bekümmerten. Auf diese Weise mußten sich die Götter bis ins Unendliche vermehren und alle Naturgegenstände unter ihre
Zahl aufnehmen. Man verehrte alle Arten Kräuter Pflanzen, Blumen, Bäume, hohe Berge, Höhlen, tiefe Abgründe, Kiesel und andere
farbige Steine, welche man an den Flüssen findet wie den Jaspis. In der Provinz, welche jetzt Porto viejo heißt, erwies man
besonders dem Smaragd göttliche Ehre. An andern Orten wurden Thiere angebetet entweder wegen ihrer Unbändigkeit wie der Tiger,
der Löwe und der Bär (vor denen man sich wenn man ihnen begegnete niederwarf, um sich ohne an Flucht oder Gegenwehr zu denken
auffressen zu lassen), oder wegen ihrer Scheuheit wie der Affe und der Fuchs, oder wegen ihrer Treue undAnhänglichkeit wie der Hund, oder wegen ihrer Schnelligkeit wie der Luchs, oder wegen ihrer Größe wie der Vogel, welchen
sie Condor nennen. Von diesem sowohl als auch von dem Adler leiten sogar manche Stamme ihre Herkunft ab. Andere Stämme verehrten
den Falken wegen seines leichten Fluges und seiner Gewandtheit im Beutemachen, den Uhu wegen der Schönheit seiner Augen und
seines Kopfes und die Fledermaus wegen der Schärfe ihrer Augen, welche auch in der Nacht sehen, was ihnen höchst merkwürdig
ist. Auch die gräulichen grausamen Schlangen, welche man bei den Antis 27 findet und die 25 bis 30 Fuß lang und dicker als der Schenkel eines Menschen sind, hielt man für Götter, und wo sich keine
großen Schlangen aufhielten, wohl auch kleineres Gethier dieser Art, wie Eidechsen und Kröten. Überhaupt möchte im ganzen
kein Thier anzutreffen seyn, sey es auch noch so abscheulich und schmutzig, welchem man nicht göttliche Ehre erwies und zwar
einzig und allein um sich von jedem andern in der Gottesverehrung zu unterscheiden, keineswegs aber weil man von dieser oder
jener Gottheit einen besondern Vortheil erwartete. Uebrigens gab es doch auch schon in dieser Zeit unter den Indianern viele
Stämme, welche mit mehr Ueberlegung ihre Götter wählten und nur solche Gegenstände anbeteten, die ihnen Nutzen brachten. So
verehrten manche die Wasserquellen und großen Flüsse, weil sie ihre Saaten fruchtbar machten; andere die Erde welche sie Mutter
nannten, weil sie ihnen Nahrung spendete; andere die Luft, weil der Mensch, wie sie sagten, nur durch das Einathmen derselben
leben könne, und wieder andere das Feuer weil es sie erwärmte und ihnen zur Bereitung ihrer Speisen diente. Manche Stämme
erwiesen einem Hammel göttliche Ehre, weil dieses Thier in zahlreichen Heerden in ihrem Gebiete vorhanden war, andere der
großen mit Schnee bedeckten Gebirgskette wegen ihrer Höhe, ihrer erstaunlichen Ausdehnung und der vielen Flüsse, welche von
ihr herabkommen und das Land bewässern, andere dem Mais oder Sara (wie er in der Landessprache heißt), weil er ihnen als Brod
diente, und wieder andere anderen Getreidearten und Hülsenfrüchten, die gerade in ihrer Gegend am besten gediehen.
Die Bewohner der Küste verehrten außer diesen Gottheiten insgesammt auch das Meer, welches sie Mamacocha nannten, was in
ihrer Sprache »Mutter Meer« heißt und wodurch angedeutet werden soll, daß es an ihnen Mutterstelle vertrete, weil es sie durch
seine Fische erhält. Besonders große und allgemeine Verehrung zollte man dem Wallfische seiner Größe und Unförmlichkeit wegen.
Außer diesen allgemeinen Gottheiten der Küste verehrte man in den einzelnen Provinzen auch noch die Fische, welche darin am
häufigsten gefangen wurden. Nach der Sage der Eingeborenen lebt der erste Fisch einer jeden Gattung in der Oberwelt (wie sie
den Himmel nennen); von ihm gehen alle Nachkommen derselben Gattung aus und er schickt zur bestimmten Zeit eine Menge seiner
Kinder zur Nahrung der Völker. Faßt man alles über die Götterverehrung der Peruaner Gesagte zusammen, so geht daraus hervor,
daß sie nicht nur die vier Elemente jedes für sich, sondern auch alles daraus zusammengesetzte,
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