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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Kampfe gegen die Unentschlossenheit des Stabes und der breiten Offiziersschicht der Partei stützte sich Lenin sicher auf die Unteroffiziersschicht, die den einfachen Arbeiterbolschewiken besser widerspiegelte.
    Die zeitweilige Macht der Sozialpatrioten und die verhüllte Schwäche des opportunistischen Flügels der Bolschewiki bestanden darin, daß die ersteren sich auf die damaligen Vorurteile und Illusionen der Massen stützten und die anderen sich ihnen anpaßten. Die Hauptstärke Lenins war, daß er die innere Logik der Bewegung begriff und danach seine Politik richtete. Er zwang den Massen seinen Plan nicht auf. Er half den Massen, ihren eigenen Plan zu erkennen und zu verwirklichen. Als Lenin alle Probleme der Revolution auf das eine Problem zurückführte: "Geduldig aufklären", hieß dies, das Bewußtsein der Massen mit jener Situation in Übereinstimmung zu bringen, in die der historische Prozeß sie hineingetrieben hatte. Arbeiter oder Soldat mußte, enttäuscht von der Politik der Versöhnler, auf Lenins Position übergehen, ohne sich auf der Zwischenetappe Kamenjew-Stalin aufzuhalten.
    Sobald die Leninschen Formeln gegeben waren, erhellten sie vor den Bolschewiki die Erfahrung des verflossenen Monats und die Erfahrung jedes neuen Tages im neuen Lichte. Unter der breiten Parteimasse begann eine schnelle Differenzierung: nach links! nach links! zu den Thesen Lenins!
    "Bezirk auf Bezirk", sagte Saleschski, "schloß sich ihnen an, und auf der am 24. April versammelten Allrussischen Parteikonferenz sprach sich die Petrograder Organisation in ihrer Gesamtheit für die Thesen aus."
    Der Kampf um die Umbewaffnung der bolschewistischen Kader, der am Abend des 3. April begonnen hatte, war gegen Ende des Monats im wesentlichen bereits beendet. [1] Die Parteikonferenz, die in Petrograd vom 24.-29. April tagte, zog das Fazit des März, des Monats opportunistischer Schwankungen, und des Aprils, des Monats der scharfen Krise. Zu dieser Zeit war die Partei sehr stark gewachsen, sowohl zahlenmäßig wie politisch. 149 Delegierte vertraten
    79.000 Parteimitglieder, davon 15.000 aus Petrograd. Für die gestern noch illegale und heute antipatriotische Partei eine imposante Zahl, und Lenin wiederholte sie mehrere Male mit Genugtuung. Die politische Physiognomie der Konferenz wurde schon bei der Wahl des fünfgliedrigen Präsidiums bestimmt: weder Kamenjew noch Stalin, die Hauptschuldigen des Märzunheils, kamen hinein.
    Trotzdem die Streitfragen für die Partei im ganzen bereits fest entschieden waren, blieben viele Führer, an den gestrigen Tag gebunden, auf dieser Konferenz in Opposition oder Halbopposition zu Lenin. Stalin bewahrte Schweigen und wartete ab. Dserschinski forderte im Namen "vieler", die "mit den Thesen des Referenten prinzipiell nicht einverstanden sind", ein Korreferat seitens "der Genossen, die gemeinsam mit uns die Revolution praktisch erlebt haben". Das war eine deutliche Anspielung auf den Emigrantencharakter der Leninschen Thesen. Kamenjew trat tatsächlich auf der Konferenz mit einem Korreferat auf zur Verteidigung der bürgerlich-demokratischen Diktatur. Rykow, Tomski und Kalinin versuchten mehr oder weniger, bei ihren Märzpositionen zu verharren. Kalinin fuhr fort, auf der Vereinigung mit den Menschewiki zu bestehen, im Interesse des Kampfes gegen den Liberalismus. Ein angesehener Moskauer Parteiarbeiter, Smidowitsch, führte leidenschaftlich Klage: "Wo immer wir auftreten, wird gegen uns ein Schreckgespenst in Gestalt der Thesen des Genossen Lenin gerichtet." Früher, solange die Moskauer für die Resolutionen der Menschewiki stimmten, ließ es sich viel ruhiger leben.
    Als Schüler Rosa Luxemburgs trat Dserschinski gegen das Selbstbestimmungsrecht der Nationen auf und beschuldigte Lenin der Förderung separatistischer Tendenzen, die das Proletariat Rußlands schwächten. Auf die Gegenanklage wägen Unterstützung des großrussischen Chauvinismus antwortete Dserschinski: "Ich kann ihm (Lenin) den Vorwurf machen, daß er auf dem Standpunkt polnischer, ukrainischer und anderer Chauvinisten steht." Dieser Dialog entbehrt nicht politischer Pikanterie: der Großrusse Lenin beschuldigt den Polen Dserschinski des großrussischen, gegen die Polen gerichteten Chauvinismus und wird von diesem des polnischen Chauvinismus beschuldigt. Das politische Recht war auch in diesem Streitfall völlig auf seiten Lenins. Seine nationale Politik ging als wichtiges Grundelement in die Oktoberrevolution ein.
    Die

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