Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution
Kommandeur gezwungen war, am nächsten Morgen dem Bataillon den Sieg der Revolution mitzuteilen, waren die Soldaten, nach seinen Worten, wie umgewandelt. Ihre Fragen, Gesten, Blicke zeugten klar von der "beharrlichen, langwierigen Arbeit, die jemand an diesen finsteren, grauen, des Denkens ungewohnten Hirnen vollbracht hatte". Welche Kluft zwischen den Offizieren, deren Gehirne sich so mühelos dem letzten Petrograder Telegramm anpaßten, und diesen Soldaten, die zwar schwer, aber ehrlich ihr Verhältnis zu den Ereignissen bestimmten, sie selbständig auf der schwieligen Hand wägend!
Das Oberste Kommando, das die Umwälzung formell anerkannt hatte, beschloß, die Revolution überhaupt nicht an die Front durchzulassen. Der Stabschef des Hauptquartiers befahl den Oberkommandierenden der Fronten: falls auf den ihnen unterstellten Territorien revolutionäre Delegationen auftauchen sollten, die General Alexejew der Kürze halber Banden nannte, sie unverzüglich gefangenzunehmen und an Ort und Stelle vor ein Feldgericht zu stellen. Am nächsten Tage verlangte der gleiche General im Namen "Seiner Hoheit", des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch, von der Regierung "Einstellung alles dessen, was heute in den Armeebezirken des Hinterlandes geschieht", mit anderen Worten - der Revolution.
Das Kommando verschleppte es solange wie möglich, die aktive Armee über die Umwälzung zu unterrichten, weniger aus Treue für die Monarchie als aus Angst vor der Revolution. An einigen Fronten errichtete man wahre Quarantänen: Briefe aus Petrograd wurden nicht durchgelassen, ankommende Personen festgehalten, so stahl das alte Regime von der Ewigkeit einige überzählige Tage. Die Kunde von der Umwälzung erreichte die Kampflinie nicht vor dem 5.-6. März. Aber in welcher Gestalt? Wir haben es schon ungefähr vernommen: zum Höchstkommandierenden sei der Großfürst ernannt, der Zar habe zum Wohle des Vaterlandes auf den Thron verzichtet, sonst sei alles beim alten. In viele Schützengräben, vielleicht in die meisten, gelangten Nachrichten von der Revolution früher durch die Deutschen als aus Petrograd. Konnten bei den Soldaten da noch Zweifel bestehen, daß das gesamte Kommando eine Verschwörung zur Unterdrückung der Wahrheit gebildet hatte? Und konnten die Soldaten auch nur für einen Pfifferling jenen Offizieren Glauben schenken, die sich nach ein bis zwei Tagen rote Schleifchen ansteckten?
Der Stabschef der Schwarzmeerflotte erzählt, die Nachricht von den Ereignissen in Petrograd habe angeblich auf die Matrosen anfangs keinen merklichen Eindruck gemacht. Sobald aber aus der Hauptstadt die ersten sozialistischen Zeitungen angekommen waren, "veränderte sich die Stimmung der Kommandos im Nu, es begannen Meetings, aus den Löchern krochen verbrecherische Agitatoren heraus". Der Admiral begriff einfach nichts von dem, was sich vor seinen Augen abspielte. Nicht die Zeitungen hatten den Stimmungswechsel hervorgerufen. Sie zerstreuten nur die Zweifel der Matrosen über den Ernst der Umwälzung und erlaubten ihnen, offen ihre wahren Gefühle zu zeigen, ohne Angst vor Strafe seitens der Vorgesetzten. Der gleiche Autor charakterisiert das politische Gesicht der Offiziere der Schwarzmeerflotte, darunter auch sein eigenes, durch einen Satz: "Die Mehrzahl der Offiziere glaubte, das Vaterland werde ohne Zaren zugrunde gehen." Die Demokraten glaubten, das Vaterland werde ohne die Rückkehr solcher Leuchten zu den finsteren Matrosen zugrunde gehen.
Der Kommandobestand der Armee und der Flotte sonderte bald zwei Phalangen ab: die eine versuchte, ihre Posten zu behalten, indem sie sich bei der Revolution anbiederte, in die sozialrevolutionäre Partei eintrat; ein Teil von ihnen versuchte später sogar, bei den Bolschewiki unterzukriechen. Die anderen dagegen bäumten sich auf, versuchten, der neuen Ordnung Widerstand leisten, doch schon beim nächsten scharfen Konflikt zerschellten und wurden von der Soldatenüberschwemmung weggespült. Gruppierungen dieser Art sind so natürlich, daß sie sich in allen Revolutionen wiederholen. Die unversöhnlichen Offiziere der französischen Monarchie, jene, die, nach dem Ausdruck eines von ihnen, "gekämpft hatten, solange sie konnten", litten weniger unter dem Ungehorsam der Soldaten als unter der Liebedienerei der adeligen Kollegen. Schließlich wurde die Mehrzahl des alten Kommandobestandes abgedrängt, unterdrückt, und nur ein kleiner Teil stellte sich um und assimilierte sich. Der Offiziersstand
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