Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution
Todesstrafe an. Zum Zeichen des Protestes gegen die Staatsberatung überwiesen die Putilowar-beiter einen Tageslohn der Arbeiterpresse. In der Konferenz der Fabrikkomitees wird einstimmig eine Resolution angenommen, die die Moskauer Beratung als "den Versuch einer Organisierung der konterrevolutionären Kräfte" kennzeichnet
Auch Kronstadt heilte seine Wunden. Am 20. Juli fordert ein Meeting auf dem Ankerplatz Übergabe der Macht an die Sowjets, Abtransport der Kosaken wie der Gendarmen und Schutzleute an die Front, Abschaffung der Todesstrafe, Zulassung der Kronstädter Delegierten nach Zarskoje Selo, um sich davon zu überzeugen, ob Nikolaus II. hinreichend streng gehalten werde, Auflösung des Todesbataillons, Konfiszierung der bürgerlichen Zeitungen, und so weiter. Zur gleichen Zeit befahl der neue Admiral Tyrkow, nach Übernahme des Festungskommandos, die roten Fahnen von den Kriegsschiffen einzuziehen und die die Andreasfahne zu hissen. Offiziere und ein Teil der Soldaten legten die Achselstücke wieder an. Die Kronstädter protestierten. Eine Regierungskommission zur Untersuchung der Ereignisse des 3. bis 5. Juli mußte unverrichteter Sache aus Kronstadt nach Petrograd zurückkehren: sie war mit Pfiffen, Protestrufen und sogar Drohungen empfangen worden.
Ein Ruck vollzog sich in der gesamten Flotte. "Ende Juli und Anfang August", schreibt einer der finnländischen Führer, Saleschski, "spürte man klar, daß es der Reaktion nicht nur nicht gelungen war, Helsingfors' revolutionäre Kräfte zu brechen, sondern - im Gegenteil - es zeigte sich hier ein scharfer Ruck nach links und ein weitgehendes Anwachsen der Sympathien für die Bolschewiki." Die Matrosen waren in hohem Maße die Inspiratoren der Julidemonstration gewesen, ohne und zum Teil gegen die Partei, die sie der Lauheit und fast des Versöhnlertums verdächtigten. Die Erfahrung des bewaffneten Hervortretens hatte ihnen gezeigt, daß die Frage der Macht nicht so einfach zu lösen ist. Die halbanarchistischen Stimmungen machten Platz dem Vertrauen zur Partei. Höchst interessant in dieser Hinsicht ist der Bericht eines Helsingforser Delegierten von Ende Juli: "Auf den kleinen Schiffen überwiegt der Einfluß der Sozialrevolutionäre, auf den größeren Kampfschiffen, Kreuzern und Panzerkreuzern sind alle Matrosen Bolschewiki oder Sympathisierende. Ähnlich war (auch früher) die Stimmung der Matrosen auf dem Petropawlowsk und der Republik , und nach dem 3.-5. Juli sind auch Gangut, Sewastopol, Rjurik, Andrej Perwoswany, Diana, Gromoboj und Indien zu uns übergegangen. Somit befindet sich in unseren Händen eine gewaltige Kampfmacht ... Die Ereignisse des 3-5. Juli haben die Matrosen vieles gelehrt, indem sie ihnen zeigten, daß zur Erreichung des Zieles Stimmung allein nicht genügt."
Hinter Petrograd zurückbleibend, geht Moskau den gleichen Weg. "Allmählich verflüchtigt sich die Betäubung", erzählt der Artillerist Dawydowski, "die Soldatenmasse kommt zu sich, und wir gehen auf der ganzen Front wieder zum Angriff über. Die Lüge, die eine Weile die Linksentwicklung der Massen aufhielt, hat danach den Zustrom zu uns nur verstärkt." Unter den Schlägen festigte sich stärker die Freundschaft der Betriebe mit den Kasernen. Der Moskauer A r beiter Strelkow erzählt von den engen Beziehungen, die sich allmählich zwischen der Fabrik Michelson und einem benachbarten Regiment entwickelten. Die Arbeiter- und Soldatenkomitees entschieden häufig gemeinsam über praktische Fragen im Leben der Fabrik und des Regiments. Die Arbeiter veranstalteten für die Soldaten kulturelle Bildungsabende, kauften für sie bolschewistische Zeitungen, kamen ihnen überhaupt auf jede Weise zu Hilfe. "Läßt man einen ins Gewehr treten", erzählt Strelkow, "kommen sie sofort zu uns gelaufen, sich zu beklagen ... Wird bei einem Straßenmeeting ein Michelsonarbeiter irgendwie gekränkt, braucht es nur ein Soldat zu erfahren, und ganze Gruppen eilen zu Hilfe. Und Kränkungen gab es damals in Hülle und Fülle, man hetzte mit dem deutschen Gold, mit Verrat und der ganzen versöhnlerischen niederträchtigen Lüge."
Die Moskauer Konferenz der Fabrikkomitees Ende Juli begann in gemäßigten Tönen, rückte aber während der acht Tage ihrer Arbeit stark nach links und nahm am Schluß eine offenkundig von Bolschewismus gefärbte Resolution an. In jenen Tagen berichtete der Moskauer Delegierte Podbielski auf dem Parteitag: "Sechs Bezirkssowjets von zehn befinden sich in unseren
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