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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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sich am 27. Februar mit Offizieren des Preobraschenski-Regiments, offenbar in der Absicht, deren Einstellung zur Duma herauszufühlen, aber er traf bei den Gardearistokraten völliges Unverständnis für die Geschehnisse, was übrigens vielleicht zur Hälfte Verstellung war: waren es doch alles erschrockene Monarchisten. "Wie groß war meine Verwunderung", berichtet Schidlowski, "als ich am nächsten Morgen auf der Straße das gesamte Preobraschenski-Regiment, in mustergültiger Ordnung in Reih und Glied marschierend, mit einem Orchester an der Spitze, ohne einen einzigen Offizier erblickte ..." Allerdings kamen einige Truppenteile ins Taurische Palais mit ihren Kommandeuren, genauer gesagt, sie führten diese mit sich. Die Offiziere fühlten sich bei diesem Festzug in der Lage von Gefangenen. Gräfin Kleinmichel, die als Verhaftete diese Szenen beobachtet hat, drückt sich bestimmter aus: die Offiziere ähnelten Hammeln, die man zur Schlachtbank führt.
    Die Februarrevolution hat die Trennung zwischen Soldaten und Offizieren nicht geschaffen, sie hat sie nur aufgedeckt. Im Bewußtsein der Soldaten war der Aufstand gegen die Monarchie zuallererst ein Aufstand gegen die Vorgesetzten. "Seit dem Morgen des 28. Februar", erinnert sich der Kadett Nabokow, der in jenen Tagen Offiziersuniform trug, "war es gefährlich, auszugehen, weil man den Offizieren die Achselstücke herunterriß." So sah der erste Tag des neuen Regimes in der Garnison aus!
    Die erste Sorge des Exekutivkomitees war, die Soldaten mit den Offizieren zu versöhnen. Das bedeutete nichts anderes, als die Truppenteile wieder den alten Kommandeuren zu unterstellen. Die Rückkehr der Offiziere zu den Regimentern sollte, nach Suchanows Worten, die Armee vor "allgemeiner Anarchie oder der Diktatur der finsteren und zersetzenden Soldateska" bewahren. Wie die Liberalen, fürchteten diese Revolutionäre die Soldaten und nicht die Offiziere. Indes erwarteten die Arbeiter gemeinsam mit der "finsteren Soldateska" alles Übel gerade von seiten der glanzvollen Offiziere. Die Versöhnung war deshalb nicht von Dauer.
    Stankewitsch schildert das Verhalten der Soldaten gegenüber den nach der Umwälzung zu ihnen zurückgekehrten Offizieren in folgenden Zügen: "Es stellte sich heraus, daß die Soldaten, die unter Verletzung der Disziplin nicht nur ohne Offiziere, sondern ... in vielen Fällen trotz der Offiziere die Kasernen verlassen und jene Vorgesetzten, die ihre Pflicht erfüllten, sogar getötet, ein großes Heldenstück der Befreiung vollbracht hatten. Wenn dies eine Heldentat war und die Offiziere es jetzt selbst behaupteten, weshalb haben sie dann nicht selbst die Soldaten auf die Straße geführt - für sie wäre es doch leichter und gefahrloser gewesen? Jetzt, nach der Tatsache des Sieges, schließen sie sich der Heldentat an. Ob aber aufrichtig und für lange?" Diese Worte sind um so lehrreicher, als ihr Autor selbst zu jenen "linken" Offizieren gehörte, die nicht mal daran gedacht hatten, die Soldaten auf die Straße zu führen.
    Am Morgen des 28. klärte auf dem Sampsonjewski-Prospekt der Kommandeur einer Genieabteilung seine Soldaten auf: "Die allen verhaßte Regierung ist gestürzt", eine neue sei gebildet, mit dem Fürsten Lwow an der Spitze, folglich müsse man in alter Weise den Offizieren gehorchen. "Und jetzt - bitte jeder auf seinen Platz in die Kasernen. Einige Soldaten riefen: "Zu Befehl", die Mehrzahl blickte verwirrt drein: das ist alles? Diese Szene hatte Kajurow zufällig beobachtet. Es ging ihm durch und durch. "Gestatten Sie mir das Wort, Herr Kommandeur" ... Und ohne die Erlaubnis abzuwarten, stellte Kajurow die Frage: "Ist denn wegen der Ablösung des einen Gutsbesitzers durch den anderen drei. Tage lang in den Straßen Petrograds Arbeiterblut geflossen?" Kajurow hatte auch hier den Stier bei den Hörnern gepackt. Die von ihm gestellte Frage bildete den Kampfinhalt der nächsten Monate. Der Antagonismus zwischen Soldat und Offizier war die Widerspiegelung der Feindschaft zwischen Bauer und Gutsbesitzer.
    In der Provinz stellten die Kommandeure, die offenbar inzwischen Instruktionen erhalten hatten, die Ereignisse nach einem und demselben Muster dar: der Kaiser habe sich in Sorge um das Land erschöpft und sei gezwungen gewesen, die Last der Regierung seinem Bruder zu übertragen. Man las auf den Gesichtern der Soldaten, klagt ein Offizier aus einem entlegenen Winkel der Krim: Nikolaus oder Michail - alles einerlei. Als jedoch der gleiche

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