Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
Vom Netzwerk:
gesamten Inhalt der Revolution mit ihr identifizierten. In Parteikreisen begann eine Diskussion. Viele angesehene Parteiarbeiter, wie Manuilski, Jurenjew und andere, versuchten zu beweisen, daß die Absetzung der Losung "Alle Macht den Sowjets", die Gefahr der Isolierung des Proletariats von der
    Bauernschaft in sich berge. Dieser Einwand unterschob den Klassen Institutionen. Fetischismus der Organisationsform bildet, so seltsam das auf den ersten Blick auch scheinen mag, eine häufige Krankheit gerade im revolutionären Milieu. "Insofern wir in diesen Sowjets bleiben", schrieb Trotzki, "... werden wir dahin streben, daß die Sowjets, die den gestrigen Tag der Revolution widerspiegeln, die Kraft gewinnen, sich auf die Höhe der Aufgaben des morgigen Tages zu erheben. Doch so wichtig die Frage nach Rolle und Schicksal der Sowjets auch sein mag, sie bleibt für uns restlos untergeordnet der Frage des Kampfes des Proletariats und der halbproletarischen Massen der Stadt, der Armee und des Dorfes um die politische Macht, um die revolutionäre Diktatur."
    Die Frage, welche Massenorganisation der Partei bei Leitung des Aufstandes am besten dienen könnte, ließ keine aprio-ristische und noch weniger eine kategorische Entscheidung zu. Zweckdienliche Aufstandorgane konnten die Fabrikkomitees und Gewerkschaften werden, die bereits unter Leitung der Bolschewiki standen, wie auch in Einzelfällen die Sowjets, soweit sie sich von dem Joche der Versöhnler befreit hatten. Lenin sagte beispielsweise zu Ordschonikidse: "Wir müssen das Schwergewicht auf die Fabrikkomitees verlegen. Aufstandsorgane müssen die Fabrikkomitees werden."
    Nachdem die Massen im Juli mit den Sowjets anfangs als einem passiven Gegner und später als aktivem Feind zusammengestoßen waren, fand der Losungswechsel in ihrem Bewußtsein vollkommen vorbereiteten Boden. Das eben war Lenins ständige Sorge: mit markanter Einfachheit das auszudrücken, was sich einerseits aus den objektiven Bedingungen ergibt und andererseits die subjektive Erfahrung der Massen formt. Nicht den zeretellischen Sowjets muß man jetzt die Macht antragen - fühlten die fortgeschrittenen Arbeiter und Soldaten -, wir selbst müssen sie in die Hand nehmen! Die Moskauer Streikdemonstration gegen die Staatsberatung hatte sich nicht nur wider den Willen des Sowjets entwik-kelt, sondern sie erhob auch nicht die Forderung nach der Sowjetmacht. Die Massen hatten sich inzwischen bereits die von den Ereignissen erteilte und von Lenin ausgedeutete Lehre zu eigen gemacht. Gleichzeitig hatten die Moskauer Bolschewiki keinen Augenblick gezögert, Kampfpositionen einzunehmen, sobald nur die Gefahr entstand, die Konterrevolution könnte versuchen, die Versöhnlersowjets zu zertreten. Die bolschewistische Politik verband stets revolutionäre Unversöhnlichkeit mit höchster Elastizität, und gerade aus dieser Verbindung schöpfte sie ihre Kraft.
    Die Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz unterwarfen bald die Politik der Partei einer sehr scharfen Prüfung unter dem Gesichtspunkte eines Internationalismus. Nach dem Fall von Riga traf die Frage nach dem Schicksal Petrograds die Arbeiter und Soldaten am Lebensnerv. In einer Versammlung der Fabrikkomitees im Smolny erstattete der Menschewik Masurenko, ein Offizier, der vor kurzem die Entwaffnung der Petrograder Arbeiter geleitet hatte, einen Bericht über die Petrograd drohende Gefahr und hob die praktischen Fragen der Verteidigung hervor. "Worüber könnten Sie sich mit uns unterhalten", rief einer der bolschewistischen Redner, "... unsere Führer sitzen im Gefängnis, und sie fordern uns au, über Fragen zu diskutieren, die mit der Verteidigung der Hauptstadt verbunden sind." Als Industriearbeiter, als Bürger einer bourgeoisen Republik beabsichtigten die Proletarier des Wyborger Bezirks keinesfalls, die Verteidigung der revolutionären Hauptstadt zu sabotieren. Als Bolschewiki jedoch, als Parteimitglieder, wollten sie keinen Augenblick mit den Regierenden die Verantwortung für den Krieg vor dem russischen Volke und vor den Völkern anderer Länder teilen. In Besorgnis, die Landesverteidigungsstimmungen könnten in Landesverteidigungspolitik umschlagen, schrieb Lenin: "Wir werden Landesverteidiger werden erst nach dem Übergang der Macht an das Proletariat ... Weder die Einnahme Rigas noch die Einnahme Petrograds werden uns zu Landesverteidigern machen. Bis dahin sind wir für die proletarische Revolution, sind wir gegen den Krieg, sind wir keine

Weitere Kostenlose Bücher