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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution
Autoren: Leo Trotzki
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den Sowjet gegen die Bolschewiki zu unterstützen. Der Vorsitzende, der Uraler Ataman Dutow, antwortete ihm: "Wir Kosaken werden niemals gegen den Sowjet gehen." Die Reaktionäre waren bereit, gegen die Bolschewiki sogar mit dem Sowjet zusammenzugehen, um ihn später um so sicherer erdrosseln zu können.
    Am 11. Juni versammelt sich ein dräuendes Tribunal: das Exekutivkomitee, die Mitglieder des Kongreßpräsidiums, die Fraktionsführer, insgesamt etwa 100 Mann. Als Staatsanwalt tritt wie stets Zeretelli auf. Keuchend vor Wut fordert er strenges Gericht und wehrt Dan verächtlich ab, der, zur Hetze gegen die Bolschewiki stets bereit, sich noch nicht entschließen kann, gegen sie loszuschlagen. "Was die Bolschewiki jetzt treiben, ist nicht geistige Propaganda, sondern Verschwörung ... Die Bolschewiki mögen es uns nicht verübeln. Jetzt werden wir zu anderen Kampfmethoden greifen ... Man muß die Bolschewiki entwaffnen. Man darf jene großen technischen Mittel, über die sie bis jetzt verfügten, nicht länger in ihren Händen belassen. Man darf Maschinengewehre und Waffen nicht mehr in ihren Händen belassen. Wir werden Verschwörungen nicht dulden." Das sind neue Töne. Was bedeutet das eigentlich, die Bolschewiki entwaffnen? Sucha-now schreibt darüber: "Die Bolschewiki besitzen ja keine besonderen Waffenlager. Die gesamten Waffen sind ja bei den Soldaten und Arbeitern, die in ungeheurer Zahl mit den Bolschewiki gehen. Entwaffnung der Bolschewiki kann nur Entwaffnung des Proletariats bedeuten. Mehr noch - das ist die Entwaffnung der Truppen."
    Mit anderen Worten, es rückte jener klassische Moment der Revolution heran, wo die bürgerliche Demokratie auf Geheiß der Reaktion die Arbeiter entwaffnen möchte, die den Sieg der Umwälzung gesichert hatten. Stets sind die Sympathien der Herren Demokraten, unter denen es auch belesene Leute gibt, mit den Entwaffneten und nicht mit den Entwaffnern, - sofern die Sache in alten Büchern spielt. Wenn aber die gleiche Frage in der Wirklichkeit vor ihnen steht, erkennen sie sie nicht wieder. Doch schon die bloße Tatsache, daß Zeretelli, ein Revolutionär, der viele Jahre in der Katorga verbracht hatte, ein gestriger Zimmerwalder, sich anschickte, die Arbeiter zu entwaffnen, wollte nicht so ohne weiteres in die Köpfe hinein. Der Saal erstarrte. Die Provinzdelegierten überkam wohl doch die Ahnung, daß man sie in einen Abgrund stürzte. Ein Offizier bekam einen hysterischen Anfall.
    Nicht weniger bleich als Zeretelli, erhebt sich Kamenjew von seinem Platz und ruft voll Würde, deren Kraft das ganze Auditorium fühlt: "Herr Minister, wenn Sie Ihre Worte nicht in den Wind streuen, haben Sie nicht das Recht, sich auf eine Rede zu beschränken. Verhaften Sie mich und lassen Sie mich aburteilen wegen Verschwörung gegen die Revolution." Unter Protest verlassen die Bolschewiki die Sitzung und weigern sich, an der Verhöhnung ihrer eigenen Partei teilzunehmen. Die Spannung im Saal wird unerträglich.
    Liber eilt Zeretelli zu Hilfe. Die verhaltene Wut wird auf der Tribüne von hysterischer Raserei abgelöst. Liber fordert erbarmungslose Maßnahmen. "Wollt ihr die Masse bekommen, die zu den Bolschewiki geht, dann brecht mit dem Bolschewismus." Doch man hört ihn ohne Sympathie an, sogar halb feindselig.
    Der wie immer empfindsame Lunatscharski versucht sofort mit der Mehrheit eine gemeinsame Sprache zu finden: obwohl die Bolschewiki ihm versichert hätten, nur eine friedliche Demonstration geplant zu haben, habe ihn die eigene Erfahrung überzeugt, daß es "ein Fehler war, die Demonstration zu veranstalten". Man dürfe jedoch die Konflikte nicht überspitzen. Ohne die Gegner zu beruhigen, reizt Lunatscharski die Freunde.
    "Wir kämpfen nicht gegen die linke Strömung", versichert jesuitisch Dan, der erfahrenste, aber auch unfruchtbarste Führer des Sumpfes, "wir kämpfen gegen die Konterrevolution. Es ist nicht unsere Schuld, wenn hinter eurem Rücken die Handlanger Deutschlands stehen." Der Hinweis auf die Deutschen löste einfach jegliche Argumentation ab. Diese Herren konnten selbstverständlich keine Handlanger Deutschlands aufzeigen.
    Zeretellis Absicht war, einen Hieb zu versetzen. Dan riet, nur zum Schlage auszuholen. Das Exekutivkomitee in seiner Hilflosigkeit schloß sich Dan an. Die Resolution, die am nächsten Tag auf dem Kongreß eingebracht wurde, trug den Charakter eines Ausnahmegesetzes gegen die Bolschewiki, jedoch ohne unmittelbare praktische Folgerungen.
    "Nach dem
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