Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
Jagdbeute vertheilt. Auch von den wilden Ziegen tödteten
sie nur sehr wenige; sie ließen dieselben wieder los, nachdem sie ihnen die Haare abgeschnitten hatten, die der feinsten Wolle
gleich kamen. Sie führten über all diese wilden Thiere Register nach den einzelnen Gattungen, so daß sie den Wildbestand stets
genau kannten. Die Wolle und Haare des größeren Wildes, Huanacus genannt, wurden dem Volke überlassen, die Haare der wilden
Ziegen aber dem König zugestellt, der sie dann unter die Prinzen von Geblüt vertheilte, denen allein das Recht zustand Gebrauch
davon zu machen. Auchdas Fleisch wurde unter das Volk vertheilt. In jeder Provinz fand alle vier Jahre eine solche allgemeine Jagd statt; damit
sie aber jährlich möglich war, wurden die Provinzen in bestimmte Reihenfolge eingetheilt, und auf diese Weise konnte man jährlich
eine Jagd in einem District anstellen, der drei Jahre davon frei gewesen war. Die Peruaner besaßen so wenig Vieh, daß sie
fast kein Fleisch zu essen bekamen wenn die Statthalter ihnen nicht solches schenkten, oder wenn sie nicht einige Kaninchen
schlachteten die sie in ihren Häusern zogen. Der Inca ließ um diesem allgemeinen Mangel abzuhelfen die Jagden anstellen; das
Fleisch wurde wie schon erwähnt unter das Volk vertheilt, und so zugerichtet daß es sich bis zur nächsten Jagd hielt.
Die Leichenceremonien, welche die Indianer wenn ein Inca gestorben war beobachteten, waren von langer Dauer und sehr feierlich;
sie balsamirten, wie schon angeführt wurde, seinen Leichnam so künstlich ein, daß er zu leben schien und jeder Verwesung widerstand.
Alle Eingeweide wurden in einem Tempel, in der Stadt Tampu, ungefähr 5 Stunden von Cuzco beigesetzt. Seine Diener und Weiber
die er am meisten geliebt hatte, weihten sich dem Tode und ließen sich mit ihm lebendig begraben, indem sie sagten, es sey
ihr heißester Wunsch dem König ihrem Herrn in der andern Welt zu dienen. Denn so viel Aberglaube auch unter den Indianern
herrschte, so glaubten sie doch fest an die Unsterblichkeit der Seele. – Sobald der Leichnam des Königs einbalsamirt war,
stellten sie ihn vor dem Bild der Sonne im Tempel zu Cuzco auf und brachten ihm verschiedene Opfer wie einem Gotte dar. Der
erste Monat nach des Königs Tod wurde der Trauer geweiht, denn die Bewohner der Stadt beweinten ihren verstorbenen Gebieter
Tag für Tag, versammelten sich auf dem öffentlichen Platze und trugen seine Insignien, sein Banner, seine Waffen, Kleider
und alles was mit ihm ins Grab gelegt werden sollte, vor sich her. Unter ihre Thränen und Klagen mischten sie eine Darstellung
der Siege die er gewonnen, seiner denkwürdigen Thaten und alles guten was er dem Lande erzeigt hatte. Nach Ablauf des ersten
Trauermonates wiederholten sie die Trauer alle 14 Tage während des ersten Jahrs, zur Zeit der Conjunction des Mondes; die
letzte Trauerfeier begingen sie am Ende des Jahrs mit allem nur möglichen Pompe und unendlichen Wehklagen. Zu diesem Zweckhatte man Männer und Weiber, die Weinenden genannt, welche in traurigem Tone die Thaten und Tugenden des Verstorbenen besangen.
Alle Bewohner der Stadt Cuzco bis zu den niedrigsten herab nahmen Theil an der Trauer. Gleiches fand in allen Provinzen des
Reiches statt, jeder Unterthan bewies alle nur möglichen Merkmale des Schmerzes, welchen er über den Tod seines Beherrschers
empfand. Man hielt alle Orte wo der verstorbene König einmal geweilt hatte in hoher Ehre; besuchte diese, bewies ihnen auf
alle mögliche Weise seine Achtung und machte dort die Gnaden und Wohlthaten, die man von dem Dahingeschiedenen empfangen hatte,
namhaft. Von der Vermauerung aller Gemächer wo der König einmal geschlafen, haben wir schon gesprochen.
7. Wehrhaftmachung der jungen Incas; Hofsprache.
Eine sehr merkwürdige Feierlichkeit bei den Indianern ist die sogenannte Wehrhaftmachung (Huaracu), oder wie wir sie mit einem
mittelalterlichen Ausdruck benennen möchten, der Ritterschlag der jungen Incas. Die Absicht dabei war den jungen Prinzen von
königl. Geblüte ein Zeichen zu verleihen, wodurch man sie zu dem Militär- und Civildienst für fähig erklärte. Der Tag an welchem
der Ritterschlag statt fand, war für das niedere Volk ein hohes Fest. Auch war dieser Tag nicht weniger ehrenvoll für die
welche man zur Prüfung, die alle welche den Ritterschlag verlangten zu bestehen hatten, bestimmte, als für die jungen und
alten Incas selbst, denn
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