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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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auch mit dem Gedanken des Kampfes gegen ihn, und die Revolution bedeutete für den Arbeiter nicht nur die nackte Tatsache des Sieges, sondern auch den teilweisen Triumph seiner Ideen. Die Niederwerfung der Monarchie war für ihn nur die erste Stufe, und er hielt sich bei ihr nicht auf, anderen Zielen zueilend. Für ihn bestand die ganze Frage darin, wie weit Soldat und Bauer ihn unterstützen werden. "Was nützt mir Boden, wenn ich nicht mehr sein werde?" fragte der Soldat. "Was nützt mir Freiheit", sprach er dem Arbeiter nach, vor den für ihn verschlossenen Türen des Theaters, "wenn die Schlüssel zur Freiheit bei den Herren sind?" So leuchteten durch das unübersichtliche Chaos der Februarrevolution hindurch bereits die stählernen Umrisse des Oktobers.

Kapitel 14: Die Regierenden und der Krieg
    Was gedachten die Provisorische Regierung und das Exekutivkomitee mit diesem Krieg und dieser Armee zu beginnen? Vor allem muß man die Politik der liberalen Bourgeoisie begreifen, da diese die erste Geige spielte. Äußerlich blieb die Politik des Liberalismus aggressiv-patriotisch, annexionistisch, unversöhnlich. In Wirklichkeit war sie widerspruchsvoll, treubrüchig und wurde schnell defätistisch.
    "Auch wenn es keine Revolution gegeben hätte, der Krieg wäre dennoch verloren und wahrscheinlich ein Separatfrieden geschlossen worden", schrieb später Rodsjanko. dessen Urteile sich nicht durch Selbständigkeit auszeichneten, gerade deshalb aber die Durchschnittsmeinung der liberalkonservativen Kreise gut ausdrückten. Der Aufstand der Gardebataillone kündete den besitzenden Klassen nicht den äußeren Sieg an, sondern die innere Niederlage. Die Liberalen konnten sich darüber um so weniger Illusionen machen, als sie die Gefahr vorausgesehen und nach Kräften gegen sie gekämpft hatten. Der unerwartete revolutionäre Optimismus Miljukows, der die Umwälzung als eine Stufe zum Siege erklärte, war eigentlich die letzte Zuflucht der Verzweiflung. Die Frage nach Krieg und Frieden hatte für die Liberalen zu drei Vierteln aufgehört, eine selbständige Frage zu sein. Sie fühlten, daß es ihnen nicht gegeben sein würde, die Revolution für den Krieg auszunutzen. Um so gebieterischer erstand vor ihnen die andere Aufgabe: den Krieg gegen die Revolution auszunutzen.
    Die Fragen der internationalen Lage Rußlands nach dem Kriege: Schulden und neue Anleihen, Kapital- und Absatzmärkte, standen selbstverständlich auch jetzt vor den Führern der russischen Bourgeoisie. Aber nicht diese Fragen bestimmten unmittelbar ihre Politik. Heute ging es nicht um die Sicherung der vorteilhaftesten internationalen Bedingungen für das bürgerliche Rußland, sondern um Rettung des bürgerlichen Regimes selbst, wenn auch um den Preis einer weiteren Schwächung Rußlands. "Zuerst muß man gesunden", sagte die schwer verwundete Klasse, "und erst später die Angelegenheiten in Ordnung bringen." Gesunden bedeutete, mit der Revolution fertigwerden.
    Die Aufrechterhaltung der Kriegshypnose und der chauvinistischen Stimmungen gab der Bourgeoisie die einzige Möglichkeit eines politischen Bandes mit den Massen, vor allem mit der Armee, gegen die sogenannten Vorwärtstreiber der Revolution. Die Aufgabe bestand darin, den vom Zarismus vererbten Krieg, mit den bisherigen Verbündeten und Zielen, dem Volke als einen neuen Krieg, als Verteidigung der revolutionären Errungenschaften und Hoffnungen, darzustellen. Es hätte genügt, dies zu erreichen - aber wie? -, und der Liberalismus rechnete fest damit, gegen die Revolution jene ganze Organisation der patriotischen öffentlichen Meinung richten zu können, die ihm gestern gegen die Rasputin-sche Clique Dienste geleistet hat. Wenn es nicht gelungen war, die Monarchie gegen den Willen des Volkes als höchste Instanz zu retten, dann mußte man sich um so mehr an die Alliierten halten: für die Dauer des Krieges bildete die Entente jedenfalls eine unvergleichlich mächtigere Appellationsinstanz, als es die eigene Monarchie hätte sein können.
    Die Fortsetzung des Krieges sollte die Aufrechterhaltung des militärischen und bürokratischen Apparates rechtfertigen, die Vertagung der Konstituierenden Versammlung, die Unterwerfung des revolutionären Landes unter die Front, das heißt unter die Generalität, die sich mit der liberalen Bourgeoisie zusammengeschlossen hatte. Alle inneren Fragen, vor allem die Agrarfrage und die gesamte soziale Gesetzgebung, vertagte man bis zum Ende des Krieges, dieses wiederum

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