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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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damit das Problem der Revolution gelöst sei, gab man gleichzeitig Befehl, die Truppenteile, die gegen Petrograd marschierten, um dort den Aufstand niederzuschlagen, an die Front zurückzuführen. Russki beeilte sich, bei Morgengrauen Rodsjanko die frohe Kunde zu übermitteln. Doch die Uhr des Zaren ging stark nach. Rodsjanko, den im Taurischen Palais bereits Demokraten, Sozialisten, Soldaten und Arbeiterdeputierte bedrängten, antwortete Russki: "Was Sie vorschlagen, genügt nicht, die Frage der Dynastie steht auf dem Spiel ... Die Truppen gehen überall auf die Seite der Duma und des Volkes über und fordern den Thronverzicht zugunsten des Sohnes unter der Regentschaft Michail Alexandrowitschs." Die Truppen dachten allerdings weder daran den Sohn noch Michail Alexandrowitsch zu fordern. Rodsjanko schrieb hier einfach den Truppen und dem Volke die Losung zu, mit der die Duma noch immer hoffte, der Revolution Einhalt gebieten zu können. Wie dem auch sei, das Zugeständnis des Zaren kam zu spät: "Die Anarchie erreichte ein solches Maß, daß ich (Rodsjanko) gezwungen war, heute nacht eine Provisorische Regierung zu ernennen. Das Manifest kam leider zu spät ... " Diese majestätischen Worte beweisen, daß der Dumavorsitzende inzwischen Zeit gefunden hatte, die über Golizyn vergossenen Tränen zu trocknen. Der Zar las die Unterhaltung Rodsjankos mit Russki und schwankte, las sie wieder und wartete ab. Jetzt aber schlugen die Heeresführer Alarm: die Sache betraf ein wenig auch sie!
    General Alexejew veranstaltete in der Nacht gewissermaßen ein Plebiszit unter den Oberkommandierenden der Fronten. Es ist gut, daß moderne Revolutionen sich unter Teilnahme des Telegraphen vollziehen und so die ersten Regungen und der Widerhall der Machthaber auf Papierstreifen für die Geschichte erhalten bleiben. Die Verhandlungen der zaristischen Feldmarschälle in der Nacht vom 1. zum 2. März bilden ein unvergleichliches menschliches Dokument. Soll der Zar verzichten oder nicht? Der Oberkommandierende der Westfront, General Evert, wollte seine Entschließung erst treffen, nachdem die Generale Russki und Brussilow sich geäußert haben würden. Der Oberkommandierende der rumänischen Front, General Sacharow, verlangte, daß man ihm vorerst die Beschlüsse aller übrigen Oberkommandierenden mitteile. Nach langem Zögern erklärte dieser glorreiche Kämpe, seine heiße Liebe zum Monarchen erlaube es ihm nicht, sich mit einem so "niederträchtigen Vorschlag" abzufinden; nichtsdestoweniger empfahl er dem Zaren "heulend", "zur Vermeidung noch niederträchtigerer Zumutungen" auf den Thron zu verzichten. Generaladjutant Evert setzte eindringlich die Notwendigkeit der Kapitulation auseinander: "Ich treffe alle Maßnahmen, damit die Nachrichten über die gegenwärtige Lage in den Hauptstädten nicht in die Armee dringen, um die sonst unvermeidlichen Unruhen zu unterbinden. Mittel, der Revolution in den Hauptstädten Einhalt zu gebieten, gibt es nicht." Der Großfürst Nikolai Nikolajewitsch flehte von der kaukasischen Front aus den Zaren kniefällig an, das "Übermaß" auf sich zu nehmen und dem Thron zu entsagen; ein ähnliches Flehen kam von den Generälen Alexejew, Brussilow und vom Admiral Nepenin. Russki seinerseits befürwortete mündlich das gleiche. Ehrfurchtsvoll richteten die Generale sieben Revolverläufe gegen die Schläfe des vergötterten Monarchen. Aus Angst, den Augenblick eines Ausgleiches mit der neuen Macht zu verpassen, und nicht minder aus Angst vor ihren eigenen Truppen gaben die Heerführer, gewohnt, ihre Positionen zu räumen, dem Zaren und Obersten Kriegsherrn einmütig den Rat: kampflos von der Szene zu verschwinden. Das war nun nicht mehr das ferne Petrograd, gegen das man, wie es schien, Truppen schicken konnte, sondern es war die Front, von der man die Truppen entnehmen sollte.
    Nachdem der Zar diesen mit solchem Nachdruck versehenen Bericht entgegengenommen hatte, entschloß er sich; auf den Thron zu verzichten, den er bereits nicht mehr besaß. Man verfertigte ein der Situation geziemendes Telegramm an Rodsjanko: "Es gibt kein Opfer, das ich zum wirklichen Wohle und zur Rettung des teuren Mütterchens Rußland nicht bringen würde. Deshalb bin ich bereit, auf den Thron zugunsten meines Sohnes zu verzichten, der bis zu seiner Volljährigkeit bei mir verbleibt, bei gleichzeitiger Regentschaft meines Bruders, des Großfürsten Michail Alexandrowitsch. Nikolaus." Aber auch dieses Telegramm wurde nicht abgesandt,

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