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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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das, was den Bolschewiki zur Last gelegt wurde.
    Die Herren Generale erhielten endlich die Möglichkeit, die Widerstandskraft der Revolution nachzuprüfen, die ihnen so mürbe, hilflos, so zufällig als Siegerin über das alte Regime hervorgegangen zu sein schien. Seit den Februartagen war bei jeder Gelegenheit die Prahlerei der Soldateska laut geworden: Gebt mir einen festen Truppenteil, und ich will es ihnen zeigen. Aus den Erfahrungen General Chabalows und General Iwanows Ende Februar hatten die Heeresführer von jener Sorte, die nach der Schlägerei mit den Fäusten fuchtelt, nichts gelernt. Ihre Melodie sangen nicht selten auch
    Zivilstrategen. Der Oktobrist Schidlowski hatte versichert, wären im Februar in der Hauptstadt erschienen "nicht sonderlich große, aber durch Disziplin und militärischen Geist verschmolzene Truppenteile, die Februarrevolution wäre in wenigen Tagen unterdrückt worden". Der weit bekannte Eisenbahnfachmann Bublikow schrieb: "Eine disziplinierte Division von der Front hätte genügt, um den Aufstand im Keime zu ersticken." Einige Offiziere, Teilnehmer der Ereignisse, erklärten Denikin, "ein festes Bataillon mit einem Vorgesetzten an der Spitze, der wußte, was er wollte, wäre imstande gewesen, die Lage von unten nach oben zu kehren". Während Gutschkows Amtstätigkeit als Kriegsminister war von der Front General Krymow bei ihm eingetroffen und hatte sich erboten, "mit einer Division Petrograd zu säubern, - natürlich nicht ohne Blutvergießen". Die Sache war nur nicht zustande gekommen, weil "Gutschkow nicht einwilligte". Endlich hatte Sawinkow, als er für das künftige Direktorium dessen eigenen "27. August" vorbereitete, versichert, zwei Regimenter würden vollständig genügen, um die Bolschewiki in Staub und Asche zu verwandeln. Nun lieferte das Schicksal all diesen Herren in der Person des "frohen, lebenslustigen" Generals die absolute Möglichkeit, die Untrüglichkeit ihrer heroischen Berechnungen nachzuprüfen. Ohne einen Schlag geführt zu haben, reuigen Hauptes, entehrt und erniedrigt erschien Krymow im Winterpalais. Kerenski versäumte die Gelegenheit nicht, eine pathetische Szene mit ihm aufzuführen, deren billige Effekte im voraus gesichert waren. Vom Premier ins Kriegsministerium zurückgekehrt, erschoß sich Krymow mit einem Revolver. So hatte sich der Versuch, die Revolution "nicht ohne Blutvergießen" zu zähmen, gewendet.
    Im Winterplalais atmete man erleichtert auf, kam zu dem Schluß, die an Komplikationen so reiche Angelegenheit gehe ihrem glücklichen Ende entgegen, und beeilte sich, schnellstens zur Tagesordnung überzugehen, das heißt zur Fortsetzung des Unterbrochenen. Zum Höchstkommandierenden ernannte Kerenski sich selbst: zur Aufrechterhaltung des politischen Bündnisses mit der alten Generalität hätte er tatsächlich schwer eine geeignetere Figur finden können. Zum Generalstabschef des Hauptquartiers erwählte er Alexejew, der zwei Tage zuvor fast - fast Premier geworden war. Nach Schwankungen und Beratungen nahm der General nicht ohne verächtliche Grimasse die Ernennung an, um, wie er den Seinen erklärte, den Konflikt friedlich zu liquidieren. Der ehemalige Generalstabschef des Höchstkommandierenden Nikolai Romanow gelangte unter Kerenski auf den gleichen Posten. Es gab was zu staunen! "Nur Alexejew war imstande, dank seiner Nähe zum Hauptquartier und seinem gewaltigen Einfluß auf die höheren Militärkreise", so versuchte später Kerenski diese ungeheuerliche Ernennung zu erklären, "die Aufgabe der schmerzlosen Übergabe des Kommandos aus Kornilows Hände in neue Hände erfolgreich durchzuführen". Gerade umgekehrt! Die Ernennung Alexejews, das heißt eines Mannes aus ihren eigenen Kreisen, mußte die Verschwörer, blieb ihnen auch nur die geringste Möglichkeit, zu weiterem Widerstand ermutigen. In Wirklichkeit wurde Alexejew von Kerenski nach der Liquidierung des Aufstandes aus dem gleichen Grunde vorgeschoben, aus dem Sawinkow zu Beginn des Aufstandes hinzugezogen worden war: man mußte um jeden Preis die Brücken nach rechts beschützen. Die Wiederherstellung der Freundschaft mit den Generalen betrachtete der neue Höchstkommandierende jetzt als besonders unerläßlich: nach der Aufrüttelung wird man ja strenge Ordnung herbeiführen müssen und folglich eine doppelt feste Macht nötig haben.
    Im Hauptquartier war nichts mehr von dem Optimismus geblieben, der noch zwei Tage zuvor dort geherrscht hatte. Die Verschwörer suchten

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