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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Konservativen, Oktobristen und Progressisten - durch die Kadettenpartei, die anfangs entscheidende Bedeutung bekäme. Doch den Kadetten würde das gleiche Schicksal drohen ... Und danach? Danach würde die revolutionäre Masse auf den Plan treten, die Kommune folgen, der Untergang der Dynastie, Pogrome auf die besitzenden Klassen und schließlich der Räuber-Muschik." Man kann nicht leugnen, daß die reaktionärpolizeiliche Wut sich hier zu eigenartigem historischen Weitblick erhebt.
    Das positive Programm der Denkschrift ist nicht neu, aber konsequent: eine Regierung aus unnachgiebigen Anhängern des Selbstherrschertums; Abschaffung der Duma; Belagerungszustand in beiden Hauptstädten; Vorbereitung der Kräfte zur Unterdrückung der Rebellion. Im wesentlichen bildete denn auch dieses Programm die Grundlage der Regierungspolitik der letzten vorrevolutionären Monate. Doch setzte ihr Erfolg eine Macht voraus die Durnowo im Winter 1905 in Händen hatte, die aber im Herbst 1917 bereits nicht mehr existierte. Die Monarchie versuchte deshalb, das Land verstohlen und stückweise zu ersticken. Das Ministerium wurde erneuert nach dem Prinzip der "eigenen" Leute, die dem Zaren und der Zarin bedingungslos ergeben waren. Doch diese "Eigenen", vor allem der Überläufer Protopopow, waren nichtig und kläglich. Die Duma wurde nicht abgeschafft, aber wieder aufgelöst, die Verkündung des Belagerungszustandes in Petrograd bis zu dem Moment aufgespart, wo die Revolution bereits gesiegt hatte. Und die für die Unterdrückung der Meuterei bereitgehakenen Militärkräfte wurden selbst von der Meuterei erfaßt. Das alles zeigte sich bereits nach zwei bis drei Monaten.
    Der Liberalismus machte inzwischen letzte Anstrengungen, die Lage zu retten. Alle Organisationen der Großbourgeoisie unterstützten die Novemberreden der Dumaopposition durch eine Reihe weiterer Erklärungen. Die herausforderndste war die Resolution des Städtebundes vom 9. Dezember: "Unverantwortliche Verbrecher, wahnsinnige Fanatiker bereiten Rußlands Niederlage, Schande und Knechtschaft vor." Die Reichsduma wird aufgefordert, "solange nicht auseinanderzugehen, bis eine verantwortliche Regierung erreicht ist". Sogar der Staatsrat, das Organ der Bürokratie und des Großbesitzes, sprach sich dafür aus, Menschen in die Regierung zu berufen, die das Vertrauen des Landes besitzen. Ein ähnliches Gesuch stellte der Kongreß des Vereinigten Adels: die moosbedeckten Steine begannen zu reden. Doch nichts änderte sich. Die Monarchie ließ den Rest der Macht nicht aus den Händen.
    Die letzte Session der letzten Duma wurde, nach Schwankungen und Verzögerungen, auf den 14. Februar 1917 angesetzt. Bis zum Ausbruch der Revolution verblieben weniger als zwei Wochen. Man erwartete Demonstrationen. In der Rjetsch, dem Organ der Kadetten, wurde, neben der Anzeige des Chefs des Petrograder Militärbezirks, des Generals Chabalow, über das Demonstrationsverbot, ein Brief Miljukows abgedruckt, der die Arbeiter vor "schlechten und g3-fährlichen Ratschlägen", die "dunklen Quellen" entstammten, warnte. Trotz der Streiks verlief die Dumaeröffnung verhältnismäßig ruhig. Indem sie sich den Anschein gab, als interessiere sie die Regierungsfrage nicht mehr, beschäftigte sich die Duma mit einer akuten, aber rein praktischen Frage: der Ernährung. Die Stimmung sei flau gewesen, erinnerte sich später Rodsjanko, "man empfand die Ohnmacht der Duma und Müdigkeit vom vergeblichen Kampfe". Miljukow wiederholte mehrmals, daß der progressive Block "mit dem Wort und nur mit dem Wort wirken wird". In solcher Gestalt trat die Duma in den Strudel der Februarrevolution.

Kapitel 3: Proletariat und Bauernschaft
    Das russische Proletariat machte seine ersten Schritte unter den politischen Bedingungen eines despotischen Staates. Gesetzlich verbotene Streiks, unterirdische Zirkel, illegale Proklamationen, Straßendemonstrationen, Zusammenstöße mit Polizei und Truppen - das war eine Schule, geschaffen aus der Verquickung der Bedingungen des sich schnell entwickelnden Kapitalismus und des seine Positionen langsam räumenden Absolutismus. Die Zusammenballung der Arbeiter in Riesenbetrieben, der konzentrierte Charakter des staatlichen Druckes, schließlich die Impulsivität des jungen und frischen Proletariats führten dazu, daß der politische Streik, im Westen so selten, in Rußland die Hauptmethode des Kampfes wurde. Die Zahlen der Arbeiterstreiks seit Beginn dieses Jahrhunderts bilden den

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