Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
Vom Netzwerk:
sich machtvoll in das öffentliche Leben ein, aber nicht einfach als bewaffnete Gewalt, auch nicht als Prätorianergarde, sondern als politische Vertretung einer neuen Klasse, die sich der reichen und wohlhabenden Bourgeoisie entgegenstellt Dementsprechend schafft die Armee ein neues Staatsorgan, das sich über das militärische Kommando erhebt: den Rat der Soldaten und Offiziersdeputierten ("Agitatoren"). Es beginnt eine neue Periode der Doppelherrschaft: die des presbyterianischen Parlaments und der Independenten-Armee. Die Doppelherrschaft führt zum offenen Zusammenstoß. Die Bourgeoisie erweist sich als ohnmächtig, der "mustergültigen Armee" Cromwells, das heißt den bewaffneten Plebejern, eine eigene Armee entgegenzustellen; Der Konflikt endet mit einer Säuberung des presbyterianischen Parlaments mit Hilfe des Independentensäbels. Vom Parlament bleibt nur Spreu, es wird die Diktatur Cromwells errichtet. Die unteren Schichten der Armee versuchen unter Leitung der Leveller, des äußersten linken Flügels der Revolution, der Herrschaft der militärischen Spitzen, der Granden der Armee ihr eigenes, wahrhaft plebejisches Regime entgegenzustellen. Doch die neue Doppelherrschaft kommt nicht zur Entwicklung: die Levellers, die untere Schicht der Kleinbürger, haben noch keinen eigenen historischen Weg und können ihn auch noch nicht haben. Cromwell wird mit den Gegnern bald fertig. Es entsteht für eine Reihe von Jahren ein neues, allerdings keinesfalls widerstandsfähiges politisches Gleichgewicht.
    In der großen Französischen Revolution konzentriert die Konstituierende Versammlung, deren Rückgrat die oberste Schicht des dritten Standes ist, die Macht in ihren Händen, jedoch ohne dem König seine Vorrechte völlig zu nehmen. Die Periode der Konstituierenden Versammlung ist die Periode scharfer Doppelherrschaft, die mit der Flucht des Königs nach Varennes endet und formell erst mit der Gründung der Republik liquidiert wird.
    Die erste französische Konstitution (1791), aufgebaut auf der Fiktion der voneinander völlig unabhängigen gesetzgebenden und ausführenden Gewalt, verschleierte in Wirklichkeit, oder suchte vor dem Volke zu verschleiern, die tatsächliche Doppelherrschaft: der Bourgeoisie, die sich nach der Einnahme der Bastille durch das Volk endgültig in der Nationalversammlung verschanzt hatte, und der alten Monarchie, die sich noch auf die Spitzen des Adels, des Klerus, der Bürokratie und der Militärs stützte, nicht zu reden von ihren Hoffnungen auf eine ausländische Intervention. In diesem widerspruchsvollen Regime lag die Unvermeidlichkeit seines Zusammenbruchs. Ein Ausweg konnte nur gefunden werden entweder in der Vernichtung der bürgerlichen Vertretung mit den Kräften der europäischen Reaktion oder in der Guillotine für den König und die Monarchie. Paris und Koblenz mußten ihre Kräfte messen.
    Aber noch bevor es zu Krieg und Guillotine kommt, tritt auf die Bühne die Pariser Kommune, die sich auf die unteren Schichten des dritten Standes der Stadt stützt und den offiziellen Vertretern der bürgerlichen Nation die Herrschaft immer kühner streitig macht. Es entsteht eine neue Doppelherrschaft, deren erste Äußerungen wir bereits im Jahre 1790 wahrnehmen, zu einer Zeit, wo die Mittel- und Großbourgeoisie noch in Administrationen und Munizipalitäten festsitzt. Welch erstaunliches - und gleichzeitig niedrig verleumdetes! - Bild der Bemühungen der plebejischen Schichten, aus der Tiefe emporzusteigen, aus den sozialen Kellern und Katakomben, und jene verbotene Arena zu betreten, wo Menschen in Perücken und Culotten die Schicksale der Nation entscheiden. Es schien, als sei das Fundament selbst, getreten von den Füßen der aufgeklärten Bourgeoisie, lebendig geworden und in Bewegung geraten; aus der formlosen Masse erhoben sich menschliche Häupter, streckten sich schwielige Hände in die Höhe, heisere, aber mutige Stimmen wurden vernehmbar! Die Pariser Distrikte, die Bastarde der Revolution, begannen ihr eigenes Leben zu leben. Sie wurden anerkannt - sie nicht anzuerkennen war unmöglich! - und in Sektionen umgewandelt. Aber unentwegt rissen sie die Schranken der Legalität nieder, erhielten Zustrom frischen Blutes von unten und öffneten, dem Gesetz zuwider, den Entrechteten, Armen, den Sansculotten Zutritt in ihre Reihen. Gleichzeitig bieten die Landmunizipalitäten dem bäuerlichen Aufstand Deckung gegen die bürgerliche Gesetzlichkeit, die den Feudalbesitz begönnert. So

Weitere Kostenlose Bücher