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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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verbrecherische Agitation für eine Ukrainische Konstituierende Versammlung. Gleichzeitig wurde der Kiewer Staatsanwaltschaft nahegelegt, ein Verfahren gegen die Rada zu eröffnen. Doch die Donner an die Adresse der Ukraine schreckten genau so wenig, wie die Gnadenerweisungen an die Adresse Finnlands erfreuten.
    Die ukrainischen Versöhnler fühlten sich zu dieser Zeit noch viel sicherer als ihre älteren Vettern in Petrograd. Außer der günstigen Atmosphäre, mit der sie der Kampf für nationale Rechte umgab, hatte die verhältnismäßige Stabilität der kleinbürgerlichen Parteien der Ukraine wie einer Reihe anderer unterdrückten Nationalitäten ökonomische und soziale Wurzeln, die man mit einem Worte bezeichnen kann: Rückständigkeit . Trotz der schnellen industriellen Entwicklung der Donez- und Kriworoger Becken stand die Ukraine im allgemeinen noch hinter Großrußland zurück, das ukrainische Proletariat war uneinheitlicher und ungestählter, die bolschewistische Partei blieb dort quantitativ und qualitativ schwach, trennte sich nur langsam von den Menschewiki, fand sich schwer zurecht in der politischen und besonders der nationalen Situation. Sogar in der industriellen Ost-Ukraine ergab die Distriktkonferenz der Sowjets Mitte Oktober noch immer eine kleine Versöhnlermehrheit!
    Verhältnismäßig noch schwächer war die ukrainische Bourgeoisie. Einer der Gründe für die mangelnde soziale Stabilität der russischen Bourgeoisie als Ganzes bestand, wie wir uns erinnern, darin, daß ihren mächtigsten Teil Ausländer bildeten, die nicht einmal in Rußland lebten. In den Randgebieten wurde diese Tatsache durch eine andere, nicht weniger wichtige ergänzt: die eigene, die einheimische Bourgeoisie gehörte nicht der gleichen Nationalität an wie die Hauptmasse des Volkes.
    Die Stadtbevölkerung in den Randgebieten unterschied sich in nationaler Hinsicht überall von der Landbevölkerung. In der Ukraine und in Weißrußland waren Gutsbesitzer, Kapitalist, Advokat, Journalist - Großrusse, Pole, Jude, Ausländer; die Landbevölkerung hingegen bestand durchweg aus Ukrainern und Weißrussen. In den Ostseeprovinzen waren die Städte Herde der deutschen, russischen und jüdischen Bourgeoisie; das Land war durchweg lettisch oder estnisch. In den Städten Georgiens überwog die russische und armenische Bevölkerung, ebenfalls im turkmenischen Aserbeidjan. Von der Kernmasse des Volkes nicht nur durch Lebensniveau und Sitten getrennt, sondern auch durch die Sprache, etwa wie die Engländer in Indien; den Schutz ihrer Güter und Einkünfte dem bürokratischen Apparat verdankend; unzertrennlich verbunden mit den herrschenden Klassen des gesamten Landes, gruppierten Gutsbesitzer, Industrielle und Kaufleute in den Randgebieten um sich einen kleinen Kreis aus russischen Beamten, Angestellten, Lehrern, Ärzten, Advokaten, Journalisten, teils auch Arbeitern und verwandelten die Städte in Herde der Russifizierung und Kolonisierung.
    Man konnte das Dorf übergehen, solange es schwieg. Aber auch nachdem es immer ungeduldiger seine Stimme zu erheben begann, fuhr die Stadt fort, beharrlich Widerstand zu leisten und ihre privilegierte Lage zu verteidigen. Beamter, Kaufmann, Advokat lernten bald, ihren Kampf um die Kommandohöhen der Wirtschaft und Kultur hinter der hochmütigen Verurteilung des erwachenden "Chauvinismus" zu verbergen. Das Bestreben einer herrschenden Nation, den Status quo aufrechtzuerhalten, wird nicht selten in die Farbe des Übernationalismus getaucht, wie das Bestreben eines siegreichen Landes, das Geraubte festzuhalten, leicht die Form Von Pazifismus annimmt. So fühlt sich Macdonald vor Gandhi als Internationalist. So erscheint Poincare das Streben der Österreicher zu Deutschland als Verletzung des französischen Pazifismus.
    "Die in den Städten der Ukraine lebenden Menschen", schrieb im Mai eine Delegation der Kiewer Rada an die Provisorische Regierung, "vor sich sehend die russifizierten Straßen dieser Städte ..., vergessen völlig, daß diese Städte nur kleine Inselchen im Meere des gesamten ukrainischen Volkes sind." Wenn Rosa Luxemburg, in ihrer posthumen Polemik gegen das Programm der Oktoberumwälzung, behauptet, der ukrainische Nationalismus, früher nur "Schrulle" eines Dutzend kleinbürgerlicher Intellektueller, sei künstlich aufgegangen auf der Hefe der bolschewistischen Formel vom Selbstbestimmungsrecht, so war sie trotz ihrem hellen Kopfe schwerstem historischem Irrtum verfallen: die

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