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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Tatsächlich haßte die Armee die Kadetten und identifizierte sie mit allem, was die Volksmassen würgte. "Die Alten haben euch an die Kadetten verkauft", höhnten die Soldaten. - "Wir werden's ihnen zeigen!" erwiderten die Kosaken. An der Südwestfront kennzeichneten Kosakentruppenteile in einer besonderen Verfügung die Kadetten als die "geschworenen Feinde und Bedrücker des werktätigen Volkes" und verlangten den Ausschluß aller jener aus dem Heeresverband, die es gewagt hatten, das Bündnis mit den Kadetten einzugehen.
    Kornilow, selbst Kosak, rechnete stark auf die Hilfe des Kosakentums, besonders des Doner, und durchsetzte mit Kosakentruppen die für die Umwälzung bestimmte Abteilung. Doch die Kosaken rührten sich nicht, "dem Bauernsohn" zu Hilfe zu kommen. Die Kosakensiedler waren bereit, daheim wütend ihr Land zu verteidigen, hatten jedoch keine Lust, an fremden Prügeleien teilzunehmen. Auch das dritte Kavalleriekorps enttäuschte die Hoffnungen. Verhielten sich die Kosaken feindselig gegen die Verbrüderung mit den Deutschen, kamen sie an der Petrograder Front willig den Soldaten und Matrosen entgegen: diese Verbrüderung sprengte Kornilows Plan ohne Blutvergießen. So erlahmte und barst in der Gestalt des Kosakentums die letzte Stütze des alten Rußland.
    Unterdessen wurde weit hinter den Landesgrenzen, auf Frankreichs Territorium, im Laboratoriumsmaßstabe ein "Er-neuerungs"versuch der russischen Truppen unternommen, außer Reichweite der Bolschewiki und darum um so überzeugender. Während des Sommers und des Herbstes drangen in die russische Presse im Trubel der Ereignisse jedoch fast unbeachtet gebliebene Nachrichten von einer unter den russischen Truppen in Frankreich entbrannten bewaffneten Meuterei. Soldaten zweier russischer Brigaden in Frankreich hätten, nach den Worten des Offiziers Lissowski, schon gegen Januar 1917, folglich vor der Revolution, "die feste Überzeugung gewonnen, sie seien alle um den Preis von Geschossen an die Franzosen verkauft worden". Die Soldaten hatten sich gar nicht so sehr geirrt. Für ihre Entente-Wirtsherren hegten sie "nicht die geringsten Sympathien", für ihre Offiziere - nicht das geringste Vertrauen. Die Kunde von der Revolution erreichte die Exportbrigaden politisch nicht ganz unvorbereitet - aber doch überraschend. Von den Offizieren waren keine Erklärungen über die Umwälzung zu erwarten: die Verwirrung zeigte sich um so stärker, je höher der Offizier in der Rangliste stand. In den Lagern tauchten aus der Emigration demokratische Patrioten auf. "Mehr als einmal konnte man beobachten", schreibt Lissowski, "wie einige Diplomaten und Offiziere der Garderegimenter ... diensteifrig früheren Emigranten Stühle heranrückten." Bei den Regimentern entstanden aus Wahlen hervorgegangene Institutionen, wobei an der Spitze des Komitees bald ein lettischer Soldat hervorragte. Es fand sich folglich auch hier der "Fremdstämmige". Das erste Regiment, in Moskau formiert und fast völlig aus Arbeitern, Kommis und Büroangestellten, überhaupt aus proletarischen und halbproletarischen Elementen zusammengesetzt, hatte vor einem Jahr als erstes Frankreichs Erde betreten und sich während des Winters auf den Schlachtfeldern der Champagne gut geschlagen. Aber - die "Zersetzungskrankheit befiel zuallererst gerade dieses Regiment". Das zweite Regiment mit einem viel höheren Prozentsatz an Bauern blieb länger ruhig. Die zweite Brigade, fast restlos aus sibirischen Bauern bestehend, schien absolut zuverlässig. Schon bald nach der Februarumwälzung verweigerte die erste Brigade den Gehorsam. Sie wollte weder um Elsaß noch um Lothringen kämpfen. Sie wollte nicht für das schöne Frankreich sterben. Sie wollte probieren, im neuen Rußland zu leben. Die Brigade wurde nach dem Hinterland zurückgeführt und im Zentrum Frankreichs untergebracht, im Lager von La Courtine. "Inmitten der stillen Bourgeoissiedlungen", erzählt Lissowski, "begann in dem Riesenlager ein besonderes, ungewöhnliches Leben der annähernd zehntausend aufrührerischen, bewaffneten russischen Soldaten, die keine Offiziere über sich hatten und sich absolut keinem unterwerfen wollten."
    Kornilow erhielt die seltene Möglichkeit, seine Ertüchtigungsmethoden unter Beihilfe der mit ihm leidenschaftlich sympathisierenden Poincare und Ribot anzuwenden. Der Höchstkommandierende befahl telegraphisch, die Courtiner "zum Gehorsam" zu zwingen und sie nach Saloniki abzutransportieren. Doch die Meuterer wollten

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