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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Gestalten, wie etwa Filippowski, bezüglich dessen niemand erklären konnte, wie er denn eigentlich auf den obersten Gipfel des Februarolymps geraten war: es bleibt nur anzunehmen, daß dabei die entscheidende Rolle seine Seeoffiziersuniform gespielt hat.
    Neben den offiziellen Führern der zwei herrschenden Parteien gab es im Exekutivkomitee nicht wenig "Wilde", Einzelgänger, in der Vergangenheit Teilnehmer der Bewegung auf deren verschiedenen Etappen, Menschen, die längst vor der Umwälzung vom Kampfe zurückgetreten waren und die jetzt, nach hastiger Rückkehr unter das Banner der siegreichen Revolution sich nicht beeilten, ins Parteijoch zu gehen. In allen Grundfragen gingen die Wilden die Linie der Sowjetmehrheit. In der ersten Zeit gehörte ihnen sogar die führende Rolle. Aber in dem Maße, wie die offiziellen Führer aus der Verbannung und Emigration zurückkehrten, wurden die Parteilosen auf die zweite Stelle verdrängt, die Politik bekam Form, das Parteimäßige trat in seine Rechte.
    Die Gegner des Exekutivkomitees aus dem Lager der Reaktion haben später mehr als einmal auf die Übermacht der Fremdstämmigen im Komitee verwiesen: Juden, Georgier, Letten, Polen usw. Obwohl die Fremdstämmigen im Verhältnis zur ganzen Mitgliedermasse des Exekutivkomitees einen durchaus niedrigen Prozentsatz ausmachten, nahmen sie zweifellos im Präsidium, in verschiedenen Kommissionen, unter den Referenten usw. einen sehr sichtbaren Platz ein. Da die Intelligenz der unterdrückten Nationalitäten, hauptsächlich in den Städten konzentriert, reichlich die revolutionären Reihen füllte, so ist es nicht weiter verwunderlich, daß die Zahl der Fremdstämmigen unter der älteren Generation der Revolutionäre besonders ansehnlich war. Ihre Erfahrung, obwohl nicht immer von hoher Qualität, machte sie unentbehrlich bei Errichtung der neuen gesellschaftlichen Formen. Ganz abgeschmackt sind aber die Versuche, die Politik der Sowjets und den Verlauf der gesamten Revolution aus der angeblichen Übermacht der Fremdstämmigen abzuleiten. Der Nationalismus enthüllt auch in diesem Falle Verachtung für die wirkliche Nation, das heißt das Volk, indem er es in der Periode seines großen nationalen Erwachens als einen völligen Tölpel in fremden und zufälligen Händen schildert. Weshalb aber und wie konnten die Fremdstämmigen eine solche wundertätige Macht über die eingeborenen Millionen erlangen? In der Tat stellt die Masse der Nation im Moment einer einschneidenden historischen Wendung nicht selten jene Elemente in ihren Dienst, die noch gestern unterdrückt waren und deshalb mit höchster Bereitschaft den neuen Aufgaben Ausdruck geben. Nicht die fremdstämmigen führen die Revolution, sondern die Revolution benutzt die Fremdstämmigen. So geschah es sogar bei großen Reformen von oben. Die Politik Peters 1. hörte nicht auf, national zu sein, als sie von den alten Wegen abbog und Fremdstämmige und Ausländer in ihren Dienst zog. Die Meister der Deutschen Vorstadt und die holländischen Schiffer drückten in jener Periode die Bedürfnisse der nationalen Entwicklung Rußlands besser aus als die russischen Popen, die ehemals von den Griechen herangeschleppt worden waren, oder die Moskauer Bojaren, die ebenfalls über die fremdländische Vergewaltigung klagten, obwohl sie selber von Fremden abstammten, die den russischen Staat gebildet hatten. Jedenfalls verteilte sich die fremdstämmige Intelligenz im Jahre 1917 auf die gleichen Parteien wie die echtrussische, litt an den gleichen Gebrechen und beging dieselben Fehler, wobei gerade die Fremdstämmigen unter den Menschewiki und Sozialrevolutionären mit besonderem Eifer für die Verteidigung und Einheit Rußlands paradierten.
    So sah das Exekutivkomitee aus, das oberste Organ der Demokratie. Zwei Parteien, die ihre Illusionen verloren, aber die Vorurteile behalten hatten, mit einem Führerstab, der unfähig war, vom Wort zur Tat überzugehen, gelangten an die Spitze der Revolution, die berufen war, Jahrhunderte alte Ketten zu brechen und die Grundsteine einer neuen Gesellschaft zu legen. Die gesamte Tätigkeit der Versöhnler wurde eine Kette qualvoller Widersprüche, die die Volksmassen entkräfteten und die Konvulsionen des Bürgerkrieges vorbereiteten.
    Die Arbeiter, die Soldaten, die Bauern nahmen die Ereignisse ernst. Sie meinten, daß die von ihnen geschaffenen Sowjets unverzüglich an die Beseitigung jener Nöte schreiten müßten, die die Revolution geboren hatten. Alle

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