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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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kurzer Frist errungen. Die Gegner ironisierten aus diesem Anlaß überhaupt nicht wenig das persönliche Regime in der bolschewistischen Partei. Auf die von ihm aufgeworfene Frage gibt Suchanow selbst die Antwort ganz im Geiste des heroischen Prinzips: "Der geniale Lenin war eine historische Autorität - das ist die eine Seite der Sache. Die andere ist die, daß es außer Lenin in der Partei niemand und nichts gegeben hat. Einige bedeutendere Generale waren ohne Lenin -nichts, wie einige unerreichbare Planeten ohne die Sonne (ich lasse hier Trotzki außer acht, der damals noch nicht in den Reihen des Ordens stand)." Diese kuriosen Zeilen versuchen, den Einfluß Lenins durch dessen Einfluß zu erklären, wie wenn etwa die Eigenschaft des Opiums, schläfrig zu machen, mit seiner einschläfernden Kraft erklärt wird.
    Der tatsächliche Einfluß Lenins in der Partei war zweifellos sehr groß, aber doch keinesfalls unbeschränkt. Er blieb auch später nicht uneingeschränkt, nach dem Oktober, als Lenins Autorität außerordentlich gewachsen war, da die Partei seine Kraft an dem Metermaß der Weltereignisse nachgeprüft hatte. Um so unzureichender sind die nackten Hinweise auf die persönliche Autorität Lenins im April 1917, als die ganze führende Parteischicht bereits Zeit gefunden harte, eine Position einzunehmen, die der Leninschen entgegengesetzt war.
    Viel näher an die Lösung der Frage geht Olminski heran, wenn er beweist, daß die Partei, trotz ihrer Formel der bürgerlich-demokratischen Revolution, sich durch ihre gesamte Politik der Bourgeoisie und Demokratie gegenüber faktisch seit langer Zeit darauf vorbereitet hatte, an die Spitze des Proletariats im unmittelbaren Kampfe um die Macht zu treten. "Wir (oder viele von uns)", sagt Olminski, "hielten unbewußt den Kurs auf die proletarische Revolution, während wir vermeinten, den Kurs auf die bürgerlich-demokratische Revolution zu halten. Mit anderen Worten, wir bereiteten den Oktober vor, während wir glaubten, die Februarrevolution vorzubereiten." Eine sehr wertvolle Verallgemeinerung, die gleichzeitig eine einwandfreie Zeugenaussage ist!
    In der theoretischen Erziehung der revolutionären Partei war ein Element des Widerspruches enthalten, der seinen Ausdruck in der zweideutigen Formel "demokratische Diktatur" des Proletariats und der Bauernschaft fand. Eine Delegierte, die auf der Konferenz zum Referat Lenins Stellung nahm, äußerte den Gedanken Olminskis noch einfacher: "Die Prognose, die die Bolschewiki aufgestellt hatten, erwies sich als falsch, aber die Taktik war richtig."
    In den Aprilthesen, die so paradox schienen, stützte sich Lenin gegenüber der alten Formel auf die lebendige Tradition der Partei: ihre Unversöhnlichkeit gegen die herrschenden Klassen und Feindseligkeit gegen alle Halbheiten, während die "alten Bolschewiki" der konkreten Entwicklung des Klassenkampfes zwar frische, aber bereits den Archiven gehörende Erinnerungen entgegenstellten. Lenin besaß eine zu sichere Stütze, die durch die ganze Geschichte des Kampfes der Bolschewiki und Menschewiki vorbereitet war. Es ist hier angebracht, zu erinnern, daß das offizielle sozialdemokratische Programm in jener Zeit bei Bolschewiki und Menschewiki noch gemeinsam war und die praktischen Aufgaben der demokratischen Revolution auf dem Papier bei beiden Parteien gleich aussahen. Doch waren sie in der Wirklichkeit durchaus nicht gleich. Die bolschewistischen Arbeiter ergriffen sofort nach der Umwälzung die Initiative des Kampfes um den Achtstundentag; die Menschewiki erklärten diese Forderung für unzeitgemäß. Die Bolschewiki leiteten die Verhaftung der zaristischen Beamten, die Menschewiki widersetzten sich "Exzessen". Die Bolschewiki gingen energisch an die Schaffung der Arbeitermiliz, die Menschewiki bremsten die Bewaffnung des Proletariats, da sie es sich mit der Bourgeoisie nicht zu verderben wünschten. Noch ehe sie den Kreis der bürgerlichen Demokratie überschritten hatten, waren die Bolschewiki aus allen Kräften bestrebt, wenn auch durch die Führung vom Weg abgelenkt, wie unversöhnliche Revolutionäre zu handeln. Dagegen opferten die Menschewiki bei jedem Schritt das demokratische Programm im Interesse des Bündnisses mit den Liberalen. Bei völligem Fehlen demokratischer Verbündeter mußten Ka-menjew und Stalin unvermeidlich in der Luft hängenbleiben.
    Der Aprilzusammenstoß Lenins mit dem Generalstab der Partei ist nicht der einzige gewesen. In der ganzen Geschichte

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